Kennenlernen
Den restlichen Tag über sitze ich auf der Couch und schaue fern. Zwischendurch war ich zweimal am WC. Das Badezimmer ist im übrigen ziemlich groß. In diesem stehen zwei Schränke, die Toilette, ein Waschbecken mit Spiegel und Regale, eine größere Dusche sowie eine Badewanne.
Momentan ist es kurz nach halb sechs. Ich sitze auf der Couch, während mein Entführer, dessen Namen ich übrigens weiterhin nicht weiß, da ich zu schüchtern bin, ihn nach diesem zu fragen, auf der Couch liegt. Eine Decke bis zu seinem Bauch hoch gezogen, sein Kopf auf zwei Kissen und seine Hände unter diese geklemmt. So liegt er da. Sein Blick konzentriert auf den Fernseher, doch oftmals auch auf mir. Momentan läuft eine Dokumentation über die Tierwelt des Dschungels. Ich schaue gerne solche Sachen und ich habe so das Gefühl, dass er das auch weiß und wir es deshalb schauen. Nach einigen Minuten endet die Dokumentation und der Mann schaltet den Fernseher aus. Mein Blick gleitet automatisch zu ihm.
Er sieht mich irgendwie...intensiv an. Auf meinem Körper bildet sich leichte Gänsehaut.
"Was hältst du davon, wenn wir ein Kennenlernspiel spielen?" Ich zucke uneinig mit den Schultern. Er jedoch, lässt sich davon nicht beirren. "Wir stellen uns abwechselnd Fragen." Er sieht mich auffordernd an. Zuerst verstehe ich nicht, was er nun von mir will, doch schließlich checke ich es. "Ähm... Wie heißt du?" "Jackson, aber bitte nenn mich einfach Jack." Verstehend nicke ich.
Ob das sein echter Name ist?
"Ich weiß eigentlich schon das meiste von dir." schmunzelt er. Ich werde dagegen nervös. Jackson hat mich sicher gestalkt! "Du hast mich gestalkt, richtig?" "Du bist nicht dran mit fragen." weißt er mich darauf hin. "Also... Wenn du dir aussuchen könntest, wo würdest du hin wollen." "Nach Hause." Er zieht seine Stirn in Falten.
War wohl nicht die Antwort, die er sich erhofft hat.
"Das ist eine Lüge. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du zu deinem Alkoholiker-Vater zurück willst, der dich regelmäßig schlägt." Mein Mund klappt auf. Tränen sammeln sich in meinen Augen. "Woher weißt du das?" wisper ich. "Ich habe es schon öfters gesehen. Am liebsten hätte ich dieses Drecksschwein dafür umgelegt." knurrt er plötzlich aggressiv. Ich rutsche weiter in die Ecke der Couch. Er bemerkt es und beruhigt sich wieder. "Hey, alles ok. Ich werde dich nicht schlagen oder andere Dinge mit dir anstellen. Ich schwöre es dir." sagt er mit beruhigender Stimme. Kurz zögere ich, nicke dann aber doch. Er richtet sich auf und rutscht zu mir. Ich beobachte seine Bewegungen skeptisch.
"Also? Wo möchtest du unbedingt mal hin?" "Da gibt es viele Orte." "Nenn ein paar, die dir so spontan einfallen." Er legt einen Arm auf die Lehne, sodass seine Fingerspitzen meine Schulter berühren. Ich kann auch nicht weiter weg rutschen, da ich bereits ganz in der Ecke sitze und so zwischen dieser und ihm eingeklemmt bin. "Wo ich unbedingt mal hin will, ist der Karijini Nationalpark. Den Nachthimmel über dem Jasper Nationalpark will ich auch unbedingt live sehen. Also vor Ort, meine ich." erzähle ich ihm und bemerke, wie er anfängt, an meiner Schulter mit seinen Fingerspitzen Kreise zu zeichnen. Ich sehe ihm schüchtern in die Augen. Ein leichtes Anheben seiner Mundwinkel ist zu sehen. "Wo liegen diese Nationalparks?" will Jackson wissen. "Der Karijini Nationalpark ist in Australien und der Jasper Nationalpark liegt in Kanada." "Kanada? Da wollte ich auch schon immer mal hin." sagt er und zwinkert mir zu.
Versucht er gerade mit mir zu flirten?!
"Ok." murmel ich und schaue unsicher auf meinen Schoß. Dann legt er plötzlich seinen Arm um meine Schulter und drückt mich zu sich. Sofort versteift sich mein Körper. Er presst seine Lippen auf meine Stirn.
WAS macht er da?!
Als er wieder locker lässt, setze ich mich sofort wieder kerzengrad auf. Er seufzt leise und dreht meinen Kopf zu sich. Dabei umschließt er sanft mein Gesicht mit seinen Händen.
"Wieso hast du noch immer Angst vor mir? Habe ich dir nicht den ganzen Tag über gezeigt, dass ich dir nichts tue?" fragt er leicht verzweifelt. Ich sehe ihn schweigend an. "Sag was!" fordert er mich ungeduldig auf. "Und was?" frage ich verwirrt. "Was muss ich machen, dass du mir vertraust?" "Vertrauen muss man sich verdienen." kommt es leicht bissig von mir. Er lässt mich los und scheint nachzudenken. "Okay." sagt er schließlich, noch immer in Gedanken, bis er mich schließlich ansieht. "Es ist bereits viertel sieben. Willst du etwas essen?" fragt er. In diesem Moment knurrt mein Magen auf. Sofort werde ich knallrot. Er lacht wiedermal. "Also ja. Dann komm." Er steht auf und will mir gerade eine Hand reichen, doch ich bin schneller und schwinge mich von der Couch auf. Er zuckt mit den Schultern und geht in die Küche. Ich folge.
In der Küche fragt er mich, was ich genau haben will. Meine Antwort lautet eine halbe Semmel mit Marillen Marmelade ohne Butter und einen kalten Kakao. "Wird gemacht." schmunzelt er. "Kann ich dir helfen?" frage ich, ohne nachzudenken. "Wenn du möchtest und solang du mich nicht abstichst." witzelt er und hält mir ein Messer hin. Ich nicke schweigsam, schneide die Semmel einmal durch, um den Boden von dieser, mit Marmelade zu bestreichen. Den Kakao hat Jackson bereits gemacht. Für sich selbst nimmt er ein Früchtejoghurt aus dem Kühlschrank und macht sich einen Früchtetee.
Wir setzen uns gegenüber hin und beginnen zu essen. "Schmeckt?" fragt er grinsend. Ich nicke und beiße herzhaft in die Semmel. Jackson lacht leise, was mich kurz verwirrt schauen lässt. Schließlich ignoriere ich ihn einfach und esse mein Abendessen zu Ende. "Gib her." Jackson nimmt mein sowie sein Geschirr und legt es in den Geschirrspüler.
"Wann hast du eigentlich Geburtstag?" verlässt es meinen Mund, um die unangenehme Stille zu brechen. "Am elften Juli. Ich bin Krebs. Du bist Zwilling, oder?" "Ja. Ich habe am 27. Mai Geburtstag." erkläre ich, obwohl ich stark davon ausgehe, dass er das schon weiß. Er nickt nur, sagt nichts dazu.
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Nur Meins ✔️
Teen FictionLeonie ist ein junges Mädchen. Sie wurde vor wenigen Wochen fünfzehn. Was sie nicht weiß; Seit einem halben Jahr wird sie von einem 23-jährigen, jungen Mann gestalkt. Er ist besessen von ihr und will sie bei sich. Er ist der Überzeugung, dass sie nu...