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Sarah

Die ganze Fahrt ermahnte ich mein Herz, langsamer zu schlagen, ich hatte Angst, Kai würde es hören. Er sah so konzentriert aus, während er seinen Audi fuhr, weshalb mein Blick immer wieder zu ihm wanderte. Wenn seine Stimme, die mir von seiner Familie und seinen Geschwistern erzählte, nicht so beruhigend auf mich wirken würde, hätte ich schon lange einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ich war einfach so aufgeregt, dabei war es doch nur Kai und gleich würde Julian zu uns stoßen. Sofort durchzuckte mich die Hoffnung, dass er mir die Aufrgegung nehmen würde, warum auch immer sie da war.

Nachdem wir noch kurz bei Julian waren, stiegen wir wieder ins Auto, Juli hatte gesagt, er wolle nichts trinken und würde fahren. Kai hatte zwar die ganze Zeit versucht, ihn zu überreden heute etwas zu trinken, aber er blieb stur. Also saßen wir jetzt in Julians Auto, ich hinten auf der Rückbank und Kai auf dem Beifahrersitz.
Endlich in dem Club angekomen, ging ich auf direktem Weg zur Bar, da ich einen ziemlichen Durst hatte. Nach kurzer Absprache mit den Jungs bestellte ich für Kai und mich einen Caipirinha und Juli nahm eine Cola. Nachdem ich und Kai auf jeweils einem Barhocker Platz genommen haben und Julian sich neben uns stellte, sah ich mich in der überfüllten Bar um. Der große Raum war in ein dunkles Rot getaucht, weshalb ich kaum etwas erkannte. Überall waren Silhouetten von Köpfen, die tanzen, tranken oder sich mit einander unterhielten. Ich sah auf die große Tanzfläche, auf der ein paar Mädchen gerade zu Juice von Lizzo tanzten, zu dem ich mich automatisch ein wenig mit bewegte, soweit das auf diesem umbequemen Barhocker möglich war.
Als ich wieder zu den Jungs sah, bemerkte ich, wie Julian Kai gerade etwas ins Ohr schrie, während dieser mich an sah. Ich lächelte verlegen und nahm einen Schluck aus dem Strohhalm meines Caipririnha. Mein Herz hatte sich immer noch nicht beruhigt, doch ich spührte, wie die Wärme des Alkohols mich erfüllte.
Nachdem wir noch eine Weile an der Bar saßen, bewegten wir uns zu einem der Sofas im hinteren Teil des Clubs. Hier war die Musik nicht ganz so laut, was es uns erleichterte miteinander zu reden, doch hier stank es nach Rauch, da hier ein Raucherbereich war. Ich wollte nichts sagen, doch der Gestank des Sofas und dessen Insassen, eine Gruppe von Männern, die auf mich unsympathisch wirkten, verursachte mir Kopfschmerzen.
Ich war gerade dabei, eine peinliche Geschichte von Julian zu erzählen, als plötzlich zwei Mädels vor unserer gemütlichen Sofaecke stehen blieben. Sie kicherten in einem schrillen Ton, beide stark geschminkt und in kurzen Kleidern. Wir sahen die beiden an, bevor sie begannen, in einem noch schrilleren Ton zu reden. „Heyyyy! Seit ihr nicht Julian Brandt und Kai Havertz?"
Ich sah zu den Jungs rüber, welche die beiden Barbies angrinsten.
„Ja, die sind wir." , sagte Julian mit seinen breitesten Grinsen, was er normalerweise mir zuwarf. Sofort überkam mich eine Eifersucht, die ich nicht aufhalten konnte. Ich nahm einen großen Schluck von meinem Vodkaberry, den ich vor etwa einer Stunde gegen meinen Caipirinha eingetauscht hatte.
„Oh mein Gott. Ihr seit so cool und so hübsch! Können wir ein paar Fotos machen?"
Jetzt lachten Kai und Juli sogar herzhaft und bejahten dies, ohne mich auch nur einmal anzusehen. Die größere der beiden Blondinen quetschte sich zwischen mich und Julian, ohne auch nur ein Wort mit mir zu sprechen.
Was ging den jetzt ab? Ich verstand nicht mal, woher diese zwei unnatürlichen Frauen Kai und Julian überhaupt kannten. Sie sahen nicht gerade so aus, als würden sie sich für Fußball interessieren, geschweigedenn für irgendetwas außer Männer und ihr Aussehen.
Fast hätte ich den Kopf über mich selber geschüttelt. Nein, das konnte ich nicht so pauschal sagen. Wer weiß, vielleicht waren sie ja doch ganz nett und ich hatte sie einfach zu früh als Hühner abgestempelt.
Ich sah zu den anderen rüber und konnte meinen Augen nicht glauben. Kai hatte gerade das Handy in der Hand und versuchte ein Selfie zumachen, während die andere Blondine, die zwischen Juli und ihm Platz genommen hatte, zuerst ihre sehr hoch gepushten Brüste in die Kamera hob und dann, unter schwerem Protest meines Herzens, Kai einen Kuss auf die Backe drückte, was ihm noch mehr zum Lachen brachte.
Mich durchfuhr eine solche Eifersucht und Wut auf diese fremden Mädels, die dachten, sie könnten sich meine Freunde klären. Was dachten die sich nur? Und im nächsten Moment schoss meine Wut auf Kai und Julian um. Warum mussten sie jetzt so auf diese verblödeten Frauen reagieren? Sie hätten ihnen genauso gut einfach Nein sagen können.
Nachdem ich meinen Vodkaberry in mich geschüttet hatte, stand ich, ohne ein weiteres Wort an Kai und Julian, auf und lief Richtung Bar. Sollten sie doch ihren Spaß haben mit diesen falschen Schlangen.
Noch bevor ich bei der Bar angekommen war, hätte ich mir gegen den Kopf schlagen können. Warum war ich nur so eifersüchtig? Klar, es war nicht nett, dass Kai und Julian mich einfach links liegen gelassen haben, doch ich hatte kein Recht die zwei Frauen so zu beleidigen.
Jetzt konnte ich sowieso nicht mehr zurück zu den Jungs und auch, wenn ich mich eines besseren besonnen hatte, die Frauen zu beleidigen, zurück zu ihnen wollte ich trotzdem nicht.
Also setzte ich mich an einen Barhocker, neben zwei Männer, die gerade eine Heitere Konversation über Basketball führten. „Na, was kann ich dir bringen?"
Ich sah auf und blickte in das nett wirkende Gesicht des Barkeepers, er trug ein weißes Hemd, dadrüber eine schwarze Anzugweste, was wahrscheinlich Pflicht war, aber dem braunhaarigen Mann wirklich gut stand. Ich lächelte und bestellte noch einen Vodkaberry. Ich spührte zwar die Drinks dich ich schon hatte deutlich, doch das brauchte ich jetzt. Es war egal, was mir meine Vernunft sagte, der Alkohol war nötig, um die Eifersucht und mein Herz, das mir immer wieder die Szene mit dieser Frau, die Kai auf die Backe geküsst hatte, ins Gedächtnis rief, zu beruhigen.
„Was macht denn eine Lady alleine hier?" , fragte mich der Barkeeper. Ich musterte ihn kurz. Er war wahrscheinlich ein wenig älter, als ich und lächelte mich immer noch freundlich an, sodass ich mich entschied, vor ihm keine Angst zu haben. Natürlich war ich, gerade in Klubs, aber auch so, wenn ich alleine war, immer vorsichtiger, ich wusste nicht einmal, warum. Mir war noch nie etwas passiert, wurde noch nie von jemandem dumm angemacht, aber es war wie ein Instinkt, den ich weder an, noch aus schalten konnte. 
„Ich bin nicht allein." , sagte ich. Ich spührte, wie ich mich schon anstrengen musste, damit meine Worte deutlich über meine Lippen kamen. Ja, das war wahrscheinlich der Alkohol, der mich weiterhin von innen wärmte. Wenigstens tat er es, sonst würde ich mich jetzt wahrscheinlich total verloren fühlen.
Der Barkeeper schmunzelt nur kurz und sieht sich um, bevor er seine Arme hob, als wolle er auf die Menschen um mich zeigen, die offenbar nicht zu mir gehörten.
Ich lachte kurz. „Nicht hier, sie hocken da hinten, aber ich habe keine Lust auf das, was da gerade abgeht." Ich deutete mit dem Kopf zum hinteren Bereich des Clubs, wo meine Begleiter gerade weiß Gott was mit diesen zwei Frauen machten. Der Barkeeper lächelte mich erneut an und nickte nur, offenbar war er nicht so sehr an einem Gespräch interessiert oder er wollte mich einfach nicht bedrängen und ausquatchen, was ich wiederrum auch nett fand.
„Findest du, Blondinen attraktiv?" , fragte ich, ohne mir dessen richtig bewusst zu sein, die Worte sprudelten ohne meine Kontrolle aus mir heraus.
Der Barkeeper zeigte seine weißen Zähne und schüttelte den Kopf. „Was willst du jetzt von mir hören? Ja, finde ich."
„Alle? Auch die ganz unnatürlichen?" Ich stützte meinen Kopf auf meinen Händen ab.
„Nein, nicht die ganz unnatürlichen. Aber dich schon." , sagte er und grinste schief.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Wieso sagst du das jetzt?" Ich redete wie ein kleines Kind, doch das war mir egal, ich nahm noch einen Schluck von meinem Vodkaberry.
„Was?" , fragte mich der Barkeeper verdutzt, aber immer noch mit einem Lächeln. „Wieso sagst du das? Wir hätten so gut mit einander reden können." Ich machte einen Schmolmund und sah zu den amüsierten Barkeeper.
„Aber du bist doch eine Blondine. Du hast mich doch nur gefragt, ob ich Blondinen attraktiv finde."
„Ja, aber nicht mich." , sagte ich verzweifelt. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, dass völlig falsch verstanden wird, obwohl es für mich ganz klar war, was ich wissen und wollte. Ich sprach auch so, aber das wir mir egal. Es war mir alles egal. Erneut nahm ich einen Schluck von meinem Vodkaberry.
„Okay, tut mir leid. Dann vergiss, dass ich das gesagt habe. Ich bin übrigens Luca." , sagte er und lächelte mich wieder an. Luca hob mir seine Hand hin, welche ich locker ergriff. „Sarah." , sagte ich nur und lächelte.
„Okay, Sarah. Freut mich dich kennen zulernen."
„Mmh" , sagte ich nur, während mir meine Augen zu fielen.

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