Teil 9 (209)

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SAMU

Nachdenklich saß ich in meinem kleinen Studio und zupfte ein paar Melodien auf der Gitarre. Meine Gedanken gingen ganz automatisch zu Anna. Ich dachte über die letzten Jahre nach, wie alles mit uns begonnen hatte, wie ich sie da fand, in sich zusammengekauert in der Nähe der Bühne, wie auch immer sie dort hingelangt war. Ich hatte sie irgendwann später mal gefragt, aber sie wusste es selbst nicht mehr. Sie war dort mit ihrem gewaltätigen Mann, der ihr die Konzertkarten geschenkt hatte, nachdem er sie fast erwürgt hätte, als Wiedergutmachung sozusagen. Allein bei dem Gedanken daran wurde mir schlecht und ich spürte, wie sich meine Hände von ganz allein zu Fäusten ballten.

Sie war so voller Traurigkeit und total durcheinander und als ich ihr dann die Hand gereicht habe, um sie zu mir hochzuziehen, da fuhr ein Stromstoß durch meinen Körper. Ich wusste, wir würden zusammen gehören, sie und ich. Deshalb hatte ich ihr auch ohne zu zögern meine Telefonnummer in die Handfläche geschrieben und so gehofft, dass sie zurückschreiben würde, wenn ich mich bei ihr meldete.

Mein Handy klingelte und riss mich aus meinen tiefen Gedanken. Im Display sah ich, dass es Eve war, die in Deutschland weilte, um Anna's Eltern zu überreden, zur Hochzeit zu kommen, obwohl sie mich aus tiefstem Herzen verabscheuten. „Moi Mum", begrüßte ich sie. „Moi Samu, mein Junge. Wie geht es dir?" Ich seufzte. „Je näher der Termin rückt, desto nervöser werde ich, ehrlich gesagt. Ich hoffe so sehr, dass alles glatt geht und nicht in letzter Sekunde etwas dazwischen kommt. Wie lief es denn bei dir mit Anna's Eltern?" Eve stieß einen tiefen Seufzer aus und ich konnte förmlich spüren, wie sie mit den Augen rollte. „Also Hans ist der größte Sturkopf unter der Sonne, der hätte mich am liebsten gleich wieder vor die Tür gesetzt. So ein ungehobelter und unfreundlicher Mensch. Wenn Greta nicht gewesen wäre, dann wäre es wohl erst gar nicht zu einem Gespräch gekommen." „Hast du was bei ihr erreicht?", wollte ich wissen und in mir machte sich allmählich Ungeduld breit. Ich liebte meine Mum, aber manchmal musste man ein wenig nachbohren, wenn sie etwas erzählte, damit sie endlich zum Kern einer Sache kam. „Ja, ich habe ein bisschen gebraucht, aber immerhin Greta hat mir geschworen, dass sie Eure Hochzeit nicht verpassen will. Sie vermisst ihre Tochter und allmählich hat sie auch begriffen, dass du kein so schlechter Mensch sein kannst, wenn ihre Tochter dich liebt und dir verziehen hat. Ich glaube, sie hat nur Angst vor ihrem Mann und hat sich bis jetzt einfach nicht getraut, sich ihm zu widersetzen, aber ich konnte sie überzeugen, dass damit jetzt Schluss ist", redete sie sich in Rage und ich musste ein wenig grinsen, weil ich genau wusste, wie hartnäckig sie sein konnte, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte. Diese Eigenschaft hatte ich, zum Glück, von ihr geerbt. Ein Gefühl von Erleichterung strömte durch meinen Körper und ich fing an, mich zu freuen. „Danke Mum, ehrlich, danke für alles. Du bist die Beste." „Das hab ich gerne gemacht mein Sohn und ich bin so froh, dass nicht alles umsonst war. Jetzt steht eurer Hochzeit nichts mehr im Wege." Ich atmete tief durch. „Ja, hoffentlich. Das ist wirklich großartig. Wann fliegst du zurück?" „Morgen früh gleich, ich melde mich, wenn ich zuhause bin, ok?" „Ok, mach das, hyvää matkaa, äiti." (gute Reise, Mama) „Kiitos. Nähdään pian, moi moi."(Danke, wir sehen uns bald, tschüß) Jetzt gab es nur noch einen Dämon, den ich in Hinsicht auf unsere bevorstehende Hochzeit bekämpfen musste.

Der Gedanke an den Junggesellenabschied, den sich die Jungs auf keinen Fall entgehen lassen würden, machte mir schwer zu schaffen. Ich wollte Anna nicht enttäuschen und ich hoffte sehr, dass sie irgendwas harmloses planen würden und wenn es Kegeln wäre. Ganz egal. Oder einfach nen Männerabend in der Sauna bei Riku oder oder. Ich betete, dass sie bloß nicht so einen Blödsinn wie den Besuch eines Stripclubs oder so vorhatten, und wenn doch, dann würde ich mich mit allen Mitteln dagegen wehren. Dessen war ich mir sicher. Das wollte ich meiner Anna einfach nicht antun. Ich liebte sie doch so sehr. Wenn ich sie noch einmal verlieren würde, dann würde mein Herz zerbrechen, für immer.

The right one (Anna & Samu Teil 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt