Kapitel 4 - Vergangenheit

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Einige Zeit später sitzen wir in der Küche. Cecilia bereitet uns Tee zu, dieser würde unsere Nerven beruhigen, meint sie. Dabei merkt man, dass sie es nur macht, weil sie ihre wirren Gedanken ordnen möchte und solche Tätigkeiten ihr dabei helfen. Na ja... meistens. Jetzt hat sie eher Probleme damit, was aber wohl daran liegt, dass das Geschehene nicht so einfach zu verstehen ist, jedenfalls nicht, wenn man solche Dinge eher als Phantasie abgestempelt hat. Nun zu erfahren, dass Vampire wirklich existieren, fällt Manchen nicht einfach. Sie gehört wohl dazu.

Milos, der wieder neben mir sitzt, ist eher ruhig, allerdings in Gedanken versunken. Wie er das alles auffasst weiß ich nicht. Es ist mir immer noch nicht möglich seine Gedanken zu lesen. Was mich nun doch etwas ärgert. Wie soll ich denn wissen, was ich jetzt machen soll? Kann ich ihn einfach darauf ansprechen? Sollte ich warten, bis er anfängt mir Fragen zu stellen? Oder ist es ihm lieber, wenn wir das Thema totschweigen? Verdammt!

Die Großmutter der Beiden ist mir auch keine Hilfe. Sie verflucht mich die ganze Zeit in Gedanken und gibt mir die Schuld an dem Geschehenen. Da frag ich mich doch, wieso sie überhaupt meinte, dass ich mit rein kommen soll. Wenn sie mich gedanklich schon zum Teufel wünscht. Da hätte ich auch gut nach Hause fahren können und müsste nicht hier sitzen, obwohl ich deutlich spüre, dass ich unerwünscht bin.

Gerade als Cecilia die Tassen gefüllt mit Tee vor uns auf den Tisch stellt, ergreift die ältere Frau das Wort: "Wir hatten so lange unsere Ruhe vor eurer Rasse und nun bringt ihr das Unheil wieder hier her. Wieso musstet ihr in unsere Kleinstadt kommen und euch hier niederlassen?"

"Es war nicht unsere Absicht, hier Unheil anzurichten. Wie ihnen bekannt ist, können wir aus bestimmten Gründen nicht ewig an einem Ort bleiben und müssen nach einigen Jahren immer wieder neu umziehen. Allerdings hält sich mein Clan und auch meine Gruppe, mit der ich unterwegs bin, an die Gesetze. Wir möchten nur friedlich neben den Menschen leben und ihnen keinen Schaden zufügen.", erkläre ich ihr ehrlich, während ich ihr in die Augen sehe. Sie soll wissen, dass ich meine Worte ernst meine.

"Anscheinend sieht dieses Vampirmädchen es wohl nicht so.", kontert sie sofort. Sie vertraut mir nicht. Aber warum sollte sie auch?

Seufzend schließe ich kurz die Augen, ehe ich die ältere Frau wieder ansehe. "Ja. Aber sie gehört auch nicht zu unserem Clan." Obwohl meine Stimme ruhig klingt, bin ich es innerlich nicht. Ich kann es einfach nicht glauben, dass sie überlebt hat und nun wieder mein Leben durcheinander bringt.

"Und dennoch meint sie, dass ihr zusammen gehört.", bringt sie gleich als Gegenargument.

"Und das obwohl du versucht hast, sie zu töten.", kommt es von Milos, was mich sogleich zu ihm schauen lässt. Seine Stimme klingt hart und sein Blick ist undurchdringlich. Nicht mal in diesem kann ich lesen, was er wohl gerade denkt oder fühlt. Es ist, als ob er eine unsichtbare Mauer zwischen uns aufgebaut hat. Weswegen ich einen Moment zögere, ehe ich antworte: "Ja. Ich habe mit ihr einen Fehler gemacht und musste diesen korrigieren."

"Einen Fehler? Und diesen korrigierst du, in dem du Jemanden tötest?", nun klingt er doch leicht aufgebracht. Was ich ihm nicht verübeln kann. Dennoch schmerzt es mich, dass er mich mit diesen Worten anklagt und sich mental weiter von mir entfernt. Seufzend schließe ich kurz meine Augen, wende dann meinen Blick von ihm ab und richte diesen auf die Tischplatte vor mir, wo immer noch die Tasse Tee steht. In Gedanken gehe ich dabei zurück, zu einer längst vergangenen Zeit.

"Im Jahre 1701. Es war gerade Frühling, als Luciano und ich uns entschieden mit einem kleinen Schiff zu verreisen. Damals gab es noch nicht diese riesigen Dampfer Schiffe, wie heute. Sondern eher Kleinere oder besser gesagt große Boote, die sich mit Hilfe von Segeln fort bewegten. Jedenfalls suchten Luciano und ich uns ein Kleineres aus, wo neben uns noch 12 weitere Passagiere und 11 Besatzungsmitglieder mitreisten. Die 12 Passagiere bestanden aus zwei Familien, eine bestehend aus 4 Personen und eine aus 5 Personen, ein älteres Ehepaar und einen allein reisenden Mann. Amia gehörte zu der 4 köpfigen Familie, sie war die jüngste Tochter eines reichen Kaufmannes und seiner Frau und hatte noch eine dreijährige ältere Schwester. Unser Schiff lief damals in Spanien aus und sollte ca. 20 Tage später in England wieder anlegen. Wir wollten damit umgehen, durch Frankreich reisen zu müssen. Da wir nur so wenig Passagiere waren, kamen wir sehr oft ins Gespräch und lernten uns etwas kennen. Dabei bemerkte ich, dass Amia mir wohl sehr angetan war und immer öfters meine Nähe suchte. Anfangs habe ich noch versucht, sie auf Abstand zu halten. Doch nach sechs Tagen, gab ich es dann auf. Ich mochte sie immerhin auch und genoss es, sie in meiner Nähe zu haben. Dennoch ließ ich sie nie zu nah an mich heran, weil ich nicht wollte, dass sie merkt, dass ich kein Mensch bin. Immerhin konnte ich nicht voraussehen, wie sie es aufnimmt und solange wir auf dem Boot waren, wollte ich nichts riskieren. Eine Massenpanik auf so engem Raum geht nun mal nie gut. Ich entschied für mich, zu warten bis wir wieder am Land sind, dort den Kontakt zu ihr noch eine Weile aufrecht zu erhalten und sie dann einzuweihen, wenn wir Beide eine Beziehung gewollt hätten. Doch dazu kam es nicht mehr.", ich mache eine kleine Pause, in der ich meine Gedanken und Erinnerungen sortiere, ehe ich mit meiner Geschichte fort fahre.

Vampirherz - SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt