-Kapitel 58-

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-Erens Sicht-

,,Ich...", fing ich an und wandte meinen Blick von Levi ab, wodurch ich unseren Augenkontakt unterbrach. ,,... möchte schlafen, mein Herr", beendete ich meinen Satz. Es war mir unangenehm, Levi in die Augen zu schauen.

,,Du willst schlafen?", hakte Levi nach, woraufhin ich nickte. Der Schwarzhaarige stand auf und brachte mir das Kissen und die Decke, welche ich ordentlich auf sein Bett gelegt hatte. Ich sah meinen Gegenüber überrascht an. ,,Du darfst auf der Couch schlafen", sagte Levi.

,,D-Danke, mein Herr", brachte ich zögerlich hervor. Die Couch war um einiges gemütlicher als der Boden. Ich machte mich im Badezimmer fertig, bevor ich mich auf die Couch legte und mich zudeckte. Derweil schaltete Levi das Licht aus und legte sich in sein Bett.

Ich schloss meine Augen, aber ich schaffte es nicht, einzuschlafen. Meine Gedanken schweiften um Armin. Hatte er schon mit Jean gesprochen? Was hatte er gesagt? Wann brachen sie auf? Und wann war der richtige Zeitpunkt, das tödliche Pulver zu mir zu nehmen?

Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, aber scheinbar genug, dass Levi glaubte, ich wäre schon eingeschlafen. Ich hörte, wie er aus seinem Bett stieg und seine Schritte sich mir näherten. Mein Plus stieg; ich hatte Angst.

Wer würde mitten in der Nacht keine Angst haben? Levi hatte vorhin eine Frau getötet. Er hatte Mikasa getötet. Er könnte mich im schlimmsten Fall ebenfalls töten, was mir - bis auf die Schmerzen, die er mir sicherlich zum Spaß zufügen würde - egal wäre.

Ich schreckte beinahe zusammen, als ich spürte, dass Levi sich zu mir legte und seinen Körper eng an meinen schmiegte. Nur unsere Kleidung und die warme Decke trennten unsere nackten Körper voneinander. Ich traute mich beinahe nicht zu atmen.

Plötzlich realisierte ich etwas.

Levi hatte sich vergangene Nacht ebenfalls zu mir gelegt. Deshalb war neben meinem Kissen ein weiteres gewesen, als ich an dem Morgen aufgewacht war. Levi hatte tatsächlich neben mir geschlafen, obwohl ich das, als mir das zweite Kissen an dem Morgen aufgefallen war, für unmöglich gehalten hatte.

[...]

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag Levi nicht mehr neben mir. Ich setzte mich auf und sah, dass der Schwarzhaarige auf der anderen Couch saß und seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet hatte. Sein Blick war wie immer kalt, er zeigte keine Emotionen in seinem Gesicht.

,,Komm zu mir", befahl Levi, während er sich von der Couch erhob. Ich tat es ihm gleich und stellte mich dann vor ihm hin. Levi fuhr mit seinen Händen unter mein Oberteil und berührte mit seinen kalten Fingern meine Haut. ,,Du hast zugenommen", merkte Levi an, wobei er recht hatte.

Dadurch, dass er mich zum Essen gezwungen hatte, hatte ich wieder mein altes Gewicht erreicht. ,,Das ist gut", hauchte er. In seiner Stimme lag Zufriedenheit. Levi zog seine Hände wieder zurück und drückte mir frische Kleidung in meine Hand.

,,Mach dich im Badezimmer fertig, wir essen heute im Esszimmer", sagte Levi. Im Esszimmer? Die letzten Tage hatte er mich in seinem Zimmer essen lassen. Ich ging ins Badezimmer und stellte mich vor das Waschbecken, um mir das Gesicht zu waschen.

,,Beeil dich", rief der Schwarzhaarige. ,,J-Ja, mein Herr", sagte ich und zog mich schnell um, ehe ich zurück in sein Zimmer ging. Wir gingen gemeinsam aus dem Raum zum Esszimmer und nahmen an dem langen Tisch Platz.

,,Wie ich sehe, bringst du ihn wieder hierher", sagte Erwin. ,,Gut zu wissen, dass du Augen in deinem Schädel hast", erwiderte Levi in einem herablassenden Tonfall. Erwin schmunzelte daraufhin und trank von seinem Kaffee.

,,Du darfst essen", sagte Levi, als ich keine Anstalten machte, irgendetwas auf meinen Teller zu legen. Ich nickte und griff nach einem Croissant, während Levi nur einen einfach Tee zu sich nahm. ,,Hanji hat Fortschritte bezüglich des Heilungsprozess gemacht", teilte Erwin mit.

,,Und im Moment beschäftigt sie sich mit Ricos Leiche", setzte der Blondhaarige noch an. Mein Appetit war nun endgültig vergangen. Bevor Levi etwas erwidern konnte, ging die Tür des Esszimmers auf und Kenny trat ein. ,,Sieh mal einer an", lachte Kenny und blickte zu mir.

,,Du bringst jemanden wie ihn mit ins Esszimmer. Ziemlich ungewöhnlich, oder etwas nicht, Levi?" Der Angesprochenene verdrehte seine Augen. ,,Warst du nicht auf dem Weg zu deinen Huren?", zischte Levi. ,,Das Bordell hat geschlossen. Gestern Nacht gab's eine Schießerei."

Kennys Blick lag immer noch auf mir.

,,Vielleicht schaffe ich mir auch eine persönliche Hure an, das wäre viel praktischer", sagte Kenny mit einem Grinsen. Bitte?! ,,Nur zu", zischte der Schwarzhaarige, während er damit zu kämpfen hatte, seine enorme Wut zu unterdrücken. Ich wollte hier weg.

,,Aber in Gegensatz zu dir, habe ich nicht vor, meine Huren wie Tiere zu bahndeln", setzte Kenny noch an, während er dieses eine Wort mit Absicht betonte. Auch wenn Kenny mich nur so nannte, um Levi zu provozieren, war es verletzend und demütigend.

,,Hanji wollte dir ihre Fortschritte zeigen", mischte sich Erwin ein, bevor das ganze noch eskalierte. ,,Wegen des Heilungsprozess?", hakte Kenny nach, woraufhin Erwin nickte. ,,Gut. Genießt euer Frühstück", sagte Kenny, ehe er Levi einen letzten Blick zuwarf und das Esszimmer verließ.

,,Danke", sagte Levi. ,,Nicht der Rede wert", erwiderte Erwin. ,,Hast du keinen Hunger mehr, Eren?", fragte Levi - er hatte mich bei meinem Namen genannt. Ich blickte auf das angebissene Croissant auf meinem Teller und schüttelte den Kopf. ,,Dann steh auf, wir gehen."

Ich verstand einfach nicht, was zwischen Kenny und Levi vorging.

...

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Be mine [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt