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Lange Beine baumeln vom Ast einer großen, alten Weide. Daneben hängen kleinere bestrumpfte, wobei sie sich eher um den kräftigen Ast schlingen, als wirklich zu hängen.,, Sabine, ich fühle mich nicht ganz wohl." Das Mädchen klammert sich fest an ihre beste Freundin, welche sich gelassen streckt und Ally beruhigend den Kopf tätchelt.,,Alles ist in Ordnung, Ally. Entspanne dich einfach! Und denkst du wirklich, dass ich dich hier rauf gebeten hätte, wenn es so gefährlich wäre? Schau wie wundervoll es aussieht, wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet!" Ally bemüht sich, sich aufrecht hinzusetzen. Sabine hält sie ein wenig, damit sie sich besser auf dem Ast halten kann. Das Holz fühlt sich unter Allys nackten Oberschenkeln unglaublich rau an und die rote Abendsonne unendlich warm. Als würde sie ihr Gesicht streicheln und ihr gut zu reden. Die Sonne spiegelt sich in den Gläsern ihrer Brille, wobei ihre Augen vor Begeisterung noch heller strahlen als der kosmische Feuerball vor ihr.
Dem braunhaarigen Mädchen ruscht ihr rechter Strumpf runter bis zum Knöchel, diesen versucht sie halbherzig wieder hoch bis zu ihrem Knie zu ziehen. Das Feld, welches sich vor den Mädchen auf der Weide wie ein großer Ozean erstreckt, leuchtet goldend, wie tausend Sterne die zugleich den Höhepunkt ihres Lebens erleben und zur Supernova werden.
Darüber zittert die Luft durch die sommerliche Wärme, während die Grillen ihr Abendgebet sprechen.,,Ally?" Die angesprochene dreht sich zu Sabine, welche nachdenklich über das weite Feld schaut.,,Denkst du, dass wir für immer befreundet sein werden?" Stille. ,,Denkst du wir werden immer zusammen über Land und Hügel streifen, der Sonne hinterher jagen und gemeinsam über fremde Orte aus zahlreichen Büchern träumen?"
Ally kichert und lehnt sich ,nun etwas entspannter, zurück. ,,Natürlich, warum denn auch nicht?" Die rothaarige schaut auf ihre nackten Füße und seufzt.,, Ich habe Angst, dass wir uns entfremden."
Sabine legt eine art Kunstpause ein und schaut Ally tief in ihre braunen Augen.,,Ich mache nächstes Schuljahr ein Auslandsjahr. Ich freue mich, aber ich möchte nicht, dass wir uns fremd werden."
Ally lächelt ihre Freundin sanft an und legt ihre Hand auf die Schulter von Sabine ab.,,Keine Angst. Das wird nicht passieren."

Nach zwölf Monaten die verstrichen sind, vier Jahreszeiten, die an Ally vorbei zogen wie der Rauch einer erloschenen Kerze, werden sich die beiden Freundinnen wieder sehen. Keiner weiß wie es sein wird, einander wieder in die Arme schließen zu können. Schließlich liegt zwischen ihnen ein ganzes Jahr.
Ally hat sich keinen Wecker gestellt, sie wird bloß von ihrer inneren Uhr geweckt. Ihre erste Bewegung ist der Griff zu ihrem Handy. Dann zu ihrer Brille, welche sie sich auf die Nase setzt. Sie blinzelt, sieht noch alles halb verschwommen und öffnet ihre Nachricht. Ein Lächeln huscht flüchtig über ihre Lippen, ehe sie sich zu Anna dreht, welche noch friedlich schläft. Das Mädchen legt ihr Handy zurück auf die Kommode und schmiegt sich an ihre Freundin. Sie streichelt ihren Arm entlang und lässt federleichte Küsse auf Annas Ohr zurück. Das blonde Mädchen schielt nach oben zu ihrer liebreizenden Weckerin.,,So möchte ich jeden Morgen aufwachen." Flüstert sie mit ihrer noch von Schlaf belegten Stimme.

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A Book About Us (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt