Ich kenne dich!

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"Was du bist, solltest du sein wollen und nichts mehr." (Marcus Valerius Martialis 40 n.Chr.-103/104 n.Chr.)

Pov. Shoto

"Ich halte das nicht mehr aus, Shoto!", sagte meine Mutter vorwurfsvoll, als wir draußen im Garten saßen.

Ich bin gerade erst verschlafen nach draußen geschlurft mit einer Tasse Kaffee in der Hand... Die Umstellung von Spätschicht auf Mittagsschicht war echt immer anstrengend... Und jetzt wünschte ich mir, ich wäre einfach noch länger liegen geblieben...

"Was hältst du nicht mehr aus?", fragte ich pflichtbewusst und setzte mich auf einen Gartenstuhl ihr gegenüber.

"Die Stimmung zwischen dir und deinem Vater! Das ist wirklich unfassbar!", sagte sie traurig.

"Mum... Das ist was zwischen Dad und mir. Kannst du es nicht einfach darauf beruhen lassen? Dann könnten wir auch einfach so tun, als wäre das nie passiert", meinte ich genervt und trank einen Schluck von meinem Kaffee.

"Shoto... Dein Vater hat es gerade nicht leicht... In der Firma läuft es seit einer Weile nicht gut und Touya hat sich spontan eine Woche Urlaub genommen... Und er wollte uns nicht mal sagen, wohin er verreist. Und du weißt, wie nah er und Dad sich stehen", sagte sie und sah mich Ernst an.

Ich verdrehte die Augen. War klar... Touya und Dad. Das Green-Team der Familie! Der geliebte Erstgeborene... Er hat genau die Karriere gemacht, die Enji sich auch für mich gewünscht hätte... Mit Bestnoten die Oberschule bestanden... Die Uni ebenfalls mit Bestnoten durchlaufen... Und dann in die Firma von Enji mit eingestiegen. Der perfekte Sohn! Der auch dieselben Hobbys hatte wie er...

Während ich durchschnittlich war... Und nicht mal studieren wollte.

"Ich glaube nicht, dass es ihn so sehr runterzieht mit mir momentan nicht zu reden. Ich meine, wir reden eh nicht viel miteinander", sagte ich und versuchte das in einem Ton zu sagen, der das Gespräch für beendet erklärte.

Doch meine Mutter konnte man nicht aufhalten. "Das ist nicht wahr, Shoto! Dein Vater belastet das! Er hätte gerne eine Beziehung zu dir wie mit Touya und das weißt du auch!"

"Ja, aber dafür soll ich so tun, als wäre ich nicht mehr ich", brummte ich und wünschte mir wirklich einfach wieder im Bett zu verschwinden.

"Du könntest doch einfach mal versuchen dich für das zu interessieren, was dein Dad mag", schlug sie lächelnd vor.

"Warum kann er nicht versuchen etwas zu mögen, was ich mag?", fragte ich leise.

"Na ja...", sagte sie unsicher.

"Was?", fragte ich provokant. Ich wusste, was jetzt kam... Enji hatte es mir oft genug gesagt.

"Deine Interessen wirken für ihn halt so... mädchenhaft", sagte sie ganz leise, als würde es mir dann weniger wehtun.

Ich schwieg. Das ist nicht wahr... Männer durften auch Liebesfilme gerne gucken... Und dann zeichnete ich halt gerne... Viele Künstler in der Geschichte waren Männer! Und die wurden auch nicht als 'mädchenhaft' bezeichnet!

"Ich geh mal nach oben", sagte ich leise, nahm meine Tasse und ging hoch in mein Zimmer. Ich musste wirklich dringend ausziehen...

So Nah Und Doch So FernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt