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Ava sortierte die Eier in die vorbereiteten Stiegen und belud ihren alten klapprigen Renault Kleintransporter. Die Ausbeute der letzten Tage war recht mickrig. Ihren Hühnern gefiel das kalte Wetter auch nicht sonderlich. Hinzu kamen noch geräucherter Lammschinken und Würstchen, sowie die ersten Tomaten und Chilis aus ihrem Gewächshaus.

Die Ladefläche war nicht mal zur Hälfte voll.

Zweimal die Woche belieferte sie einen kleinen Bio-Laden in Wakefield. Auf große Einnahmen brauchte sie heute nicht zu hoffen.

Kein Wunder, immerhin war die Anbaufläche für das Gemüse um die Hälfte geschrumpft.

Für den Geldregen würden hoffentlich die Pflanzen sorgen, die auf der abgetrennten restlichen Fläche des Gewächshauses heranwuchsen. Deren enormer Energiebedarf war zum Glück kein Problem. Der Moorhof versorgte sich autark. Sie hatte gutes Brunnenwasser und Strom lieferte die Photovoltaikanlage auf der Scheune zusammen mit dem alten Windrad, welches noch von ihrem Vorgänger stammte.

Seit sie Tom abgewimmelt hatte, wanderten ihre Blicke immer wieder Richtung Stall.

Sie musste unbedingt nach den Eseln sehen. Das Monster würde sie doch wohl nicht gefressen haben?

Uhh– wer hat den armen Kerl denn an die Wand geklatscht? Hallo Monster!

Na gut, sie könnte ja was zu essen rüberbringen. Aber erstmal nur einen kurzen Check der Lage.

Vorsichtig schob Ava das Stalltor einen winzigen Spalt auf, gerade groß genug, um hineinzuschlüpfen. Bis auf das Loch im Dach wirkte alles wie immer.

Oh Mann, die Reparatur würde sie einiges kosten.

Lisa und Luigi standen dösend in ihren Boxen. Gefüttert hatte sie zum Glück schon ganz früh am Morgen.

Langsam näherte sie sich der Nische, in der sie von ihrem Besucher überrascht worden war.

Die Lichtflecken am Boden waren mit dem Lauf der Sonne weitergewandert.

Der Mann lag zusammengerollt in der hintersten Ecke, ein paar leere Jutesäcke um sich gewickelt. Auf dem Boden um ihn herum das Verpackungsmaterial steriler Mullkompressen, die leere Wodkaflasche und ein ausgedrückter Streifen Schmerztabletten.

Hatte er die alle eingenommen? Wie viele waren überhaupt noch in der Packung gewesen?

Leise schlich sie auf Zehenspitzen näher.

Und stutzte. Schnarchte der Kerl etwa?



Alles war dunkel. Alles war friedlich.

Hier wollte er bleiben.

Ein lästiges Insekt krabbelte ihm übers Gesicht.

Er hatte keine Lust, sich zu bewegen.

Thure wollte die ganze Welt ausblenden und sich zurück in Morpeus' liebevolle Arme flüchten. Einfach abtauchen in die gnädigen Tiefen der Bewusstlosigkeit, sich einwickeln in die zarten, nebelgrauen Schleier des Vergessens.

Die Fliege begann sein Ohr zu erkunden und verscheuchte den letzten Schlummermoment.

Stöhnend unternahm er einen ersten Bewegungscheck.

Die Schmerzen waren deutlich abgeklungen. Erstaunt blinzelte Thure.

Er sah wieder stereo.

Sein Blick fiel auf die leere Schnapsflasche und den Tablettenblister. Die Kombi würde er sich merken.

Night Nation - FeuernachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt