13 (mit Smut-Szene)

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Raffael machte sich gar nicht erst die Mühe seinen gelangweilten Gesichtsausdruck zu verbergen. Es musste Jahrzehnte her sein, seit er sich das letzte Mal auf einem Empfang der Oberschicht hatte blicken lassen und er hatte es kein Stück vermisst.

Herausgeputzte, mit sündhaft teurem Schmuck behängte Damen, die sich sittsam schweigend zur Schau stellten und affektierte, wichtig herumstolzierende Gockel, die um so mehr redeten und zwar am liebsten über sich selbst. Dazu gab es winzige Häppchen ausgefallener Spezialitäten und natürlich nur Champagner aus edlen Kristallflöten.

Oh Mann, für ein kaltes Bier würde er glatt einen Salto quer durch den Festsaal machen.

Er konnte gut nachvollziehen, warum sich Rhíg so lange gegen den Thronposten gesträubt hatte. Als König musste er sich ständig mit diesen Lackaffen herumärgern.

Raffael fischte sich ein Horsd'œuvre von einem Silbertablett, welche von beflissenen Dienstboten herumgetragen wurden.

Das mikroskopische Etwas steckte glücklicherweise auf einem Spießchen, vermutlich damit niemand es aus Versehen einatmete.

Eigentlich könnte er sich auch verdrücken. Seine Mission hier war beendet. Das Umherfragen hatte wie erwartet nichts gebracht. Genauso gut hätte er sich mit den Blumenkübeln vorm Haus unterhalten können. Die Aristokraten interessierten sich nicht für das einfache Volk. Wer sich dem Einfluss der Familie entzog, war selber Schuld wenn er Probleme bekam. Und natürlich wusste auch keiner von irgendwelchen Übergriffen auf Menschen. Das nur zu erwähnen war schon eine Beleidigung gewesen. So etwas konnte nur von der unwürdigen Unterschicht ausgehen.

Ja klar, Arschlöcher alle miteinander.

Bei dem Gedanken daran, dass er am Anfang seines langen Lebens ein stolzes Mitglied dieses eingebildeten Haufens gewesen war, wurde ihm leicht übel.

Langsam schlenderte er an kunstvollen Wandgemälden und aufwendig mit Blattgold verzierten Stucksäulen vorbei, hinüber zur mit schneeweißem Leinen gedeckten Tafel. Glitzernde Schwäne aus Eis flankierten die Seiten und in der Mitte sprudelte ein dreistöckiger Tischbrunnen feinste Schokolade über goldene Auffangschalen. Das leise Getuschel der beiseite tretenden Partygäste ließen ihn genauso kalt wie die neugierigen Blicke in seinem Rücken.

Rein äußerlich passte er perfekt zu den anwesenden Herrschaften. Das kinnlange, schwarze Haar frisch frisiert und genau mittig gescheitelt, der schmale Kinnbart fein säuberlich gestutzt. Der stahlgraue Anzug von Ermenegildo Zegna, das passende schwarze Seidenhemd und die neuen Ferragamo-Treter harmonisierten wunderbar mit der Einrichtung. Schon aus diesem Grund wäre er lieber in Kampfmontur und mit kreisenden Nunchakus als Krieger herein marschiert und nicht als verdammter Diplomat.

Selbst wenn es nach dem ganzen Blutlinien-Abstammungsquatsch ging, müssten alle anderen hier das Knie vor ihm beugen. Trotzdem war er in diesen Kreisen nicht willkommen. Auch wenn keiner den Mum hatte, dies ihm gegenüber offen auszusprechen. Etikette und Umgangsformen gingen eben über alles.

Ein kleines Schmunzeln schlich sich auf seine schmalen Lippen. Thure hatte es eiskalt durchgezogen. Hatte beim Kampf mit einem Ghul erst den kompletten Vorgarten umgepflügt und den Leichenfresser dann durch die hohen Terrassentüren mitten in den Ballsaal befördert, um ihn dort vor allen Gästen der Marissovs fachgerecht auseinander zunehmen. Auf dem Neujahrsempfang des hohen Adels Nordamerikas. Die Damen in ihren kostbaren Roben waren reihenweise ohnmächtig geworden. Da wäre er wirklich gern dabeigewesen. Domino-Day als Performance-Art.

Er blieb neben einem Teller mit schokolierten Früchten stehen und begann sich durch das Sortiment zu futtern. Dann konnten die Klatschmäuler auch gleich noch über seine Tischmanieren lästern.

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