Kapitel 23 - Patrick

255 12 65
                                    

Zwei Monate waren vergangen, seit der Nacht. 

Ich hatte mir eine Auszeit genommen, von so ziemlich allem, der Schule, meiner Umgebung, aber ganz sicher nicht von Ander.

Lächelnd blickte ich neben mich, er schlief noch und ich konnte einfach nicht widerstehen und strich sanft über seinen Nasenrücken. Er kräuselte sie ein wenig, seine Augen flackerten.

Ich konnte nicht glauben, das er in den dunkelsten Stunden bei mir geblieben war, mich nicht aufgegeben hatte. 

Dabei war es alles andere als Leicht für ihn gewesen. 

Ich hatte einen Tag nach unserer Aussprache im Krankenhaus einen Nervenzusammenbruch gehabt – es war wohl doch einfach zu viel gewesen. Die Sache mit dem Mann dessen Namen ich nie wieder aussprechen würde, die Ereignisse vor einem Jahr... mein Vater wusste das etwas Schlimmes passiert sein musste und doch verriet ich ihm nichts. 

Ich hätte es einfach nicht ertragen, wenn er mich angesehen hätte, wie damals, als ich ans Bett gefesselt war. Ich wollte niemandes Mitleid. 

Ich war nicht sein schwacher Sohn, ich hatte eine mittelschwere Krise, ja, aber aus der würde ich gestärkt hervor treten!

Jedoch konnte ich ihm nicht verheimlichen, wie schlecht es mir ging - mental, nach dem die körperlichen Wunden geheilt waren, war es mein Innerstes noch lange nicht so weit. Der Nervenzusammenbruch hatte es leider allen in meinem Umfeld, die mir nahe standen, deutlich gezeigt.

Ich hatte getobt, geschrien, geweint, einzig bei dem Namen Ander, den mein Vater mir an dem Abend entgegen geschleudert hatte.

Mein Vater war der Meinung gewesen, dass er mit für meinen Absturz in der Nacht verantwortlich war und er verlangte allen ernstes von mir, dass ich ihn nicht mehr sah. 

In der Nacht hatte ich aus Verzweiflung das halbe Krankenzimmer zerlegt und danach flog er mich für vier Wochen außer Landes, nach Kolumbien, in die Nähe unseres alten Hauses zu meiner Tante. Ich sollte wohl erstmal etwas "Urlaub" machen wie er es nannte, runter kommen und versuchen das geschehene irgendwie zu überwinden... 

Dabei war das der letzte Ort, wo ich hatte sein wollen. Ich wollte bei Ander bleiben, jetzt, wo er mir endlich so klar gesagt hatte, dass er mich wollte – mich an seiner Seite haben wollte! Es war doch das einzige gewesen, das mich nach der Nacht noch hatte aufrecht gehen lassen, der Glaube an uns und dass er bei mir war!

Und dann hing ich hier fest, in Kolumbien, tausende von Kilometer von ihm entfernt. 

Es kotzte mich so an! Ich fühlte mich besser, ja, entweder war es wirklich der Abstand, der das bewirkte oder das wahnsinnig gute Essen meiner Tante Carla. Vielleicht waren es auch meine Cousins, die mir in den letzten Wochen einiges an Ablenkung verschafft hatten. 

Santiago und Matteo, sie waren Zwillinge, aber so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Langeweile kam mit ihnen jedenfalls nicht auf und wenn es nur die endlosen Diskussionen waren, die sie über so ziemlich alles führen konnten. 

Wir waren oft zusammen am Strand gewesen, schwammen, spielten Beachball, machten Musik zusammen und kein Tropfen Alkohol oder sonstige Substanzen hatten seitdem meinen Rachen berührt. 

So nüchtern hatte ich einen deutlich klaren Blick auf die Welt, mir ging es wirklich besser. Doch wenn ich abends allein in meinem Bett gelegen hatte, hatte ich Ander so sehr vermisst, dass es sich anfühlte als würde meine Brust inzwei gerissen werden. Ich träumte von ihm jede Nacht, es ließ die Sehnsucht nur noch schlimmer werden. 

Auch wenn wir jeden Tag miteinander schrieben, uns anriefen, half es nicht, ich vermisste ihn schrecklich. 

Erst nach einem Monat durfte ich endlich wieder nach Hause.  

Desire - Ander & Patrick // Elite FF // BoyxBoy ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt