Die Götterwelt

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Die Verhandlungen zogen sich lange hin, wurden dann jedoch zur Zufriedenheit beider Parteien abgeschlossen. Der verpasste Schlaf der Nacht wurde unter dem Schutz der Wachen des Belaura-Clans nachgeholt und erneut ging es auf unsere Wanderung durch das Reich der Clans. Der Erfolg, dass Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen wurden wurden mir sehr hoch angerechnet und es bestand noch mehr Interesse an meinem allabendlichen Unterricht. Durch die neusten Erfahrungen mit dem Belaura-Clan wollte besonders Adriana etwas über die Götterwelt der Clans erfahren. So begann ich die Götterwelt zu erklären, ähnlich wie es mir mit dem Glauben der Forscher ging, wurden meine Erzählungen mit wenig Verständnis aufgenommen, jedoch je länger ich redete, desto mehr schienen sie sich in die Welt hineindenken zu können und zeigten eine gewisse Neugier.

"Sangol ist unser oberster Gott, er ist gewissermaßen der Beginn allen Seins. Durch seine Kinder Sona, Moan und Banos hat die Welt, wie wir sie kennen Gestalt angenommen. Sona ist die Göttin der Sonne und der Ursprung allen Lebens hier auf der Erde. Moan ist der Gott des Mondes, der Klarheit und des Wissens. Er erschuf den Menschen und gab ihm einen Verstand. Banos ist der Gott des Todes, denn ohne den Tod kann kein Leben existieren. Diese vier Götter sind unsere Hauptgötter und jeder Clan verehrt sie gleichermaßen. Jeder Clan hat jedoch so etwas wie einen Lieblingsgott, ein Gott, nach dem das Leben im Clan hauptsächlich ausgerichtet ist. Der Belaura-Clan verehrt beispielsweise Moan mehr als die anderen Götter. Der Lieblingsgott muss nicht unbedingt einer der Hauptgötter sein. Der Clan, der mich aufzog, verehrte zum Beispiel die Göttin Sinta mehr als die anderen Götter.

Sinta ist die Tochter von Sona und die Göttin der Reinheit, der Blumen und der Heilung. Sie erschuf eine Blume aus der ihre Tochter Assoluma schlüpfte. Sie ist die Göttin der Fruchtbarkeit und die Schutzgöttin der Liebenden. Der Gott Moan hat zwei Söhne, den Gott Dormas, den Gott des Schlafes, der Ruhe und der Besinnlichkeit und den Gott Estanis, den Gott der Jahreszeiten, des Wechsels und der Veränderung. Der Sohn von Banos ist der Gott Kamar, der Wächter über das Reich der Toten, der den Seelen der Menschen den Übergang erleichtert. Kamar und Sinta haben gemeinsam die Tochter Wynra, die Göttin der Verführung, der Hinterlist und der Intrige. Wynras Halbschwester Assoluma hat zusammen mit Estanis die Kinder Hetava und Leiku. Hetava ist die Göttin des Reichtums, der Begierde und des Verlangens. Leiku ist der Gott der Tiere und der Reisenden. Leiku und Wynra haben zusammen Syra, die Göttin der Schlangen, der Lüge und des Verrates bekommen. Syra ist die Frau von Tamis. Tamis ist der Sohn von Estanis und der Gott des Sturmes, der Wut und der Unberechenbarkeit. Syra ist die einzige, die ihn beruhigen kann und seine Stürme, die er über das Land jagt abmildern kann.

Syra und Tamis haben zusammen einen Sohn Luktis, den Gott des Kampfes, des Krieges, der Zerstörung. Luktis ist eine Verbindung mit Hetava eingegangen, die Götter, die aus dieser Verbindung entstanden sind, werden nur die dunklen Götter genannt. Da aus einer Verbindung aus Zerstörung und der Begierde nichts Gutes hervorkommen kann, ist es verboten in den Clans die Kinder dieser beiden Götter anzubeten. Über die Generationen ist das Wissen über die Namen und die Anzahl der dunklen Götter verloren gegangen. Sie wurden also buchstäblich aus dem Wissen der Menschen gelöscht und dienen heute hauptsächlich zur Abschreckung von Kindern, nach dem Motto: 'Wenn du nicht brav bist, dann kommen die dunklen Götter und holen dich.'"

Als ich mit meiner Erzählung geendet hatte, sah ich in verständislose Gesichter. "Also, welcher Gott war jetzt mit wem zusammen? Und warum gibt es Kinder ohne ein zweites Elternteil? Sind die alle aus Blumen geschlüpft?" Ich lachte angesichts der Handbewegungen, die Iker machte um seine Verständnislosigkeit auszudrücken. "Wartet, ich zeichne euch das auf." sagte ich und begann mit einem Stock in den Boden zu ritzen. Alle beugten sich näher zu mir, um mitzuverfolgen, was ich zeichnete. Als ich geendet hatte saßen sie noch eine Weile vor der Zeichnung und versuchten sie zu verstehen. "Und was deine zweite Frage angeht. Auch da ist die Überlieferung fast verloren. Unsere Ältesten haben immer gemeint, dass Sangol sich die Kinder erschaffen konnte, da er ja Herr allen Seins ist und dass die anderen Götter eine Liebschaft mit sterblichen eingegangen sind, woraus dann die Götter und Göttinnen entstanden. Ihr müsst bedenken, dass die Clans keine Schrift besitzen, um unser Wissen weiterzugeben bleiben uns nur Geschichten, die über Generationen weitererzählt werden und je nach der Erinnerung des Erzählers jedesmal minimal bis sehr verändert werden. Üblicherweise ist die genaue Verbindung zwischen den Göttern nicht so wichtig, man betet eben jenen Gott an, der für das Gewünschte zuständig ist oder bei dem man sich für etwas bedanken möchte, was er oder sie verrichtet hat."

In der Runde begannen allmählich Köpfe zu nicken und langsam hielt Verständis Einzug in die Gesichter. "Dann können wir also Leiku für unsere sichere Reise danken und um weitere Unterstützung bitten. Wen würde man für die guten Verhandlungen danken?" fragte Andrés. Ich nickte und antwortete: "Man könnte Moan für die Weisheit des Belaura-Clans und Dormas für den reibungslosen und ruhigen Verlauf danken."
Ich blickte in immer mehr nickende Gesichter und sah wie sie anhand meiner Skizze selbst Überlegungen anstellten wen man für welches Unterfangen bitten oder danken müsste. Sie stellten auch noch einige Fragen, ob ihre Konstellationen so richtig waren. Ich versuchte ihnen klar zu machen, dass wenn sie es für richtig hielten, dann war es auch richtig, denn es gab keine Regel, welche Götter man wann anbeten musste. Der Abend verging und nachdem man die Götter-Welt begriffen hatte wurden Vergleiche zu Götter-Welten von Ländern angestellt, von denen ich noch nichts gehört hatte und von denen ich auch kein Wort verstand. Noch müde von den Verhandlungen und dem Unterricht schlief ich schnell ein, während die Diskussionen noch weiterliefen.

 Noch müde von den Verhandlungen und dem Unterricht schlief ich schnell ein, während die Diskussionen noch weiterliefen

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