Teil 3 (203)

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ANNA

„Samu", ich vergrub meine Hand in seinen weichen Haaren und streichelte ihm durch die Locken. „Bitte, ich vertraue dir", hauchte ich. Panik erfasste seinen Blick. „Du weißt, wieso ich das nicht mache, kleine Lady. Du weißt es genau", hauchte er mit belegter Stimme und schluckte. Ich kannte seine Gedanken, wusste, wieso er so reagierte und was seine Sorgen waren, aber jetzt nach so langer Zeit war alles anders. Die Vergangenheit lag lange hinter uns und das war auch gut so.

Flashback:

Samu hielt noch immer meine zusammengebundenen Hände über dem Kopf fest. Ich fühlte seinen schnellen Herzschlag und seinen Atem auf meiner Haut. Ich war etwas durcheinander, weil ich nicht wusste, ob ich mich gerade so wohl fühlte oder nicht. Einerseits war es wunderschön und heftig, auf der anderen Seite hatte ich das Gefühl, dass dieses Mal etwas fehlte. Ich hätte ihn auch so gern berührt, ihn gestreichelt, überall angefasst und das machte mich traurig. Ich konnte es nicht erklären. Mein Herz zog sich zusammen und ich hatte ein blödes Gefühl im Bauch. „Samu", sagte ich leise, „kannst du mich bitte losbinden?" Ich sah ihn flehend und etwas verzweifelt an. Er grinste und hielt meine Hände weiter fest und hielt das wohl für ein Spielchen. Ihm schien nicht bewusst zu sein, dass ich mich gerade nicht mehr wohl fühlte. Panik machte sich in mir breit. Ich atmete hektisch und Tränen schossen mir in die Augen. Das Bild, wie Tim mich in der Küche festhielt und ich nicht gehen konnte, als ihm sagte, er sollte mich loslassen, schoss mir in den Kopf. Diese ganzen alten Gefühle kamen wieder durch. Diese Angst und Machtlosigkeit. Eine Träne suchte sich ihren Weg über mein Gesicht und floss in meine Haare. „Bitte", wiederholte ich. Samu sah mich erschrocken an und realisierte erst jetzt, dass etwas nicht stimmte. Schnell löste er das Tuch um meine Handgelenke und befreite mich. Dann zog er sich vorsichtig aus mir zurück und hockte sich hin. Ich setzte mich auf und sah ihn panisch an. Er streckte seine Hand aus, aber ich wich zurück und stand auf. „Es tut mir leid", flüsterte ich und rannte in Richtung Treppe. Im Vorbeilaufen schnappte ich mir das große Handtuch, wickelte es mir um den Körper. Mein Weg führte mich ins Badezimmer. Ich schlug die Tür zu, drehte den Schlüssel herum, sank auf den Boden und weinte bitterlich. In mir tobte das reinste Gefühlschaos. Ich liebte Samu und es tat mir so leid, dass ich einfach weggerannt war, aber ich hatte auf einmal solche Panik, obwohl ich wusste, dass er mir nie, niemals etwas antun würde. Diese Angst, festgehalten zu werden, mich nicht wehren zu können, saß tief in mir drin, Samu hatte unbewusst irgendeinen Knopf gedrückt, der all die eigentlich gut verpackten Emotionen wieder hochgeholt hatte. Ich konnte einfach nichts dagegen machen. Er hatte in diesem Moment meinen Fluchtreflex ausgelöst und ich handelte ganz automatisch, ohne, dass ich es wollte. Ich wollte ihm nicht wehtun, wollte ihn nicht verletzen, aber ich konnte nicht anders, als wegrennen. Meine Atmung war hektisch, mein Puls raste und ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Samu war mir inzwischen nachgerannt. Er schlug mit den Fäusten gegen die Tür und schrie. „Anna, mach auf, bitte, lass mich zu dir. Es ...es tut mir leid, ich wollte nicht....Fuck....Anna...bitte" Immer und immer wieder schlug er gegen die Tür. Ich hörte ihn schluchzen und weinen. Aber ich konnte nicht. Mit der Zeit wurde es leise vor der Tür, meine Atmung hatte sich beruhigt und ich lauschte, ob Samu immernoch vor der Tür war. Langsam rappelte ich mich hoch und drehte den Schlüssel wieder herum. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich hoffte, er würde mir verzeihen können und dass er nicht böse auf mich war oder an meiner Liebe zu ihm zweifelte. Vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spalt. Ich fand Samu auf dem Boden sitzend. Mit roten Augen und leerem Blick hockte er da und schaute ins Nichts. Ich setzte mich zu ihm und nahm unsicher seine Hände in meine. Er ließ es zu. Erleichtert atmete ich auf. Samu stellte seine Augen wieder scharf und sah mich nun direkt an.

Flashback Ende

„Ich liebe dich, Samu und ich vertraue dir, mehr als jedem anderen Menschen auf dieser Welt." Samu's Blick war etwas weicher, nachgiebiger geworden, aber immer noch mit einem Hauch von Misstrauen meinem Wunsch gegenüber. Eine Strähne seiner blonden Locken hing ihm über seinen Augen und ich strich sie ihm liebevoll aus den Augen. „Bitte", flüsterte ich leise. Ein ergebenes Seufzen verließ seine Lippen, als er vom Sofa aufstand und in Richtung Garderobe verschwand, wo sich meine Halstücher und Schals befanden. Er kam mit einem davon zurück und ich biss mir auf die Unterlippe vor lauter Aufregung und dem Anblick, der sich mir bot, als er da mit bloßem Oberkörper so da stand. Die Haare wirr in alle Richtungen. „Komm mit kleine Lady", sagte er mit dunkler Stimme. Er nahm meine Hand und zusammen gingen wir nach oben ins Schlafzimmer.

The right one (Anna & Samu Teil 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt