Teil 20 (220)

181 11 3
                                    

Schritt für Schritt setzte ich einen Fuß von den anderen und hielt mich an Riku fest, weil ich so nervös war. Ich war wegen Samu schon oft aufgeregt gewesen, aber noch nie zuvor hatte ich solche weichen Knie wie in diesem Moment. Sie fühlten sich an wie Gummi. Riku streichelte mir mit seiner freien Hand beruhigend den Handrücken, während wir den langen Gang zwischen den Stuhlreihen nach vorn schritten, Lauri eifrig die Rosenblätter verstreute und die Blicke der Hochzeitsgäste auf mir ruhten. Doch von all dem nahm ich kaum etwas wahr, weil ich mich darauf konzentrierte, gleichmäßig ein- und auszuatmen. Endlich rückte Samu in mein Blickfeld und mein Herz legte noch einen Zahn an Geschwindigkeit und Schlagkraft zu. Ich schluckte, als ich ihn da so stehen sah, mit verstrubbelt geordneten Haaren, seinem dunkelblauen Anzug, in dessen Revers ein kleines Tuch in exakt derselben Farbe wie der meines Brautkleides steckte. Auch das Hemd, dass er darunter trug, passte perfekt dazu. Das musste Riku's und Ria's Werk gewesen sein. Um seinen Hals hatte er eine ebenfalls dunkelblau schimmernde Fliege gebunden, die das Bild abrundete. Ich konnte kaum glauben, dass dieser umwerfende Mann dort vorn auf MICH wartete und den Rest seines Lebens mit mir verbringen wollte. Wir waren vorn angekommen und Riku überreichte symbolisch meine Hand an Samu, der mir jetzt direkt in die Augen schaute. Mit einem sanften Lächeln setzte sich Riku in die erste Reihe neben seine schwangere Frau und Samu griff fest meine Hand. „Du bist so wunderschön", flüsterte er mit zittriger Stimme und blinzelte bereits seine ersten Tränen weg. „Und du erst", sagte ich leise zurück, schluckte und drückte seine Hand. Dann trat der freie Priester, den wir für die Trauzeremonie engagiert hatten nach vorn. „Liebe Gäste, liebe Anna und lieber Samu, heute ist ein ganz besonderer Tag für euch, für eure kleine Lauri, aber auch für eure Familie und für eure Freunde. Ihr habt mir in unserem Vorgespräch für diesen heutigen Tag eure Geschichte erzählt, habt mir vieles anvertraut und ich kann mit Sicherheit und aus meiner langjährigen Erfahrung als Trauredner sagen, dass eure Geschichte eine der bewegendsten ist, die ich jemals hören durfte. Ihr seid durch so viele Höhen und Tiefen zusammen gegangen und habt euch sprichwörtlich mehr als einmal gegenseitig das Leben gerettet. Die schönste und wichtigste Verbindung, die man als Paar haben kann, habt ihr schon. Eure kleine Lauri ist der Beweis, dass ihr alles überwinden könnt. Ein solches sonniges und liebevolles Gemüt kann nur von zwei Menschen kommen, die sich wirklich und wahrhaftig lieben." Im Hintergrund hörten wir unsere Kleine aufgeregt auf Eve's Schoß quieken und ein bisschen brabbeln. Kein Wunder, für sie war dieser Tag ebenso aufregend wie für uns und nicht viele Kinder sind bei der Hochzeit ihrer eigenen Eltern dabei. Ein kleines Lachen ging durch die Menge unserer Gäste, dann fuhr der Redner fort. „Samu, du hast mir gesagt, dass, bevor wir mit der Trauzeremonie beginnen, du ein paar Worte sagen möchtest." Samu nickte und stellte sich jetzt direkt vor mich und nahm meine Hände liebevoll und sanft in meine. „Meine geliebte Anna", sagte er mit erstickter Stimme und räusperte sich leise. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie überglücklich ich bin, dass du heute hier an meiner Seite stehst und es gab mehr als einen Moment, in dem ich davon nichtmal mehr zu träumen gewagt hätte. Ich verspreche dir, immer für dich da zu sein, an deiner Seite, mit dir durch alle Zeiten zu gehen, egal, was oder wer uns auf unserem gemeinsamen Weg begegnen mag. Ich kann und will mein Leben nicht ohne dich und unsere Kleine leben. Du bist meine beste Freundin, meine Geliebte und mein ganz persönlicher Engel. Ich bin so stolz, der Mann an deiner Seite zu sein. Ich liebe Dich." Seine Worte trafen mich mitten ins Herz und schon bahnten sich die ersten Tränen ihren Weg über meine Wangen, dabei hatte ich mir fest vorgenommen, mir das wenigstens bis nach dem JA-Wort aufzusparen, aber wie immer war ich gegen meine Gefühle, die Samu in mir hervorrief machtlos. Liebevoll wischte er mir die Tränen weg. „Samu", flüsterte ich unter Tränen. „Ich liebe dich auch, so sehr." Wieder räusperte sich der Priester. „Ich glaube, dann können wir mit der Trauzeremonie beginnen. Dafür brauchen wir die Ringe." Sofort stand Riku ohne Umschweife auf und trat mit Lauri an der Hand nach vorn, die ein kleines Kissen in der Hand hatte, auf dem unsere Ringe mit einer kleinen Schleife befestigt waren. „Lieber Samu", begann der Priester. „Willst du die hier anwesende Anna Hausmann zu deiner Frau nehmen, sie lieben und achten, zu ihr stehen und mit ihr alle Hindernisse überwinden, so antworte laut und deutlich mit Ja." Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich bekam kaum noch Luft. Samu schaute mich mit seinen meerwasserblauen Augen an, in denen ich soviel Liebe sah. „JA, ich will, mehr als alles andere", sagte er laut. Die Gäste lachten und der Priester auch. Dann wandte er sich an mich. „Und ich frage auch dich, Anna Hausmann, willst du den hier anwesenden Samu Aleksi Haber zu deinem Mann nehmen, ihn lieben und achten, zu ihm stehen und mit ihm alle Hindernisse überwinden, so antworte laut und deutlich mit Ja." Ich holte tief Luft und blickte dann den Mann an, den ich über alles liebte. „Ja, von ganzen Herzen JA", sagte ich ein wenig lauter als nötig und wieder ging ein Lachen durch die Menge. „Nachdem ihr beide meine Frage laut und sehr deutlich mit einem Ja beantwortet habt", schmunzelte der Priester, „erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau." Samu beugte sich runter zu unserer Kleinen. „Danke, mein Schatz", sagte er und löste die kleine Schleife, dann nahm er den Ring herunter und steckte ihn mir mit glitzernden Augen an den Finger. Er saß perfekt. Dann nahm ich den anderen Ring und schob ihn ebenfalls mit zitternden Händen an seinen dafür bestimmten Finger. „Und jetzt dürft ihr euch küssen." Das ließ Samu sich nicht zweimal sagen. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann lagen seine Lippen auf meinen und verschmolzen zu einem liebevollen Kuss, unserem ersten als Ehepaar. In diesem kleinen Moment gab es nur uns und alles andere herum schien für einen Moment lang völlig zu verschwinden, bis wir uns schwermütig voneinander lösten. „Endlich", hauchte Samu und schenkte mir ein herzerwärmendes Lächeln.

The right one (Anna & Samu Teil 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt