DAS TREFFEN

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[Dean: Mit einem tiefen Aufatmen nimmt Dean die antiken Bluetooth-Kopfhörer, die er von seinem letzten Sieg im Casino gekauft hat, und steckt sie in seine Ohren, schaltet die Welt aus. Die Hand fest um den Aktenkoffer geschlossen, verlässt er das grelle, laute Casino und schreitet in die Stille der düsteren, leeren Nacht draußen.]

[Allie: Sie wirft Manon einen Blick zu und begibt sich immer näher zu den undurchdringlichen Büschen, die, wie sie nun sieht, in einen dichten Wald zu münden scheinen. Statt die mäßig beleuchteten Wege zu nehmen, entscheidet sich das Mädchen für das Unterholz, das noch weiter von Edens besten Vierteln abgeht. Und als Allie gerade die dünnen Äste eines Busches beiseiteschiebt und einige Schritte vorwärtsgehen möchte, stößt sie gegen etwas Hartes und fällt vor Schreck zu Boden. Ungläubig starrt sie in ein rot leuchtendes Augenpaar.]

[Daya: Gerade, als Daya zu dem Schluss gekommen ist, lieber schnell Kehrt zu machen, den Gurt ihrer Lacktasche zurechtzurücken und ihre Bambusstäbe zu greifen und sich in Ruhe im schwach vom Mond beschienenen Garten ihres Penthouses mit den zurechtgestutzten Büschen und Blumenbeeten Gedanken über die vergangenen Minuten zu machen, treten zwei schwarze Gestalten zwischen den hohen, bedrohlich wirkenden Bäumen hervor.]

[Ryan: Ohne weitere Fragen zu stellen, beschließt Ryan, ihm zu trauen. Ohne zu wissen, warum oder ob es ein Fehler sein würde, folgt er Dean durch die nun nicht mehr ganz so dunkel erscheinende Nacht. Immer schneller rennend passieren sie erst die Slums und dann die Business-Viertel. Zwei Welten, die aufeinanderprallen, bis sie schließlich an einer mondbeschienenen, weitläufigen Lichtung ankommen.]

[Tacco: Und gerade, als er endlich erkennt, was – oder besser gesagt wer – sich zwischen den Büschen befindet, stößt das schwarzhaarige Mädchen gegen einen von Taccos Reifen und fällt mitsamt seinem flauschigen Begleiter zu Boden. Erschrocken sieht das Mädchen ihn aus schreckgeweiteten, grüngelb funkelnden Augen an, als auch schon das nächste Knacken im Unterholz ertönt.]

Während Dean und Ryan auf der mondbeschienenen Lichtung eintreffen und Dean geradewegs auf den ehemaligen, mit Moos und Efeu überwucherten U-Bahn-Eingang am Rand der Lichtung, nahe der Büsche, zusteuert, lässt ihn ein lautes Knacken aus dem Unterholz zusammenzucken. Er hält abrupt an, sodass der große, muskulöse Ryan geradewegs in den schmächtigen Jungen stolpert. Mit einer hektischen Armbewegung gibt Dean Ryan zu verstehen, mucksmäuschenstill zu sein. In Zeitlupe bewegt er sich auf die Büsche zu, das schlimmste erwartend. Ob sie aufgeflogen sind?

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Einige Augenblicke lang bleibt Allie überrumpelt und sprachlos zwischen den abgebrochenen Ästen auf dem staubigen Erdboden sitzen, während sich ihr eigener Schreck und die Überraschung in den roten Augen des Jungen spiegeln, der in einem bunten Rollstuhl mit breiten Reifen sitzt – wogegen sie soeben geradewegs gestoßen ist.

Zeitgleich mit dem mysteriösen Jungen mit den rosafarbenen Haaren und der außergewöhnlich bunten Kleidung für einen Bewohner Edens findet Allie ihr Sprache wieder.

„Ähm, hi, du, ich... bin Allie", sagt sie mit etwas zittriger Stimme. Obwohl ihr intutiv klar ist, dass von ihm keine Bedrohung ausgeht, ist sie von einer seltsamen Unsicherheit befangen. So, als hätte der fremde Junge sie bei etwas Verbotenem erwischt.

Witzigerweise scheint es ihm nicht anders zu gehen.

„Hey... Allie, ich bin Tacco...", stottert er, doch dann hat er sich wieder gefangen. „Ich hab dieses Knacken im Gebüsch gehört und da wollte ich lieber mal nachsehen, ob da Gefahr lauert, nachdem ich gerade..."

Urplötzlich hält der Junge, der Allie mehr und mehr an einen Kanarienvogel erinnert, inne und blickt über seine Schulter. Dabei gibt er den Blick auf ein feuerrotes pelziges Wesen frei. Ein Eichhörnchen, wie Allie verwundert erkennt. Sind das nicht eigentlich überaus scheue und...

BEFORE THE SKY TURNED BLACKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt