Blut

148 12 1
                                    

„Hier ist noch einer!" brüllte jemand.
„Sanitäter? Wir brauchen einen Sanitäter!" rief ein anderer.
Die Schreie im Feldlazarett wollten einfach nicht leiser oder weniger werden. Die Schlacht war zwar gewonnen, doch während ich mich hier so umsah, fragte ich mich mal wieder ob der Preis dafür es wirklich wert gewesen war. So viele Leben. Die, die es nicht geschafft hatten lagen im hinteren Teil des Zeltes auf ihren Tragen unter den Decken. Ich mied es noch einen Blick dorthin zu werfen und ging zum Eingang.

Gerade wurden noch einige Tragen mit Verletzten hergebracht.
„Junis? Kannst du den hier übernehmen? Ich mache dort drüben weiter" brummte  Milo und ich nickte bloß. Es machte mittlerweile kaum mehr einen Unterschied, wo man anfing. Denn jedes schmerzverzerrte Gesicht in das ich blickte sah aus wie mein eigenes und ich wollte am liebsten jedes einzelne retten. Doch oft schlossen sich die Augen in den vielen Gesichtern viel zu schnell für immer.

„Harter Tag, was?" versuchte ich zu meinen neuen Patienten durchzuringen, doch dieser hielt sich weiterhin krampfhaft den Bauch, wo ihn anscheinend ein Droide böse getroffen hatte.
Mit Mühe und Not schaffte ich es dem armen Kerl begreiflich zu machen, dass ich ihm nur helfen kann, wenn er die Wunde nicht mit seinen Händen bedeckt.
Zum Glück hatte Milo schon mit der Rüstung ganze Arbeit geleistet, sodass ich ihn nur noch aus dem schwarzen Oberteil schälen musste.
„Das war meine erste Schlacht und ich liege schon gleich auf einer Trage. Großartig" grummelte der ehemalige Glänzer unter mir, während ich sein durchlöchertes Oberteil neben ihn auf der schwebenden Trage ablegte.
„Mach dir keinen Kopf. Du lebst doch noch, oder?" scherzte ich und der Soldat nickte schmunzelnd.
„Sanitäter und ihre Witze" murmelte er kopfschüttelnd und ich zuckte nur mit den Schultern.
Die Witze waren das Einzige, was uns Sanis in solchen Situationen noch bei Laune hielt.

Dann machte ich mich an die Arbeit und verband ihm die Wunde.
Zum Glück blieb sein Kreislauf stabil, sodass er nach meiner Versorgung mit einem Druckverband getrost vom Evakuierungsteam in Empfang genommen werden konnte, um mit ihnen und einigen anderen Verwundeten zum Kreuzer zurückzufliegen.

Doch kaum war der eine in Sicherheit gebracht worden, lag schon wieder ein anderer vor mir.

Dieser stöhnte gequält, als ich sein Gesicht nach Knochenbrüchen betastete. Seine Nase blutete mir die Handschuhe voll, obwohl ich ihm ein Tuch dafür gegeben hatte.

„Nur eine gebrochene Nase. Halb so wild" stellte ich fest.
„Tut trotzdem weh" kam prompt die Antwort und ich nickte ihm verstehend zu.
„Kix, den könnt ihr auch mitnehmen" rief ich den gerade dazugekommenen Sani zu, welcher besonders durch seine blauen Markierungen auf der Rüstung auffiel.
Wie gerne würde ich auch mal dazukommen, meine weiße Rüstung mit der blauen Farbe unserer Legion zu kennzeichnen.

„Warte, warte du kannst hier nichts machen?" grummelte der Soldat gerade vor mir und ich klopfte ihm mitleidig auf die Schulterplatte.
„Keine Sorge, du bekommst gleich was zum kühlen, vod" beschwichtigte ich ihn und Kix nahm sich danach seiner an. Er war gerade dabei unseren Bruder von der Trage zu helfen, als das Visier seines Helmes sich zu mir drehte und er kurzerhand den Helm abnahm.

„Junis? Was machst du denn noch hier? Du gehörst doch zur ersten Schicht von heutemorgen oder nicht? Dabei seid ihr doch schon längst abgelöst worden. Du hättest mit den anderen zurückfliegen müssen. Du hast definitiv genug getan" tadelte mich mein Mentor und ich druckste vor mich herum, während er unseren verletzten Bruder stützte.
„Das habe ich wohl verpasst. Doch Kix, ich komme klar. Die Arbeit hier unten nimmt sowieso kein Ende. Jedes paar Hände wird offensichtlich gebraucht" erklärte ich mich, doch er schüttelte den Kopf.
„Du kommst jetzt mit. Milo hat dich abgelöst. Junis, du hast deine Pflicht getan" meinte er bestimmend und ich starrte hilflos auf meine Schuhe.

„Dort oben habe ich Zeit um nachzudenken. Denken ist schrecklich. Tut mir nicht gut. Ich bin lieber beschäftigt" nuschelte ich und der erfahrenere Sanitäter seufzte ergeben.

„Du bleibst bis die dritte Schicht zum ablösen kommt. Keine Minute länger. Wenn du eher gehen willst, darfst du das jedoch gerne tun. Habe ich mich klar ausgedrückt?" sagte Kix und ich lächelte leicht ehe ich mit "Verstanden"  antwortete. Seitdem ich der 501. Legion beigetreten bin und von Kix lerne, was es heißt ein Sanitäter im realen Leben zu sein, habe ich nicht nur einen Mentor sondern auch einen guten Bruder in ihm gefunden. Der auch immer um mich besorgt ist.

„Ich meine das ernst. Sollte ich dich nicht in einer Stunde im Schlafsaal antreffen, komme ich wieder hierher und hole dich persönlich ab" grunzte er und ich gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er endlich gehen sollte.

Ich strich mir etwas verloren durch den kurzen rosanen Iro. Wobei ich die Fussel auf meinen Kopf wahrscheinlich nur noch mehr ins Chaos brachte.
„Die Farbe passt zu dir" grinste Milo, der plötzlich vor mir auftauchte und ich schmunzelte.
„Das sollte eigentlich Blau werden, aber ich hab mich dezent bei den unzähligen Tuben im Regal vergriffen" lachte ich leise, als ich mich an den kleinen Unfall vor ein paar Tagen erinnerte.
„So erkennt man dich wenigstens" entgegnete mein Kamerad daraufhin augenzwinkernd, ehe er sich wieder an die Arbeit machte.
Dieses kleine Gespräch brachte mich wieder ins hier und jetzt zurück.

Ich war gerade dabei eine weitere Schusswunde zu verarzten, als es ohrenbetäubend laut wurde und die Wolkendecke in der Ferne durchbrochen wurde.
„Feind in Sichtweite. Verteidigungspositionen. Sie kommen zurück!" rief einer meiner Kameraden.
„Die Sepis sind zurück? Wir brauchen dringend Verstärkung von oben! Kontaktiert die Brücke! Wir sind ihnen hier draußen ausgeliefert!" rief ein anderer und mir ging die Pumpe.
Das plötzlich einsetzende Adrenalin ließ mir mein Blut in den Ohren rauschen.
Ich fokussierte mich darauf Ruhe zu bewahren und kümmerte mich um meinen Patienten, welcher duch eine Schusswunde im rechten Bein nicht vor den Sepis weglaufen würde können.
„Keine Sorge, ich bleibe hier bei dir" murmelte ich und er nickte dankbar.
So viel zum Thema diese Schlacht wäre vorüber.
Und zu unserem Pech haben die Jedi schon Feierabend gemacht und sind zum Kreuzer zurückgekehrt.
Das kann ja lustig werden.

DaylightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt