Kapitel 5

32 13 5
                                    

Ich dachte, schlimmer könnte mein Leben nicht werden.

Mit den Narben, die mich an die Zeit mit ihm erinnerten.
Mit Taiki, der mich einfach weggeworfen hat.
Mit meinem wegen mir verstorbenen Vater.
Mit meiner verlorenen Jugend...

Mit einfach allem, was durch Sora geschehen ist.

Aber ich hatte mich eindeutig geirrt, denn schlimmer konnte es werden.

Denn auch meine Mutter hatte etwas zu verheimlichen.

Es war am spätem Mittag. Ich traute mich endlich aus meinem Zimmer hinaus, um mir etwas zu trinken zu holen.
Während ich so leise wie möglich den Weg in die Küche beschritt, hörte ich plötzlich aus genau dieser ein ständiges Husten. Etwas neugierig wurde ich schneller und sah zögernd in den Raum. Meine Hand legte ich auf den Türrahmen und als ich sah was abging, wurde mein Griff automatisch stärker.

Meine Mutter kniete vor dem Mülleimer und hustete. Das verlief teilweise blutig, daher wahrscheinlich der Eimer.
Meine Beine zitterten, meine Augen waren befüllt mit Tränen. 
Plötzlich bemerkte sie mich. Mamas großen Augen trafen meine. Schnell schob sie den Mülleimer beiseite und wusch sich den Mund ab. Mit heiserer Stimme begrüßte sie mich lächelnd. Doch jedes Baby würde nach einem solchen Anblick bemerken, dass es bloß gespielt war.

,,Hey, Yoko. Du bist ja doch aus deinem Zimmer gekommen!"
Doch beruhigen tat mich das nicht. Ich starrte sie weiterhin mit Tränen in den eigentlich leeren Augen an. Doch diesmal waren sie gefüllt mit Panik und dem Durst nach dem Satz:,,Hey, da ist nichts. Mir geht es gut, es wird nichts passieren."
Aber ich sah, dass sie etwas verbarg. Dass dem nicht so war. 

,,Also... Hör mal, Yoko... Alles wird gu-"
,,NICHTS WIRD GUT!", schrie ich sie an, was sie zusammen zucken ließ. Ich hatte gesprochen, und das zum ersten Mal seit ich wieder hier war. Und ich wusste, was sie dachte:,,Sie hört sich gebrochen an." Was sie jetzt aber fühlte, war mir egal. Ich brauchte Antworten.
,,Sag... Sag mir die Wahrheit... Sag sie mir, los!"
Danach herrschte Stille. Nur mein leises Schluchzen ließ mich wissen, dass die Zeit nicht stehen geblieben war. Eine gefühlte Ewigkeit später schien sie sich gefangen zu haben.

,,Ich bin krank." Ein Schweigen meinerseits ließ sie kurze Zeit später weiter reden. ,,Die Ärzte sagen, ich werde es keine zwei Wochen mehr schaffen."
,,Du lässt mich allein."
,,Ich bin noch bei dir, Yoko..."
,,DU LÄSST MICH ALLEIN, VERDAMMT NOCHMAL!"
Mit Tränen in den Augen sah Mama mich an und hielt sich die Hände vor den Mund. ,,Es tut mir so leid..."
,,Gibt es denn gar kein Heilmittel...?!", fragte ich, ohne darauf einzugehen und sah sie hoffnungslos an.
,,Ich habe kein Geld dafür, Yoko." 
,,Wie, du hast kein Geld..? Natürlich hast du welches!", rief ich panisch.
,,Ich stehe voller Schulden. Ich habe nicht mehr gearbeitet, seit du weg warst. Ich bekomme kein Geld mehr. Es ist hoffnungslos. Es tut mir leid..." Sie traute sich nicht mehr, mich anzuschauen. Stattdessen blickte sie den Boden an.
,,Und ich...? Was ist mit mir...?" 
,,Ich weiß es nicht." 
Sprachlos sah ich sie an. Mein Leben lag in Trümmern. Ich war am Ende.

Ich würde nach ihrem Tot nichts mehr auf die Reihe bekommen.
Da ich nun volljährig war, würde man mich nicht mehr in ein Heim stecken. Man würde mich wegen der Schulden und dem fehlendem Geld aus diesem haus schmeißen und mich auf der Straße schmorren lassen.
Im schlimmsten Fall würde man mich noch dazu zwingen, Mamas Schulden irgendwie abzubezahlen.
Das Schlimmste war, dass ich hierbei nur an mich dachte, statt an das Wohl meiner eigenen Mutter.

Der einzige Weg, hier rauszukommen, war der Tot.

𝗙𝗥𝗘𝗘 - 𝚃𝚑𝚎 𝚏𝚎𝚎𝚕𝚒𝚗𝚐 𝚘𝚏 𝚋𝚎𝚎𝚒𝚗𝚐 𝚕𝚘𝚟𝚎𝚍 || 𝑆𝑐ℎ𝑜𝑘𝑖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt