14. QUATTORDICI

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Es dauerte einige Sekunden, bis ich den Klingelton meines Handys zuordnen konnte. Bis eben hatte ich wirklich tief geschlafen und wirres Zeug geträumt. Im dunklen Zimmer sah ich den Handybildschirm zwischen den Laken leuchten. Da ich noch im Halbschlaf war, registrierte ich gar nicht, wessen Name auf dem Display stand und ging einfach ran.

„Hallo?", nuschelte ich.

„Buongiorno Giulia."

Beim Klang seiner Stimme riss ich die Augen auf, was mehr als unangenehm war, da sie komplett verquollen waren. In diesem Moment fiel mir auch wieder ein, wie mein Abend geendet hatte und ich spürte sofort wieder Tränen in mir aufsteigen.

„Was ist denn los?", fragte ich und rieb mir die brennenden Augen.

„Ich habe doch gesagt, dass ich mich melde. Ich bin gerade heim gekommen und habe jetzt Zeit."

„Und was willst du jetzt?", fragte ich und es klang etwas unfreundlicher als beabsichtigt.

Damiano kicherte. „Du hast mich doch angerufen und wolltest was von mir."

Ich schnaubte. „Ich habe schon mitbekommen, dass du etwas Besseres zu tun hattest."

„Ach, sag bloß du bist eifersüchtig", je mehr er sich amüsierte, desto wütender wurde ich.

Ich ballte meine freie Hand zur Faust und meine Fingernägel bohrten sich in die Handinnenflächen. „Wenn du nur angerufen hast, um dich über mich lustig zu machen, können wir das Gespräch ganz schnell wieder beenden."

Jetzt lachte er laut auf. Gerade, als ich wirklich das Handy vom Ohr nehmen und auflegen wollte, bekam er noch die Kurve. „Sorry. Also, du möchtest mich besuchen? Das trifft sich gut, ich habe jetzt noch ein paar Tage frei, aber dann müssen wir proben für die kommende Tour. Wie spontan bist du denn?"

Seufzend setzte ich mich im Bett auf, damit ich wenig später aufstehen und meinen Dienstplan checken konnte. Zwar hatte ich in diesem Moment überhaupt keine Lust, ihn zu sehen, aber ich wusste, dass wir dringend reden mussten. Ich kündigte an, dass ich mich zu einer humanen Zeit – und halb sechs Uhr morgens war definitiv keine – um einen Schichttausch mit Kollegen kümmerte, damit ich zu ihm fliegen konnte. Auch Damiano hatte wohl begriffen, worum es bei meinem geplanten Besuch ging und kümmerte sich darum, dass wir ungestört waren. Er würde dann schon vorher in die Villa kommen, in der die Band immer ihre Probenwochen verbrachte, da man dort sehr gut geschützt sei und seine Ruhe hätte.


Zwei Tage später war es dann soweit. Ich hatte meine Dienste dank zwei lieben Kollegen tauschen können und würde nun drei Tage in Italien verbringen. Meine Wut vom Morgen des Telefonats war bald verflogen und als ich die letzten Meter zur Villa zu Fuß zurücklegte, da ich dem Taxifahrer eine Adresse zwei Straßen entfernt genannt hatte, freute ich mich einfach nur, Damiano wieder zu sehen.

Fast schon schüchtern stand ich ihm dann im Garten der Villa, die durch hohe Mauern von außen nicht einzusehen war, gegenüber. Ich hatte mir keinerlei Gedanken gemacht, wie ich ihn begrüßen sollte. Als Damiano auf mich zu kam und mich in eine feste Umarmung zog, fiel der Großteil der Anspannung von mir ab. Er führte mich ins Innere des Hauses, wo er uns in der großen offenen Küche einen Kaffee machte, damit ich in Ruhe ankommen konnte. Wie er so am Küchentresen stand, mit dem Rücken zu mir, weil er die Kaffeemaschine bediente, konnte ich nicht anders, als auf ihn zuzugehen und ihn fast schon stürmisch von hinten zu umarmen. Benebelt von seinem Duft und der Wärme, die sein Körper ausstrahlte, gestand ich: „Ich hab dich wirklich vermisst!"

Damiano hielt inne in seinem Tun, stellte die Kaffeetasse, die er in der Hand hielt, ab und drehte sich in meiner Umarmung zu mir. Sein Gesichtsausdruck verunsicherte mich, sodass ich meine Arme von seinem Körper nahm. Er seufzte und strich mir kurz über die Wange. „Bitte sag das nicht, wenn du-"

„Sorry", unterbrach ich ihn und hob entschuldigend meine Hände. Unterstützend ging ich noch einen Schritt zurück.

Damiano schüttelte den Kopf. „Schon gut. Du bist ja hier, damit wir in Ruhe darüber sprechen können. Aber jetzt trink erstmal deinen Kaffee. Magst du auch etwas essen?"

Dankbar bejahte ich, da ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Damiano zauberte mir ein Panini mit Tomate-Mozzarella und ich hatte gefühlt noch nie so ein gutes Sandwich gegessen. Anschließend zeigte er mir das Haus und während ich immer noch über die vielen großzügigen Räume staunte, gingen wir als letztes wieder in den Garten, wo sich um die Ecke eine schöne Terrasse und ein Pool befanden. Mittlerweile war es später Nachmittag und die Sonne knallte immer noch vom Himmel. Ich zog mein Strickjäckchen aus und fächerte mir mit der Hand etwas Luft zu, was allerdings nur mäßig Erfolg brachte. Damiano, der selbst nur ein weißes Unterhemd und eine dunkelblaue leichte Stoffhose trug, schaute mir belustigt zu.

„Was? Kann doch keiner wissen, dass es bei euch Ende Oktober noch so heiß ist", meinte ich.

„Heiß?", lachte er, „Wie kalt ist es denn in Deutschland, dass du das hier als heiß bezeichnest?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Zehn, zwölf Grad? Es hat auch geregnet, als ich los geflogen bin."

„Okay, das ist wirklich kalt", stimmte er mir zu und begann dann zu grinsen, als ihm ein Gedanke gekommen war, „Also, wenn dir zu warm ist in deinen Klamotten, hier kann dich niemand beobachten."

Er zeigte kurz auf die hohen Mauern um das Grundstück und ich lachte. „Ja, niemand außer du."

Damiano kam auf mich zu und das Funkeln in seinen Augen verriet schon, was er gleich mit mir vorhatte. Er zog mir mein Shirt über den Kopf und bevor ich protestieren konnte, hatte er meine Lippen mit seinen versiegelt. Es fühlte sich so gut an, dass ich gar nicht anders konnte, als auf den Kuss einzugehen.

Nach einigen Momenten schaffte ich es, mich kurz von ihm zu lösen. „Lass uns rein gehen", bat ich leise und er zog mich an der Hand wieder ins Innere des Hauses, wo wir das fortsetzten, was er eben angefangen hatte.


Nach dem Duschen schlüpfte ich in den Bademantel, den Damiano mir freundlicherweise bereit gelegt hatte, und löste den Dutt, den ich mir gemacht hatte, damit meine Haare nicht nass wurden. Ich trat aus dem Bad und mein Blick fiel sofort auf Damianos Körper, da er völlig ungeniert nackt auf dem Bett lag und sich mit seinem Handy beschäftigte.

„Oh, du versinkst ja regelrecht in dem Bademantel", meinte er amüsiert, nachdem er vom Handy aufschaute und mich in dem viel zu großen Frottee-Mantel sah.

„Wenn du dir jetzt auch noch was anziehst, könnte ich mich vielleicht auch wieder konzentrieren...", entgegnete ich und zwang mich, in sein Gesicht zu blicken.

Damiano lachte erst kurz, zog sich dann aber immerhin Boxershorts an. Ich sah ihm zwar zu, war aber mit den Gedanken ganz woanders und registrierte es erst verzögert, dass er etwas sagte.

„Worüber denkst du so angestrengt nach?", er legte den Kopf schief und setzte sich wieder auf das Bett.

Ich atmete kurz durch, bevor ich die Frage stellte, die mir seit drei Tagen unter den Nägeln brannte.

„Wer war die Frau in deinem Arm?"

Damiano wusste sofort, dass ich mich auf seine Instagram-Story bezog. Er seufzte und antwortete dann ruhig: „Giulia, ich sage dir das jetzt genau einmal: Von meiner Seite ist das mit uns beiden exklusiv. Da gibt es keine andere."


FOR YOUR LOVE - Eine Damiano David FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt