Teil 1 (201)

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ANNA

Lauri hatte darauf bestanden, dass ich sie heute ins Bett bringen sollte, was wirklich die absolute Ausnahme war, denn normalerweise musste das immer, wenn es ging, Samu machen. Ich konnte schließlich mit Gitarre und Gute Nacht Lied mit seiner wunderschönen Stimme nicht mithalten.

Aber heute war ich den ganzen Nachmittag weg und sie hatte mich wohl vermisst. Als die Gute Nacht Geschichte zu Ende war, drückten wir uns ganz fest und ich gab ihr einen Kuss. Sie drückte ihre kleine Skye, die Samu ihr geschenkt hatte, fest an sich und ihr fielen vor lauter Müdigkeit schon fast die Augen zu. „Hyvää yötä pikku prinsessa." „Hyvää yötä äiti", murmelte sie und kuschelte sich ein.

Leise verließ ich das Zimmer und ging dann runter in die Küche, um für Samu und mich ein Glas Wein einzuschenken. Mit den beiden Gläsern ging ich zum Sofa, aber er saß nicht da. Ich stellte die Gläser auf dem Couchtisch ab und lauschte, ob vielleicht Musik aus seinem kleinen Studio kam, aber es war mucksmäuschenstill. Trotzdem hatte ich den Verdacht, dass er sich dort aufhielt und ging leise nur mit Socken an den Füßen hin. Die Tür stand einen Spalt breit offen und ein Lichtstrahl schimmerte in den Flur auf den Boden. Ich öffnete die Tür ein kleines Stück und der Anblick, der sich mir bot, ließ mein Herz sich zusammenziehen. Samu saß dort auf dem Boden, seine Gitarre im Arm und starrte ins Leere. Tränen flossen über sein hübsches Gesicht und er schien mich überhaupt nicht zu bemerken. Ich musste schlucken und trat einen Schritt auf ihn zu, noch immer zeigte er keine Regung. Ich hockte mich zu ihm auf den Boden, nahm ihm vorsichtig die Gitarre aus den Händen und stellte sie in den Ständer zurück. Dann setzte ich mich auf seine Beine und nahm seine Hände. „Baby, hey. Was ist los? Was ist mir dir?" fragte ich liebevoll. Samu blinzelte und stellte seinen Blick wieder scharf. Er sah mir jetzt direkt in die Augen. „Ich merke doch schon die ganzen letzten Tage, dass dich was beschäftigt. Bitte sprich mit mir. Friss deinen Kummer nicht in dich rein. Wir beide wissen doch am besten, dass das nicht gut ist, oder?" Ich wischte ihm sanft seine Tränen weg und er schluchzte. Dann zog er mich ganz fest in seine Arme und drückte seinen Kopf an mein Herz. „Ich habe Angst, enkelini", gestand er mir jetzt nuschelnd. Ich glitt mit meiner Hand durch seine blonden Locken und drückte ihn fest an mich. Dann schob ich ihn ein Stück zurück und hob seinen Kopf an, damit er mich anschauen musste. „Wovor hast du Angst, Samu? Sag es mir, bitte." Er wischte sich mit dem Unterarm einmal quer über das Gesicht und schniefte. „Der...der Junggesellenabschied...ich...weiß nicht..was...was die Jungs geplant haben. Ich will da nicht hin...ich...ich will keinen Junggesellenabschied...", stammelte er vor sich hin. Ich zog die Augenbrauen hoch. „Aber warum denn nicht Baby? Was ist so schlimm daran?" Er atmete tief ein und ich legte meine Hand auf seine Brust, direkt dort, wo sich sein Herz befand. Ich konnte fühlen, wie es aufgeregt von innen gegen meine Handinnenfläche pochte. „Ich weiß nicht, was die geplant haben...wenn die...die jetzt in so nen blöden Stripclub gehen und...und....Ich will das gar nicht, dann verlässt du mich wieder...Anna...Ich hab solche Angst", schluchzte er jetzt wieder und allmählich begann ich zu verstehen. Das letzte Mal war er kurz vor der Hochzeit auch mit den Jungs unterwegs, das war am Tag von Helen's Beerdigung und dann war es passiert. Aber diesmal war die Situation eine ganz andere.

Ich krabbelte von seinem Schoß herunter, stellte mich hin und streckte ihm meine Arme hin. Er griff nach meinen Händen und ich half ihm, sich hochzuziehen. „Komm mit", sagte ich, nahm ihn an die Hand und zog ihn sanft ins Wohnzimmer. Wir ließen uns auf der Couch nieder. Ich nahm die beiden Gläser und drückte ihm eins in die Hand. „Trink einen Schluck, Baby", forderte ich ihn auf und setzte selbst das Glas an dieLippen. Er tat es mir gleich und trank. Dann nahm ich beide Gläser und stellte sie zurück auf den Tisch. Intensiv sah ich ihm in die Augen, in denen sich seine Angst und seine Verzweiflung wider spiegelten. „Samu, mein Schatz. Es ist alles gut, wirklich. Ich verstehe dich und weiß, was du meinst, aber dieses Mal ist die Situation eine ganz andere. Wir beide wissen doch, dass sich das, was passiert ist, nie mehr wiederholen wird. Ich liebe dich und du liebst mich, wir haben unsere kleine Lauri, wir sind eine Familie, auch jetzt schon, ohne Trauschein. Wir sind noch enger zusammen gewachsen, als wir es vorher waren und das Wichtigste ist, ich vertraue dir." Eine Träne kullerte ihm erneut über seine Wangen und tropfte in seinen Schoß auf seine Hände. „Vertraust du mir auch?", hakte ich jetzt nach. Samu legte eine Hand an meine Wange und streichelte sie zärtlich. „Mehr als alles andere, enkelini. Niemanden vertraue ich mehr, als dir. Ich würde dir mein Leben anvertrauen", hauchte er mit rauer Stimme. „Dann schlieb deine Zweifel beiseite, mein Schatz, und freu dich darauf, was kommt. Und wenn du solche Sorge hast, dass die Jungs irgendwas geplant haben, was du nicht willst, dann rede mit Riku. Ich bin mir sicher, er nimmt deine Sorgen ernst und hört dir zu, ok?" Samu nickte. „Und jetzt küss mich, Baby", forderte ich ihn auf. Samu rutschte ein Stück näher, legte seine Hand in meinen Nacken und zog mich zu sich, so nah, bis ich endlich seine warmen weichen Lippen auf meinen spüren konnte. 

The right one (Anna & Samu Teil 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt