Sukunas Kräfte

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Mein Herz blieb einen Moment lang stehen. Ich brauchte ein paar Sekunden, um Satorus Worte zu verstehen. Mein Magen drehte sich und ich spürte, wie Panik meinen Rücken herauf kletterte.
"Haha, du musst dich irren!", ich lachte panisch auf und schlug ihm scherzhaft auf seine Hand. Aber ich wusste, dass ich mich damit selbst belog.
Satoru entgegnete mir nichts und starrte mich mit geschlossenem Mund durch seine Augenbinde an. Ich sah, wie er seine Lippen zusammen presste und ich nahm meine inzwischen schweißnassen Hände von ihm. Meine Augen weiteten sich und ich vergrub meine Finger in der Bettdecke und packte angespannt zu.
Nein. Das kann nicht sein. Er lügt!
An meiner Stirn bildeten sich Schweißperlen, doch gleizeitig zitterte mein ganzer Körper.

"Sukuna". Der Name alleine reicht, um Angst und Schrecken zu verbreiten.
Ich kannte den Namen bereits, bevor ich überhaupt mit Flüchen in Kontakt gekommen war. In der japanischen Mythologie spielt er eine wichtige Rolle und schon damals im Geschichtsunterricht fand ich seine Geschichten furchterregend.
Und ich soll seine Kräfte besitzen? Er hat dutzende Menschen kaltherzig umgebracht. Er schändete Frauen und tötete ihre Kinder. Das kann nicht sein!
Meine Atmung beschleunigte sich und ich zog meine Knie an meine Brust, die ich anschließend mit meinen Armen umschlung.
"Nein, das kann nicht wahr sein!", murmelte ich und starrte panisch auf das Bett.
Er ist der König der Flüche. Niemand ist so grausam, wie er. Satoru ist der stärkste Jujuzist und selbst er fürchtet sich vor ihm!
Ich zog erneut panisch Luft in meine Lungenflügel und spürte schmerzhaft, wie sich mein ganzer Körper verkrampfte. Angst und Panik breiteten sich nun vollkommen in meinen Gefäßen aus und ich war kurz davor eine Panikattacke zu bekommen.
Nein! Nein! Nein! Das kann nicht sein, ich will das nicht!
"Y/N..", flüsterte Satoru leise und ich spürte, wie sich seine Arme eng um mich schlungen, "hab bitte keine Angst.." Ich wollte schreien und ihn fragen, ob er sie noch alle hat. Meine Hände ballten sich bereits zu Fäusten. Ich konnte mir nichts schlimmeres vorstellen, als das zwei Lebewesen mit dieser tödlichen Macht auf der Welt verweilten.. doch ich konnte es nicht...

Ich vergrub stattdessen meine Hände in Satorus Rücken und legte meinen Kopf in seine Halsbeuge. Satoru... Tränen bildeten sich in meinen Augen und ich begann leise zu weinen.
Ich weinte nicht nur, wegen Sukunas Kräften. Ich weinte, als ich an Nobaras blutverschmiertes Gesicht dachte. Satorus ängstlicher Blick versetzte mir erneut einen Stich ins Herz. Tränen perlten meine Wangen entlang und fielen auf Satorus Hals, als ich die verzweifelten Schreie von Itadori und Megumi in meinem Gedächtnis hörte. Und der Gedanke, dass Satoru um haaresbreite schwer verletzt wäre oder sogar tot gewesen wäre, ließ erneut meine Tränenkanäle füllen. Meine ganze Angst und Trauer rollte mit jeder Träne mein Gesicht entlang.

Als ich dachte, dass ich vielleicht nie mehr mit dem Weinen aufhören könnte, spürte ich Satorus weiche Lippen auf meinen. Er hielt mein verheultes Gesicht in seinen Händen und drückte seinen Mund fest gegen mich. Er wollte mit diesem Kuss keine Leidenschaft in mir wecken, sondern mich ganz einfach damit beruhigen. Ich schluchtzte noch einige Mal gegen seine Lippen, doch er hatte Erfolg mit seinem Vorhaben. Langsam aber sicher wurde ich ruhiger und auch mein Herz schlug wieder entspannter.
Unsere Münder lösten sich und ich sah, wie Satoru seine Augenbinde abnahm. Seine Augen sahen schmerzerfüllt aus und wässriger als sonst. Er ist den Tränen nahe.
"Ich bitte dich...", seine Stimme zitterte, "beruhig dich bitte. Es tut mir so weh, dich so sehen zu müssen."
Meine Brust füllte sich bei seinen Worten mit Wärme und ich konnte ihm ein schwaches Lächeln schenken.
Er ließ von mir ab und wischte sich kurz über seine Augen, "so eine Scheiße", brummte er fast unverständlich. Doch er fing sich und seine Gesichtszüge beruhigten sich allmählich.

Er atmete scharf Luft zwischen seinen Zähnen aus und begann langsam zu sprechen.
"Deine Mutter hieß Mikoto mit Mädchennamen, stimmts?", ich schaute ihn bei der Frage verwundert an und zog automatisch meine Augenbrauen zusammen. Ich nickte stumm und verstand nicht, was er mir mit dieser Frage sagen wollte.
Erneut atmete Satoru lautstark aus und fuhr mit seinen Worten fort, "den Mikoto-Clan gibt es seit tausenden Jahren." Er blickte mich mit seinen blauen Augen an und ich versuchte seiner Geschichte zu folgen, "Zu der Zeit, als Sukuna noch eine menschliche Gestalt besaß, lernte er eine arme Reisbäuerin kennen. Yuki Mikoto. Die beiden verliebten sich ineinander und Yuki wurde daraufhin schwanger. Zu der Zeit wurde Sukunas Macht immer größer, bis er sich schließlich in den König der Flüche verwandelte...", Satoru stand auf und lief langsam durch den Raum, "...zu dem Zeitpunkt konnte keiner ahnen, dass er seine Kräfte auch an seinen Nachwuchs weiter gab. Die Kindesmutter verstarb bei der Geburt und die kleine Tochter wurde als armselige Sklavin aufgezogen. Sukunas Kräfte wurden immer weiter vererbt, aber bei keinem Mitglied des Mikoto-Clans erwachten sie." Satoru blieb stehen und seine Augen durchbohrten mich. Sein plötzliches Lächeln irritierte mich und ließ mir einen leichten Schauer über den Rücken laufen. "Sie konnten nicht erwachen, weil die Bedingung nicht erfüllt war." Er kam wieder zum Bett und ließ sich darauf fallen. Er lag mit seinem Rücken auf der Matratze und verschrank seine Arme hinter seinem Kopf. Er sah mich an und sprach ruhig weiter, "die Bedingung ist, dass Sukuna Mithilfe eines Gefäßes wieder zu seinen ursprünglichen Kräften gelangt, um am Ende mit seinem Nachfahren an der Spitze der Fluchwelt zu stehen... Yuji ist seit tausenden Jahren das erste Gefäß für Sukuna und die einzige Nachfahrin bist du". Mein Mund war etwas geöffnet und ich blickte Satoru entgeistert an. Ich hatte seine Worte gehört und doch erschien es mir so, als kannte ich die Bedeutung nicht.
Eine seiner Hände wanderte zu seinem Gesicht und lag nun über seinen Augen. Seine Mimik verfinsterte sich, "ich habe direkt gespürt, dass deine Fluchkraft besonders ist, aber damit hab ich beim besten Willen nicht gerechnet. Dein Nachname löste in mir auch keine Sorgen aus, doch ich beschloss, dass ich der Sache auf den Grund gehen musste", er schnaufte erschöpft und es bildete sich das überhebliche Lächeln auf seinen Lippen, dass ich so liebte, "hast du eigentlich eine Ahnung, wie lange ich dafür in dieser dämlichen Bibliothek in den Abgründen der Akademie rumgehangen habe?"
Zwar arbeitete mein Verstand weiterhin fleißig an der Verarbeitung seiner Wort, doch ich konnte mir ein kleines Lachen nicht verkneifen.
Satoru gab mir das Gefühl von Sicherheit und ich fühlte mich inzwischen etwas gefasster.

Er räusperte sich plötzlich laut und setzte sich kerzengrade ins Bett. Sein Blick wurde ernst, doch ich konnte trotzdem sehen, dass seine Mundwinkel ein kleines bisschen nach oben zeigten, "Als dein Sensei befehle ich dir, dass du vertraulich mit diesen Informationen umgehst. Sie dürfen nicht an die alten Säcke in den obersten Reihen gelangen, weil sie dich dann einen Kopf kürzer machen wollen.". Seine Worte ließen mich einen kurzen Schmerz in meiner Brust spüren, doch ich nickte pflichtbewusst und konnte mir ein Grinsen wegen dieser falschen Förmlichkeit nicht verkneifen. "Jawohl!", stieß es mir aus den Lungen und ich schaute ihn möglichst ernst an.

Er lächelte mich an, doch sein Blick verfinsterte sich, "Spaß bei Seite. Wir müssen vorsichtig sein, da ich dich sonst hinrichten müsste. Ich werde dich in Zukunft nur noch alleine trainieren. Die anderen Schüler wissen nichts davon und ich möchte vermeiden, dass du durch ungünstige Zufälle auf Sukuna triffst. Keiner weiß, was passieren würde, wenn er dich sieht."
Ich schluckte schwer bei seinen Worten. Es ging mit zwar definitiv ein bisschen besser, aber trotzdem brauchte ich Zeit, um das alles zu verarbeiten.

"Du siehst wieder ziemlich fit aus, wir sollten langsam mit deinem geheimen Training anfangen", er schlug sich auf die Oberschenkel und stand schwungvoll auf.
Doch er drehte sich in der nächsten Sekunde überrascht um, als er merkte, dass ich seinen Ärmel fest hielt. "Hö?"
Ich presste meine Lippen fest zusammen und konnte seinem Blick nicht stand halten. Meine Wangen glühten und ich schaute verlegen zur Seite. "Bleib noch bei mir.. bitte", floh es mir leise über die Lippen.
Ich hörte ihn schmunzeln und er löste sich von meiner Hand. Enttäuschung machte sich zunächst in mir breit, doch dann sah ich, dass er zur Tür ging, um diese zu verschließen.
Er lief langsam zu mir zurück und blickte mir in die Augen, "ach, so ist das also." Seine tiefe Stimme raunte durchs Zimmer.

Seine Lippen formten sich zu einem vielversprechenden Lächeln, als er sich dicht zu mir setzte. "Dann bleibe ich noch etwas bei dir", flüsterte er leise.

Satoru Gojo × ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt