In meinem Zimmer angekommen, packt Milos seine Sachen zusammen, während ich unschlüssig bei der geschlossenen Tür stehen bleibe. Die ganze Zeit über schweigen wir. Ich wüsste auch gar nicht, ob ich etwas sagen, beziehungsweise was ich sagen sollte. Nicht nach dem eben geführten Gespräch. Dabei fühlt sich diese Stille zwischen uns so unangenehm an. Als ob etwas zwischen uns ist, worüber wir reden sollten, nur keiner weiß, wie er anfangen soll.
Seit wir im Zimmer sind, beobachte ich ihn bei dem, was er tut, doch nun wende ich seufzend meinen Blick von ihm ab. Irgendwas muss ich doch sagen. Wir können uns doch jetzt nicht die ganze Zeit anschweigen, nur weil das letzte Gespräch nicht gerade angenehm war.
"Darius?", höre ich meinen Namen von Milos und sehe nun wieder zu ihm. Er sitzt nun auf meinem Bett, lässt seine Beine von der Kante baumeln und sieht mich fragend an.
"Ja?"
"Ich... Es ist... Ich meine...", mit einem Seufzen unterbricht er sich selbst, holt dann einmal tief Luft und redet weiter: "Du sollst wissen, dass ich dich nicht verurteile. Wegen dem, was du früher mal getan hast. Es waren halt andere Zeiten. Und auch wenn ich es nicht verstehen kann, wie du so handeln konntest, weiß ich, dass du so gehandelt hast, wie es in der Zeit richtig war."
Einen Moment brauche ich, seine Worte zu begreifen, zu verstehen, dass er dies wirklich gesagt hat. Und es erleichtert mich. Das heißt doch, dass er mich nicht hasst, für meine Taten.
Da ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll, nicke ich einfach nur. Auch Milos nickt, so als ob er sich selbst etwas bestätigen will oder einfach, weil ich es getan hab und er keine andere Reaktion darauf weiß. Da ich selber immer noch nicht weiß, was ich sagen soll, stehe ich nur schweigend vor der Tür. Mein Blick ruht allerdings weiterhin auf Milos, der ebenfalls schweigend auf meinem Bett sitzt. Seine Augen fixieren das Laminat auf meinem Fußboden und leicht unsicher, aber auch nachdenklich beißt er sich auf die Unterlippe.
Worüber er wohl nachdenkt?
Um das herauszufinden, bin ich schon fast bereit, einen von den Anderen her zu holen, damit sie seine Gedanken lesen und es mir sagen. Nur bezweifele ich, dass Milos das gefallen würde.
Seufzend wende ich meinen Blick von ihm ab und sehe mich unschlüssig, was ich jetzt tun oder sagen soll, in meinem Zimmer um. Dabei spüre ich den Blick meines Klassenkameraden auf mir, der wohl immer noch mit sich hadert, ob er sein Anliegen vorbringen soll oder nicht.
"Milos.", spreche ich ihn nun doch an, sehe dabei auch wieder zu ihm, in seine eisblauen Augen. "Es wäre schön, wenn du einfach sagen würdest, was dir durch den Kopf geht. Ich kann schließlich nicht deine Gedanken lesen. Auch wenn es die anderen anscheinend können..." Den letzten Satz sage ich nur leise, dennoch scheint Milos ihn verstanden zu haben, da sich seine Augen weiten.
"Was?", fragt er er leicht geschockt und auch etwas sauer. Warum musste ich dies auch sagen? Sicher denkt er jetzt, dass die Anderen die ganze Zeit über, als sie in seiner Nähe waren, seine Gedanken gelesen haben. Was aber sicher nicht stimmt. Auch wenn ich es nicht ausschließen kann...
"Ich weiß von Toni und Evelyn, dass sie das können. Sie haben es mir über Gedanken mitgeteilt.", meine ich schulterzuckend, so als sei nichts dabei. Da Milos mich allerdings weiterhin unzufrieden ansieht, füge ich noch hinzu: "Allerdings haben sie mir deine Gedanken nicht verraten. Außerdem war es auch nur als Test, um zu sehen, ob sie es können." Letzteres stimmt zwar nicht ganz, aber es scheint ihn milde zu stimmen, da er leicht nickt.
"Verstehe. Aber was bringt dir das Wissen, ob nur du meine Gedanken nicht lesen kannst?", möchte er dann wissen.
"Eigentlich gar nichts. Da es so scheint, als ob es wirklich an mir liegt, bin ich eher noch ratloser, als zuvor. Es gibt zwar Vampire, die Schwierigkeiten haben, die Gedanken von manchen Menschen zu lesen, meistens schaffen sie es nur, wenn sie diesen erst beißen. Doch zu denen gehöre ich eigentlich nicht. Schon weil es bei mir auch eher anders ist. Aber das hab ich ja schon erklärt. Deswegen ergibt es für mich einfach keinen Sinn."
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Vampirherz - Schicksal
VampireEigentlich ist mein Leben nicht gerade aufregend und dass wo ich schon seit 660 Jahren ein Vampir bin. Sicher hab ich in dieser langen Zeit einiges erlebt, aber nichts, was mich jetzt so sehr aus der Bahn geworfen hätte. Bis auf eine Sache und diese...