Ich schlug die Augen auf und blinzelte in die Sonne. Noch vom Schlaf gefangen starrte ich in die sich schnell bewegenen Wolken über mir. Langsam richtete ich mich auf und musste sofort gegen den Schwindel ankämpfen. Sobald dieser verflogen war und mein Geist endlich wach genug registrierte ich meine Lage. Ein Sturm hatte mein Gefängnis zerstört und mich verletzt. Mit letzter Kraft hatte ich die Flucht durch das Gebiet der Zerstörung geschafft. Danach hatte ich mich nur kurz ausruhen wollen, war dann wohl eingeschlafen und nun war es bereits früher Morgen.
Entsetzt sprang ich auf und wurde prompt von meinem Bein bestraft. Doch mit den Erinnerungen der letzten Nacht kam auch meine Panik vor der Entdeckung erneut hoch und ich zögerte ich lange und marschierte so schnell es mein Bein zuließ am Fuße der Felsen entlang. Ich musste eine Schutzgöttin gehabt haben, dass die Twinkikis mich trotz meines unvernünftigen Schläfchens nicht entdeckt hatten. Da ich die Schutzgöttin jedoch nicht weiter auf die Probe stellen wollte, sah ich zu, dass ich in den Schutz der großen Nadelbäume, die fast mit dem Felsen verschmolzen, kam. So könnte man mich wenigstens nicht schon von weitem erkennen. Hoffentlich reichte das.
Voller Panik und mindestens alle fünf Schritte einen Blick hinter mich werfend lief ich so stur an den Felsen entlang. Die Sonne wanderte immer höher und um die Mittagszeit erlaubte ich mir eine kleine Rast. Mein Mund war ausgetrocknet und ich sehnte mich nach Wasser und Nahrung, doch zwischen diesen Nadelbäumen wuchs rein gar nichts. Da fiel mir mit einem Mal das Stück Fleisch ein, welches mir der Wachposten gestern Abend gegeben hatte. Ich hatte es in einer Falte meines Gewandes versteckt und mithilfe meines, um den Bauch geschlungenen, Strickes gesichert. Hektisch kramte ich danach, bis ich es fand. Erneut biss ich nur wenig ab, doch dass mein Mund etwas zu tun hatte beruhigte mich für einen kurzen Moment.
Das gute Gefühl, welches mir das Fleisch vermittelte hielt jedoch nicht lange vor. Nur wenig später wuchs mein Durst ins Unermessliche und ich hätte mir selbst gegen die Stirn schlagen können. Natürlich verursachte das salzige Stück Fleisch noch größeren Durst. Frustriert, mit nach Feuchtigkeit lechzender Zunge und das schmerzende linke Bein nachziehend lief ich weiter. Die Gewissheit immernoch in die Falsche Richtung zu laufen und das ganze Stück später wieder zurücklaufen zu müssen, vervollständigte meine düstere Stimmung. Wenigstens konnte ich trotz enormer Wachsamkeit kein Anzeichen der Twinkikis entdecken, jedoch stimmte mich dies eher misstrauisch als zuversichtlich. Ich war mir sicher, dass die Twinkikis mich nicht so einfach entkommen lassen würden.
Am frühen Abend hörte ich sie schließlich. Nachdem ich einen kleinen Felsen hochgeklettert war, konnte ich sie auch sehen. Aufgrund der kommenden Dunkelheit mit Fackeln bewaffnet streiften bestimmt 15 Männer durch die Ebene mit hohem Gras unter mir. Ich beobachtete sie eine Weile, bis ich mir sicher war, dass sie scheinbar keine Spur von mir gefunden hatten. Dann ließ ich mich auf dem Felsen, der zur großen Felswand hin abfiel, nach hinten rutschen und fand einen halbwegs bequemen Fleck an der Felswand. Durch den kleinen Felsen vor mir und die großen Bäume rechts und Links von mir, die mir den Aufstieg erleichtert hatten, vor Blicken geschützt, rollte ich mich zusammen und versuchte mich auszuruhen. Die Angst entdeckt zu werden saß tief und hielt mich vom Schlafen ab obwohl ich mir sagte, dass ich nichts besseres tun konnte, als mich zu verstecken. Wenn sie mich finden sollten würden sie das ob ich nun schlief oder nicht. Die Nacht war schon weit fortgeschritten, als mich der Schlaf endlich einholte.
Am nächsten Morgen machte ich mich erneut auf den Weg, wieder dicht an der Felswand entlang. Begleitet wurde ich von den Rufen der Suchmannschaft, die jedoch heute deutlich weiter weg war, was einen winzigen Funken Hoffnung in mir aufglühen ließ. Tief in Gedanken versunken stapfte ich voran. Bis mich um die Mittagszeit herum ein leises Geräusch aufhorchen ließ. Ich blieb stehen und lauschte intensiv. Nein, ich hatte mich nicht verhört. Das war ein Plätschern, was ich hörte. Zwar noch weit weg, aber die Hoffnung auf Wasser ließ mich fast über den Boden fliegen. Selbst mein verletztes Bein schien vergessen.
Endlich erreichte ich das kleine Rinnsal, was die Felsen hinunterlief. Ich hielt meine Hände zur Schüssel geformt an den Felsen und schöpfte Wasser, immer wieder, bis sich mein Durst vorerst gelegt hatte. Dann suchte ich mir einen Platz, setzte mich und betrachtete mein immer noch eingewickeltes verletztes Bein. Die Binden starrten nur so vor Schmutz und Blut. Ich betete, dass die Wunde sich nicht entzünden würde. Doch so unbehandelt nach über einem Tag mit Staub und Schmutz, machte ich mir da wenig Hoffnungen. Vorsichtig löste ich die vier Binden von meinem Bein und besah mir die Wunde zum ersten Mal bei Tageslicht. Der Zweig hatte eine etwa zwei Hand große Schramme, senkrecht mein Bein hinunter bis fast zum Fußgelenk, hinterlassen. Zusätzlich kamen noch ein paar kleine Kratzer dazu und gereizte Haut. Letzteres konnte ich vorerst ignorieren. Mit dem Wasser wusch ich erst die Binden so gut es ging aus und säuberte dann mit einer Binde mein Bein und die Wunde so weit ich es mich traute. Die Wunde fing wieder leicht an zu bluten, was ich jedoch als gutes Zeichen sah, da sie sich dadurch reinigte. Mit den feuchten und sauberen Binden verband ich mir das Bein erneut und lehnte mich ein wenig erleichterter gegen einen Stein. Ich trank noch etwas Wasser, dann machte ich mich wieder auf den Weg.
Jetzt wo ich Wasser gefunden hatte, konnte ich mir ein gutes Versteck suchen und abwarten, bis die Twinkikis nicht mehr nach mir suchen würden. Am Abend hatte ich einen geeigneten Platz gefunden. Durch kleine Felsen und einen riesigen Baum zu allen Seiten hin abgeschirmt und einigermaßen bequem. Obwohl meine Definition von „bequem“ inzwischen ein einfacher, ebener Untergrund war. Mein Versteck war schwer zu erreichen und ich zerkratzte mir leicht die Arme, als ich zum ersten Mal hinaufkletterte. Mit einem großen Stein machte ich mir den Aufstieg angenehmer und schlief diesmal einigermaßen schnell ein.
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Sintalis - Weiße Rose
Historical FictionSiela lebt im Clan der Malos bei ihren Adoptiveltern, dem Clanoberhaupt Nossan und seiner Frau Ais. Scheinbar unüberwindbare Hindernisse trennen sie von der Welt ihres Adoptivclans und machen ihr das Leben schwer: Vorurteile, Mistrauen und Verschwör...