Kapitel 16 - Ander

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Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, zwischen der Konversation mit Patrick, in der er mir weiß machen wollte, dass ich ja zu ihm sagen sollte und dem Moment als ich verzweifelt die Bar hinter mir gelassen hatte.

Ich wusste einfach nicht, ob es das richtige war, Ja zu ihm zu sagen. Er war unglaublich. Mein ganzer Körper sehnte sich nach ihm, nach seiner Wärme, seiner Stimme. Aber ich durfte nicht zulassen, dass dieses dämliche Gefühl in mir die Beziehung zu Omar zerstörte. Nicht nach allem, was wir überstanden hatten.

Seufzend sah ich auf mein Handy und sah, dass Patrick mir geschrieben hatte.
Augenblicklich galoppierte mein Herz los und mir wurde schwummrig. Gott, der Alkohol und dieses Gefühl zusammen war härter als jede Droge.

Mit zittrigen Fingern tippte ich eine Antwort. Ich wollte ihn schreiben, dass ich gleich da sein würde, doch dann löschte ich sie wieder und machte mich einfach auf den Weg zur Bar. Hoffentlich war Patrick nicht schon gegangen.

Ich Stieg die Treppe nach oben zur ersten Etage und bog ab zur ersten Tür rechts, wie er es in der Nachricht geschrieben hatte.
Aus dem inneren drang plötzlich ein leise stöhnen durch die geschlossene Tür hindurch und ich fragte mich, ob es so eine gute Idee wäre, jetzt die Tür zu öffnen, denn es konnte sein, dass ich dann etwas sah, was ich nicht sehen wollte.
Dennoch schluckte ich die Zweifel hinunter und stieß die Tür energisch auf.

Zuerst kapierte ich gar nicht, welcher Anblick sich mit dort bot. Ich stand einfach nur da und starrte die beiden vor mir an. Dann formte sich das unscharfe Bild zu zwei klaren Konturen zusammen und ich kniff wütend die Lippen zusammen. 

Patrick war mehr bewusstlos als alles andere, lag Bäuchlings auf dem Bett und stöhnte besorgniserregend und Omar dahinter richtete sich gerade seine Hose. Als ich eintrat, sah er mich ertappt und gleichzeitig erschrocken an.

»Ich fasse es nicht! Was soll das?! Was zum Teufel machst du hier!«, fauchte ich meinen Freund an. Patrick gab nur ein leise Brummen von sich und hielt sich kraftlos am Bettlaken fest. 

Omar senkte beschämt den Blick und rang nach Worten.
»Ich...ich wollte ihn bestrafen verdammt. Er zerstört unsere Beziehung!«, sagte er verzweifelt und ich schluckte. 

Das war nicht Omar. So hatte ich ihn nicht kennengelernt. So war Omar doch nicht, nicht mein Omar, dieser Mann hier vor mir, war mir plötzlich vollkommen fremd. 

Ich blickte ihn in die Augen und spürte dass die Tränen bitter in ihnen brannten. Ich heulte nicht! Ich würde ihm jetzt nicht noch zeigen, was ich fühlte - nach dem was er getan hatte schon gar nicht!

»Nein, die hast du gerade selbst zerstört«, flüsterte ich und sah zu Boden.
Omar schluchzte auf und wollte auf mich zu kommen.
»Ander bitte. Ich hab das doch nur für uns getan«, bettelte er, doch ich sah weg.
»Verschwinde!«, zischte ich nur kalt und Omar tat, wie ihm gehießen. Ein letztes Schluchzen und dann huschte er durch die Tür nach draußen. Ich blieb noch einige Minuten einfach nur fassungslos im Türrahmen stehen, klammerte mich daran fest, konnte das eben Gesehene noch gar nicht richtig  in meinem Kopf verarbeiten. 

Schließlich trugen mich meine Beine hinüber zu Patrick, dessen Gesicht fast vollständig von dem weichen Bett verschluckt worden waren.

Vorsichtig zog ich ihm die Hose wieder an und legte auch den Unterkörper richtig aufs Bett.
»Ander...bisch du dasch etwa?«, nuschelte er undeutlich und im Halbschlaf.
Sanft fuhr ich durch seine dunklen Haare und sah zu ihm herunter. Seine Gesichtszüge waren so ebenmäßig, so wunderschön. Selbst jetzt sah er unglaublich aus, obwohl es ihn richtig dreckig gehen musste. Warum hatte dieser Dummkopf sich auch so betrunken? War es etwa wegen mir?

Ich nahm ihm die Flasche neben seiner Hand, die er fast leer getrunken hatte.
»Hey...«, kam es von Patrick, doch ich ignorierte das nur. Es war besser, wenn er jetzt die Finger von diesem Zeug ließ und zwar für einen deutlich längeren Zeitraum. 

Dann zog ich die Decke unter ihm hervor und deckte ihn zu. In dem Zustand konnte er nicht nach Hause. Erstens würde sein Vater wahrscheinlich eine Riesen Szene machen und zweitens müsste ich ihn tragen und ich wusste nicht, ob ich bereit für die Gerüchteküche war, die entstehen würde, wenn die anderen uns so sehen würden.

Patrick's Augen flatterten kurz und öffneten sich leicht. Das Blau darin wirkte seltsam dunkel, was vermutlich einfach daran lag, dass hier oben nicht wirklich viel Licht brannte. Nun sahen sie aus, wie der Ozean bei Nacht. Allein der Mond beleuchtete ihn und er war tief und geheimnisvoll. Ich wusste nichts von diesem Jungen und doch hatte er mich in seinen Bann gezogen, wie kein anderer. 

»Bleibscht du hier«, brummte er schwach. Seine Lippen wurde von dem Kissen zusammen gequetscht und er sah so unglaublich süß aus. Nichts war mehr von dem verführerischen Patrick zu sehen. Vor mir lag nur ein Junge, der sich nach Nähe sehnte und einfach geliebt werden wollte. Beinahe wie ein Riesenteddy.

»Okay, rutsch ein wenig«, sagte ich mit rauer Stimme und es überraschte mich ein wenig, dass er dem tatsächlich folge leistete.
Ich legte mich neben ihn und zögerte kurz, bis ich ihn schließlich doch die Arme um den Bauch legte.
Meine Nase vergrub ich an deinem Hals, atmete seinen Geruch ein, der momentan aus Schweiß, Alkohol und ein Hauch von seinem Duschgel bestand.
Ich schloss meine Augen und merkte, wie der Atem von Patrick ruhiger und tiefer wurde. Er war eingeschlafen.
Automatisch musste ich lächeln und schloss nun auch meine Augen, auch wenn unter uns noch der Bass durch die Wände hämmerte. Es war mir egal. Ich genoss es, hier mit ihm zu sein. Vielleicht konnte ich es jetzt nun wirklich genießen, wo ich wieder Single war. 

Ja, Die Trennung von Omar war ein Schock, lag mir noch immer schwer in den Gliedern. Ich hatte es noch immer nicht realisiert. Vermutlich würde die Trauer erst morgen zuschlagen, wenn der Alkohol aus meinem Blut verschwunden war. Und nicht nur das... 

Ich schmiegte mich vorsichtig noch ein wenig mehr an den warmen Körper von Patrick, drückte meine Brust zwischen seine Schulterblätter, so dass unsere Herzen ungefähr auf gleicher Höhe sein mussten und schlang meine Arme noch fester um ihn. 

Es tat mir so leid, was geschehen war. So gerne würde ich es ungeschehen machen, doch das ging nicht. Wenn Patrick morgen wieder nüchtern und richtig wach war, musste ich ihm die Wahrheit sagen, falls er ein Blackout hatte. Ich konnte ihm das nicht verheimlichen, selbst wenn ich es wollte und es ihn besser gehen würde. Nicht das.

Mein Herz krampfte sich zusammen und ich riss mich zusammen. Selbst im Schlaf plagten mich meine Gedanken in Form eines Traumes. Ich wollte doch einfach nur meine Ruhe und mein Leben leben und nun war alles mit einem Mal komplett anders.

Desire - Ander & Patrick // Elite FF // BoyxBoy ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt