Von Tanz und Liebe

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Ein Hauch wehte und schon flog es, unscheinbar und doch so schön in der Eleganz, mit der es mit dem Wind tanzte. Wie gegensätzlich können zwei Dinge sein? Das Blatt, dünn und leicht, die Fläche perfekt zum Fliegen, so grün, wunderbar grün. Dünne Äderchen ziehen sich durch die den filigranen Körper, bereit den Saft des Lebens zu führen, süß und erdig zugleich. Freude an der Existenz scheint aus dem winzigen Lindenblatt zu quellen, fröhlich und doch schwermütig, wundersam in seiner Melancholie. Zwei Seiten zeigen sich; die, die es gerne nach außen hinzeigte, leuchtend, stark und fröhlich. Dann die Unterseite, blass und verletzlich jedoch so gefühlvoll, wie es die Oberseite nicht zu sein vermag. Das eine kann ohne das andere nicht leben, keiner kann die Komplexität seiner Existenz anhand einer Seite begreifen.

Dagegen der Wind; so frei, so wild, kreativ. Er wirkt gnadenlos doch kann er ebenso zärtlich sein, ein Gesandter Gottes. Verwandt mit Erde, Wasser und Feuer trägt er von ihnen allen Zeichen, die edlen Züge geprägt. So vielseitig, so wandelbar und doch einzigartig, seiner selbst treu. Es ist nicht zu übersehen, dass es die Wiedergeburt eines Königs sein muss, eines wahren Herrschers, der zwar hart aber gerecht war, edel in der Gesinnung, hoch von Geburt. Noch immer trägt der Wind eine Krone, kannst du sie sehen? Er ist ohne übertriebenen Stolz, er muss nicht prahlen mit seiner hohen Abkunft.

So erfasste der eine den anderen, Hand in Hand tanzten sie umeinander. Das Blatt sank Richtung Boden, wurde von neuem ergriffen und hochgewirbelt, umschlungen wie Liebende sind sie.

Niemand ist perfekt. Das Blatt, an mancher Stelle braun verdorrt, der Wind manchmal zu grob und gedankenlos. Doch vereint sieht man es ihnen nicht an, zusammen ergänzen sie sich füllen die Lücken ihrer Existenz restlos auf, verbinden sich zu einem Ganzen wie eine Kugel aus reinem Glas, klar und ohne Sprung. Zuerst noch zögern sie in scheinbarer Zurückhaltung doch bald schon bewegen sie sich in Zärtlichkeit umeinander, die Blicke verschränkt.

Bald wird der Orkan das Blatt nicht mehr tragen können. Es wird zu Boden stürzen, des Fliegens nicht fähig.

Irgendwann wird der Wind seine Bestimmung finden. Irgendwann wird er sich in seiner Freiheit zähmen lassen, wird ein glückliches Leben führen, der Stern im Leben eines anderen.

Und das kleine Lindenblatt trudelte gen Boden, zu Seinesgleichen, unfähig den Wind bei sich zu halten.

Silence says a lot more than you thinkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt