3. Grad IV

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Ich wache auf und mir ist total schlecht. Ich versuche auf zu stehen und falle vom Bett. Toll gemacht Mad. Noch ein wenig mehr herumgewackle und ich kotz in mein Zimmer. Ich stehe auf, reise meine Zimmertür auf, schupse meinen Bruder, der mich gerade wecken wollte zur Seite und stürme ins Badezimmer.

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Ich hänge seit gefühlten 15 Minuten über der Toilette und habe alles was ich gestern zu mir genommen habe wieder aus meinem Magen entleert. Sehr appetitlich sieht es nicht aus.

Mein Bruder kommt rein und ich breche endgültig über der Toilette zusammen. Ich lehne mich an die Badewanne an und mein Bruder setzt sich neben mich.

„Wir fahren nachher ins Krankenhaus. Dr. Andrews hat angerufen und hat gesagt du musst ab jetzt jeden Dienstag und Donnerstag ins Krankenhaus zur Untersuchung."

Ich nicke. Er steht auf und hilft mir hoch. Wir haben beschlossen heute den Kleiderschrank unserer Eltern leer zu räumen und das Zimmer für Rosa fertig zu machen.

Nach dem ich mich im Sitzen geduscht habe, gehe ich ins Zimmer meiner Eltern und schaue mir die Klamotten meiner Mutter an.

„Was möchtest du von Mum's Klamotten behalten?", fragt mich mein Bruder traurig.

Da meine Mutter und ich die gleiche Größe haben, passen mir ihre Sachen auch. „Ich behalte alle. Vorerst.", ich schaue mich im Zimmer um und füge dann nach kurzem Überlegen hinzu: „Ich brauche eine Kleiderstange und noch eine Kommode in mein Zimmer."

Mein Bruder kann sich kein Lachen verkneifen: „Bekommst du."

Ich schaue mir die Klamotten von meinem Vater an. Ich beschließe ein babyblaues Hemd, eine graue Jogginghose und einen dunkelblauen Pullover von ihm zu behalten. Den Rest kann mein Bruder behalten oder sonst was damit anstellen.

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Es ist inzwischen 15 Uhr und in einer halben Stunde machen wir uns auf den Weg ins Krankenhaus. Nach dem wir die Klamotten in mein Zimmer geräumt haben, wurde mir wieder schlecht und ich habe die restliche Zeit im Badezimmer verbracht. Rosa und Jesper kommen nicht mit. Ist auch besser so.

Beim Krankenhaus angekommen melden wir uns am Empfang an und werden in den 2. Stock geschickt. Tumorstation.

Dr. Andrews begrüßt uns freundlich und wir begleiten ihn in sein Büro. „Wie geht es ihnen? Erzählen sie mir alles. Egal welche schmerzen, oder wo diese Schmerzen waren. Ich muss alles wissen."

Ich schaue meinen Bruder mit genervtem Blick an und er nickt mir zu. Ich habe überhaupt keine Lust auf „Wie geht es ihnen denn heute?"- und das jetzt jeden Dienstag und Donnerstag. Mein Bruder gibt mir Kraft. Er hat mir immer Kraft gegeben. „Ich hatte oft Bauchschmerzen und Kopfschmerzen. Mir war auch oftmals Schwindelig, besonders wenn ich ruckartige Bewegungen gemacht habe."

Dr. Andrews unterbricht mich kurz mit einer Handbewegung und fragt: „Auf einer Skala von 1 bis 10. Wie stark waren die Bauch- und Kopfschmerzen?"

„Bauchschmerzen: circa eine 4...glaub ich und die Kopfschmerzen eine 5.", der Arzt nickt und schreibt etwas auf.

„Ich werde ihnen jetzt so viel Infos über diesen Tumor geben wie es nur geht und ihnen erklären wie wir weiter vorgehen werden. Es ist so: der Tumor in ihrem Zentralnervensystem ist sehr gefährlich und ...

„Grad IV.", flüstere ich. „Wie bitte?", der Arzt schaut mich fragend an und ich blicke ihm direkt in die Augen. „Grad IV.", sage ich diesmal lauter und fahre fort, „ Ein sehr bösartiger Tumor mit geringer Lebenserwartung, falls die Behandlung nicht anschlägt."

Ich meine was will er denn jetzt um den heißen Brei herum reden? Es ist so und fertig. Man erzählt sowas nicht langsam und vorsichtig. Zumindest nicht bei mir. Wie ein Pflaster abziehen- kurz und schmerzlos.

Dr. Andrews und mein Bruder schauen sich betrübt an und der Arzt fängt wieder an zu reden: „Ja. Deswegen müssen wir so früh wie möglich mit der Behandlung anfangen. Sie müssen ab jetzt jeden Dienstag und Donnerstag zu mir ins Krankenhaus kommen. Wir fangen am Donnerstag mit der Polychemotherapie unter Kombination verschiedener Zytostatika an. Die Zytostatika werden den Tumor daran hindern sich aus zu breiten/ zu wachsen."

„Ist es ein metastasierender Tumor?", fragt mein Bruder und ich bin überrascht, dass er weiß was das bedeutet. Dr. Andrews nickt und mein Bruder schaut mich mit einem besorgten Blick an, danach schaut er wieder den Doktor an und fragt: „Was können für Symptome auftreten? Ich meine worauf müssen wir uns einstellen?"

„Verluste von Fertigkeiten können auftreten. Lähmungen, Sehstörungen, Persönlichkeitsveränderungen. Übelkeit. Besonders in der Früh, am Morgen."

„Das wissen wir schon.", gebe ich wenig begeistert von mir.

„Ihnen war übel? Wann?"

„Heute. Ich habe mich den ganzen Tag übergeben." Dr. Andrews schreibt wieder etwas auf und wendet uns wieder zu: „Falls sich der Tumor ausbreiten sollte, wovon wir jetzt mal nicht ausgehen wollen, zum Beispiel in die Lunge dann kann es zu Bluthusten kommen. Ich kann ihnen nur raten, dann so schnell wie möglich einen Krankenwagen rufen zu lassen oder selber her zu fahren."

Er sagt es so, als würde es schon 100% feststehen und das versetzt mir einen kalten Schauer. Ok Körper und Verstand- stellt euch auf den Tod ein.

„Sie bekommen gleich alle Medikamente.", er schreibt sich noch was auf und macht dann den hölzernen Schrank hinter sich auf. Er holt die Medikamente und schreibt auf jedes drauf, wann und wie viele ich einnehmen muss. Ich stopfe sie in meine Tasche und wir verabschieden uns.

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Ich lege meine Füße auf das Armaturenbrett und lasse das Fenster herunter.

„Du? Bruderherz?"

„Ja Schnecke?", fragt er.

„Seit wann kennst du solche Wörter, wie 'metastasierender Tumor'? So schlau kenn ich dich ja gar nicht.", verspotte ich ihn gekonnt.

„Hey. Pass ja auf, was du sagst!", lacht er und zwickt mir in den Oberarm, worauf ich kurz aufschreie und protestiere.

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Würde mich freuen, wenn ihr mir ein Paar Kommentare da lässt, damit ich weiß wie das Buch bei euch ankommt.

- eure Vanessa

Some days taste like Lemonade ♡ (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt