Kapitel 1

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Kapitel 1:        Jenny:
“Was hast du jetzt vor Jenny?” fragte mich Samantha neugierig.
Kim, Jessie sowie Samantha und ich sitzen gerade in unserem Lieblingscafé und trinken Kaffee. Vor nichtmal einer Stunde habe ich meine Ausbildung zur Erzieherin endgültig abgebrochen, da ich gemerkt habe, dass es einfach nicht der richtige Beruf für mich ist. Die Ausbildung hatte ich angefangen, weil mir mein freiwilliges soziales Jahr nach dem Abitur im Kindergarten so gut gefallen hat. Meine Mum meinte dazu, es wäre ein schöner Beruf für mich. Und jetzt stand ich da und wusste nicht, was ich machen soll. Ich machte mir seit Tagen Gedanken, wie es jetzt weiter gehen soll. Die Mädels hatten ein paar Ideen für mich, als ich mich wieder an etwas erinnerte. “Als kleines Mädchen habe ich davon geträumt, einmal die ganze Welt zu sehen. Vielleicht ist das ein Zeichen, dass ich es jetzt endlich machen soll. Ich brauche einfach noch Zeit um mir wirklich sicher zu sein, was ich machen will. Bis dahin …. ist alles möglich.” 
Ich habe schon lange den Wunsch von zuhause auszuziehen, doch aus irgendeinem Grund tue ich es nicht. Meine Mum und ich kriegen uns immer wieder in die Haare wegen Kleinigkeiten und ich möchte mir meinen eigenen kleinen Raum zaubern, wo ich mich wohlfühle, da ich das bei uns nicht mehr ganz tue seit mein Bruder Alex ausgezogen ist. 
Sie ist sehr sensibel und hängt an uns, doch dies trägt oft zu Streitigkeiten zwischen uns bei. So war es auch gut, dass Alex ausgezogen ist.      
Seitdem ist es zuhause viel ruhiger geworden und es gibt weniger Streit. Sie ist bei mir immer noch sehr vorsichtig und erlaubt mir sehr vieles nicht, obwohl ich schon mehr als volljährig bin. Aber ja, sie ist eben ein sehr emotionaler Mensch.
Als kleines Kind hat sie sich sehr um mich gekümmert und auf mich aufgepasst, da sonst etwas passieren hätte können. Aber jetzt ist das alles nicht mehr nötig. Schließlich bin ich schon 21 Jahre alt, bin kerngesund und quicklebendig.
Wir haben gerade Mitte Februar und es ist noch ziemlich kalt draußen. “Okay genug jetzt. Was machen wir denn am Wochenende? Habt ihr schon eine Idee, was wir machen könnten?“, holt mich Kim aus meinen Gedanken. Ich lächle sie an, sie weiß genau, woran ich gerade gedacht habe. Kim und ich kennen uns schon seit ich auf die Realschule gekommen bin. Bevor ich Kim kennenlernte, hatte mich meine damals beste Freundin Julia verlassen müssen, da sie mit ihrer Familie nach England ausgewandert ist. Ihr Vater hatte ein Jobangebot von seiner Firma bekommen. Wir hatten noch ein paar Mal Kontakt bis er dann durch die Entfernung abgebrochen ist. Von da an wurden Kim und ich zu besten Freundinnen. Wir waren ein eingespieltes Team. Sie war für mich da und ich für sie. Wir mussten uns nur ansehen und wussten automatisch, was der andere denkt.
“Wie wärs mit einem Mädelstag also shoppen, kochen, Filmnacht und übernachten?“, schlägt Jessie lächelnd vor. Grinsend nicken wir alle und quatschen über alte Zeiten und unsere neusten Erlebnisse der letzten Tage. Ich liebe meine Mädels so sehr, obwohl wir uns noch nicht so lange kennen.
“Was, ist es schon so spät? Ich hab noch eine Verabredung, oh nein“, schreit Sammy schon fast. Wir haben einmal wieder total die Zeit vergessen und es ist schon fünf Uhr abends. Lachend bezahlen wir alle noch schnell unsere Getränke und Kuchen, bevor wir das Café verlassen. Es folgt eine übliche Gruppenumarmung bevor sich jede in ihre Richtung dreht. Dann rufen wir uns alle ein „Bis bald“ zu. Auf dem Weg setze ich mir meine Kopfhörer auf und mache Musik an. Die ersten Töne von "Musik sein" von dem Sänger Wincent Weiss ertönen und sofort breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Ich höre ab und zu seine Songs und kenne ihn auch schon seit seinem Anfang mit eben diesem Lied. Die Texte zusammen mit der Musik sind einfach schön, emotional und dann noch seine einzigartige Stimmfarbe.
Als ich nach einer halben Stunde zuhause ankomme und die Tür mit meinem Schlüssel aufschließe, rufe ich lächelnd: ”Ich bin wieder da” ins Haus. Ich wohne noch zuhause bei meinen Eltern, da es bisher noch keine Gelegenheit gab auszuziehen, weil es sonst nur unnötige Kosten gewesen wären und ich leider noch kein eigenes Geld verdiene. Nachdem ich lange nichts höre, bin ich wohl alleine. Ich ziehe meine Jacke aus und hänge sie an unsere Garderobe. Meine Schuhe kicke ich zu den anderen und laufe in die Küche.
Auf dem Esstisch finde ich einen Zettel. “Sind bei Freunden zum Essen eingeladen. Auf dem Tisch liegt Geld, damit du dir was zu essen bestellen kannst.”
Da ich noch kein Hunger habe, greife ich mir erstmal nur eine Flasche Wasser mit einem Glas und laufe damit in mein Zimmer. Ich setze mich mit meinem Laptop auf mein Bett und suche nach ein paar guten und nahen Jobs, die ich mit dem Bus erreiche oder mit dem Fahrrad. Bei den guten Jobs schreibe ich sofort eine Bewerbung und schicke sie daraufhin per Mail weg. Plötzlich klingelt mein Handy und ich erschrecke fast zu Tode. Es ist Kim. Mit leichtem Herzklopfen gehe ich dran. “Kim, was gibts?”, lächle ich leicht und warte ihre Antwort ab. "Hey, ich wollte dich nur nochmal fragen wie es dir geht. Gerade heute nachdem was passiert ist. Wie fühlst du dich?", kommt sofort ihre Antwort. Ich weiß worauf sie hinaus will und zögere etwas mit meiner Antwort. "Naja, es war ziemlich viel, aber es war gut so. Es tut schon weh, weil es auf jeden Fall ein sehr schöner Beruf ist und ich liebe Kinder wie du weißt." Sie schweigt. Kurz muss ich schlucken, weil ich wieder an den Moment von heute Morgen denke, wo ich das Kapitel Erzieher endgültig beendet hab. "Kim bist du noch da?", frage ich nach einer Weile, weil es immer noch still, am anderen Ende der Leitung, ist. "Jaja ich bin noch da…. Du weißt, dass wenn was ist, kannst du immer mit mir reden, ja? Zu jeder Tages- oder Nachtzeit. Egal wann, ich bin immer für dich da.", spricht sie dann endlich und ich versuche nicht in Tränen auszubrechen, bei ihren Worten. Bei der Intensität ihrer Worte wusste ich, ich konnte immer auf sie zählen. "Danke Kim, du weißt, dass das gleiche bei mir gilt, ja? Und jetzt bitte anderes Thema sonst muss ich noch heulen.", kriege ich stockend raus und muss am Ende fasst lachen. Kim muss auch lachen und dann reden wir noch über unsere Pläne die nächsten Tage und machen am Schluss noch einen Tag zum Shoppen aus. "Tschau Kim, bis Samstag. Wir hören uns. Bis dann.", verabschiede ich mich lachend von Kim und lege auf.
Als ich mein Handy auf meinen Nachttisch lege, erblicke ich meinen Wecker und erstarre: “ Was, schon so spät?!” Wir haben schon 20:30 Uhr. Mann wie schnell kann denn bitte die Zeit vergehen?! Jetzt merke ich auch erst, dass mein Magen knurrt. Schnell entschlossen stehe ich auf und hole mir den Flyer meiner Lieblingspizzeria raus und bestelle mein altbekanntes Menü. In der Zeit mache ich mein Zimmer kinoabend tauglich und scrolle dann bis der Pizzabote klingelt noch durch Instagram. Grinsend springe ich die Treppe runter und öffne ziemlich euphorisch die Tür. "Guten Abend, ihre Bestellung", begrüßt der Pizzabote mich. Ich nehme ihm die Pizza ab und frage ihn, wie viel er bekommt. "Das macht 5,50€". "Einen Moment, ich hole schnell das Geld.", sage ich zu ihm und laufe in die Küche, um das Geld vom Tisch zu nehmen. Damit geh ich wieder an die Tür und gebe es ihm. Ein bisschen Trinkgeld gebe ich ihm auch noch und dann schließe ich die Tür. Mit meiner Pizza begebe ich mich in mein Zimmer und schalte dann den Fernseher an. Genüsslich schaue ich meine Lieblingsserie "Gilmore Girls" auf Netflix weiter während ich die Pizza esse. Dabei bekomme ich ab und zu einen Lachflash, weil es einfach zu komisch ist.
In meinen Träumen wünsche ich mir so eine Beziehung mit meiner Mama wie diese zwei, aber darauf kann ich lange warten.
Gegen Mitternacht schlafe ich müde und erschöpft ein.

Was machst du nur mit mir? - WW FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt