Kapitel 7

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,,Yoko? Bitte öffne die Tür, du musst doch etwas essen..."

Ich antwortete ihr nicht. Ich antwortete seit Stunden nicht.
Stattdessen saß ich nur in irgendeiner Ecke meines Zimmers, hatte meine Beine an mich gezogen und den Kopf auf diese gelegt, hörte dabei immer wieder dem Türklopfen meiner Mutter zu und ließ die Tränen meine Wangen runterlaufen.

Ich war am Ende.
Mein Hunger war nicht vorhanden.
Meine Motivation für alles ist schon längst verstorben.
Meine Fröhlichkeit mit ihr.
Doch ich war noch hier. Ich lebte. Ich atmete die Luft meines Zimmers ein, ich hörte meine Mutter verzweifeln, ich sah das Leben um mich herum und ich verspürte die Lust, zu sterben.
Doch warum starb ich nicht? Was war denn das, was mich am Leben erhielt? Hoffnung? Nein, denn selbst der letzte Funken war erloschen. Es war wahrscheinlich einfach die Angst, mir das anzutun. Denn nach alledem war ich noch immer ein Angsthase.
Ich wusste nicht, was ich damit verpassen würde oder könnte. Ich wusste nicht, ob es auch eine andere, vielleicht sogar bessere Lösung gegeben hätte. 
Doch auch dies sind nur Wahrscheinlichkeiten, wir wissen es nie genau. Und trotzdem riskieren wir es nicht...

Ich wusste nicht, wie mein Leben aussehen würde, wenn meine Mutter erstmal weg war.
Ob ich eine Unterkunft finden würde, oder nicht. 
Und ob ich überhaupt jemals wieder einen Mensch treffen würde, der alles in meinem Leben zum Besserem verhalf.
Ich wusste es nicht, es gab keine Garantie, doch trotzdem fasste ich diesen Gedanken, behielt ihn und hoffte auf seine Verwirklichung. Auch wenn ich das niemals zugeben würde.

Mamas Husten riss mich aus meinen Gedanken zurück in die grausame Realität.
Verdammt, wie ich das hasste. 
Verdammt, wie ich das alles hier hasste.

Ich hasste meine Mutter. Sie würde nämlich sterben und mich hier alleine zurück lassen. Ohne irgendwas oder irgendwen.
Ich hasste Taiki. Er hatte mich angelogen, denn nichts war für immer. Er hat mir gezeigt, dass auch nichts für immer sein kann und jetzt hatte er eine andere.
Ich hasste Sora, denn durch ihn ging es mir doch überhaupt erst so scheiße. Er hat mein Leben zerstört und nun war die glückliche, lustige und vor allem aufgedrehte Yoko von früher kaum wieder zu erkennen.
Jetzt gab es nur noch mich - die neue Yoko.
Ich bin nicht glücklich, auch wenn ich es sein will. Ich habe keine Energie, um aufgedreht zu sein und noch weniger finde ich die Worte um in irgendeiner Weise ,,lustig" zu sein.

Ich merkte plötzlich, wie das Husten meiner Mutter nicht aufhörte.
Meine Augen weiteten sich, als ich ein Krachen hörte. Meine Hände begannen zu zittern, kurz danach auch mein ganzer Körper.
Alles in mir erhoffte sich, dass das nur Einbildung war und wenn nicht dass, wenigstens, dass es nichts zu schlimmes war.
Ich wollte aufstehen, nach ihr sehen und das so schnell es ging. Ich wollte nicht, dass es so schnell ging, ich brauchte sie, ich brauchte meine Mutter verdammt nochmal!
Doch ich regte mich kein Stück. Zu groß war die Angst, es könnte nun alles sein Ende finden.
Erst nach einigen Minuten hatte ich mich zusammen reißen können und stand nun vor meiner Tür. Meine zittrigen Lippen kamen der Türklinge näher, umfassten sie zögernd und zogen sie langsam runter. Genauso langsam öffnete sich die Tür und als ich meine Mutter auf den Boden liegen sah, völlig reglos, da wurde mir klar:

Ich war nun ganz alleine auf dieser Welt.

𝗙𝗥𝗘𝗘 - 𝚃𝚑𝚎 𝚏𝚎𝚎𝚕𝚒𝚗𝚐 𝚘𝚏 𝚋𝚎𝚎𝚒𝚗𝚐 𝚕𝚘𝚟𝚎𝚍 || 𝑆𝑐ℎ𝑜𝑘𝑖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt