Kapitel 23

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Wincent:
Jetzt stehe ich wirklich hier vor ihrer Haustür! Ich hab extra noch alles mit den Jungs geregelt, da wir eigentlich geplant hatten, vorgestern mit den Proben für die Sommershows anzufangen, aber konnte sie  dann doch noch umstimmen, dass wir einfach ne kurze Pause einlegen. Zudem habe ich gestern mein Motorrad abgeholt, weshalb ich dachte, ich fahre sie mit dem Motorrad zum Flughafen. Ob ich dabei einen Hintergedanken hatte, weil sie sich an mir festhalten muss, bleibt wohl ein Geheimnis. Nachdem ich geklingelt habe, höre ich Schritte und erkenne sie, als sie die Tür einen Spalt breit geöffnet hat. "Wincent!", höre ich sie überrascht seufzen und sehe ein kleines Lächeln in ihrem Gesicht. Ich wollte ihr einfach zeigen, dass ich sie bei allem, was sie tut, unterstütze, auch wenn ich sie jetzt länger nicht sehen werde. “Hey Jenny! Ich dachte, ich überrasche dich und fahre dich zum Flughafen.", grinse ich sie ebenfalls an und hoffe, dass meine Überraschung auch gelungen ist. In ihrem Gesicht zeigt sich ihre Begeisterung, was sie mir auch sagt: “Die Überraschung ist dir definitiv gelungen, ey. Ich fahre voll gern mit dir mit, wenn du noch nen zweiten Helm für mich hast.” Während sie spricht, rutscht mein Blick zur Seite, als ich spüre, dass wir beobachtet werden. Überrascht erkenne ich einen Typ, ungefähr so groß wie ich, der lässig am Türrahmen steht und uns etwas kritisch anschaut. Jenny muss wohl meinen fragenden Blick gesehen haben und antwortet mir auf meine unausgesprochene Frage mit: “Ähm Winnie… das ist mein großer Bruder Alex. Der hatte die gleiche Idee wie du.” Wow. Damit hab ich ja mal gar nicht gerechnet. Sie hat mir schon öfter von ihm erzählt, nur war ich jetzt definitiv nicht darauf vorbereitet auf ihn zu treffen. Naja, so wie sie ihn mir beschrieben hat, ist er der typische große Bruder, der seine kleine Schwester beschützt. Da muss ich jetzt wohl oder übel durch. Die zwei hatten eine innige Beziehung und sie konnte immer auf ihn zählen. Als mein Blick wieder zu ihr ging, fragte sie: “Willst du vielleicht erstmal reinkommen?" Sie machte mir auch gleich darauf Platz, damit ich ins Haus gehen konnte. Ich versuche so selbstbewusst, wie es nur geht zu sein, aber ich bin doch etwas nervös. An der Küchentür angekommen, bleiben wir stehen, worauf sie uns beide einander vorstellt. Ich sehe, dass sie etwas angespannt ist und lass dann meinen Blick zu ihrem Bruder gleiten. Er lächelt mich an und reicht mir die Hand. Er hat doch einen ganz festen Händedruck. “Und was führt dich hierher?”, fragt er mit einem Ton, der mich unsicher macht. In seinem Blick seh ich, dass sie ihm wohl nicht alles von uns erzählt hat, ich ihr aber wohl viel bedeute. Noch etwas unsicher antworte ich darauf: “Ich wollte Jenny an den Flughafen begleiten.” Kurz darauf spüre ich ihre Hand an meiner, wie sie unsere Hände miteinander verschränkt, was mich beruhigt. Nur löst diese kleine Geste von ihr auch das Kribbeln im Bauch aus. “Ja, er ist mit seinem Motorrad da und ich würde total gern mit ihm mit fahren. Nur ist das mit den Koffern ein Problem. Könntest du bitte meine Koffer hin fahren? Ich weiß, du hast dir das alles anders gedacht, aber .. bitte”, fleht sie ihren Bruder an, während ich still neben ihr stehe, immer noch ihre Hand haltend. Ich bemerke, wie er unsere verschränkten Hände sieht und besorgt zu ihr schaut. “Können wir kurz reden… unter vier Augen?”, fragt er sie mit einem Ton, der keine Diskussion erlaubt. “Sind gleich wieder da..”, flüstert sie und löst ihre Hand von meiner, während sie ihrem Bruder ins nächste Zimmer folgt. Mich würde echt interessieren, über was die zwei da gerade sprechen. Es scheint eine lange Zeit zu vergehen, bis sie aus dem Zimmer kommen, sie als erste. “Also ich fahre mit dir und Alex kommt mit dem Auto hinterher.”, meint sie leicht lächelnd zu mir. Sie muss ihn ja echt gut überzeugt haben, aber das zeigt auch wieder, wie gut ihre Beziehung ist. “Okay.” Nach einem Blick auf meine Uhr, die mittlerweile 12 Uhr anzeigt, sage ich dann: “ Wir sollten langsam los, wenn du deinen Flug erwischen willst.”, und zwinkere ihr lächelnd zu. “Ah ja, stimmt du hast recht. Man wie die Zeit nur fliegt..”, fängt sie an und schaut nochmal nach, ob sie auch nichts vergessen hat. Als sie alles abgesucht hat, ruft sie noch kurz runter: “Ich muss noch schnell aufs Klo.” “Okay, ich warte draußen auf dich.” und nicke ihrem Bruder noch kurz zu. “Ich passe auf sie auf, versprochen.”, sage ich noch zu ihm und sehe, wie er anfängt zu lächeln. “Danke.” Dann lauf ich raus und stell mich an mein Motorrad, während ich auf sie warte. Wenn er so besorgt um sie ist, dann muss das doch bestimmt mit ihren Narben auf dem Bauch und am Hals zu tun haben. Ich will mir nicht ausdenken, was sie alles durch gemacht haben muss, wenn ich damit wirklich richtig liege. Kurz darauf kommt sie aus der Tür gelaufen mit ihrem strahlendsten Lächeln. “Los gehts!”, grinst sie mich an, während ich ihr den Helm reiche und schon aufs Motorad steige. Nachdem der Helm bei ihr sitzt, setzt sie sich hinter mich. Keine Sekunde später spüre ich ihre Arme, die sie auf meinem Bauch verschränkt. “Gut festhalten!”, sage ich zu ihr, während die Schmetterlinge in meinem Bauch verrückt spielen. Die Nähe zu ihr macht es mir nicht grade einfach, meine Gefühle für sie zu ignorieren. Aber ich wollte ihr alle Zeit der Welt geben bis sie mir gegenüber genug Vertrauen hatte und sie mir alles erzählen konnte. In dieser kurzen Zeit, wo wir uns jetzt kannten, wollte und konnte ich sie einfach nicht verlieren. Sie lächelte mich durch den Rückspiegel an, was mich kurz ziemlich durcheinander brachte. Ihr Lächeln war einfach zauberhaft und dieses Strahlen in ihren Augen. Ich ließ den Motor an und sah nochmal zum Haus, wo ihr Bruder Alex gerade noch raus kam. Er blickte zu uns, worauf ich sah, dass er Angst um sie hatte. “Bis gleich.”, rief sie ihrem Bruder noch zu und schaute zu ihm. Sein Blick sagte mir: “pass auf sie auf.” Mein Gefühl bestätigte sich leider immer mehr, dass nicht nur eine Kleinigkeit hinter ihren Narben steckte, sondern mehr, je mehr ich die beiden beobachtete. Dann startete ich und fuhr los. Kurz darauf spürte ich schon, wie ihre Arme sich fester um mich legten. Die ganze Fahrt über fuhren meine Gedanken Achterbahn. Jedes Mal, wenn ich in den Rückspiegel schauen musste, blieb mein Blick kurz an ihr hängen. Sie hatte sich derweil richtig an mich geschmiegt. Sie faszinierte mich immer mehr. Trotz dem Leid, was sie vermutlich erlebt hatte, versprühte sie die meiste Zeit pure Lebensfreude aus. Beim Flughafen angekommen, fahre ich auf den Parkplatz und schalte den Motor ab. Sie löst sich und steigt als erste runter, worauf ich ihr dann folge, nachdem ich mein Motorrad fest abgestellt hab. “Da sind wir!”, fange ich an und schaue lächelnd zu ihr. “Ja, wir sind da.”, höre ich sie ebenfalls lächelnd antworten. Irgendwas an ihrem Ton macht mich stutzend. “Alles okay?”, frage ich sie. Sie blickt zur Seite und ich frage mich, was sie jetzt wohl beschäftigt. Hat sie doch Bedenken? “Was ist los?”, wiederhole ich meine Frage nochmal, da sie nicht geantwortet hat. “Ich,...”, fängt sie an, bricht dann aus einem unerklärlichen Grund ab. “Hey, komm mal her”, sagte ich und öffnete meine Arme für sie. Sie schaute noch etwas zurückhaltend zu mir, kam dann aber auf mich zu und ließ sich von mir in den Arm nehmen. Ich hielt sie fest im Arm und flüsterte ihr folgende Worte zu: “Du schaffst das. Egal aus welchem Grund du dich hierfür entschieden hast, es wird das beste für dich sein. Du bist stark und ich weiß, dass du das packst. Ich bin für dich da.” Kurz darauf höre ich ein leises “Danke” von ihr, was mich wahnsinnig glücklich macht. Sie sollte wissen, dass sie da nicht alleine durch musste. Was auch immer das war. Nach einer Weile brachte sie etwas Abstand zwischen uns und lächelte mich dankend an. In diesem Lächeln sah ich, wie dankbar sie war, dass ich da war. Mit einem kurzen Blick auf meine Uhr sagte ich: “ Wir sollten langsam los…”. So machten wir uns auf den Weg in das Gebäude. Sie lief nah neben mir und unsere Hände berührten sich immer wieder bis ich meine Hand mit ihrer verschränkte, was sie zuließ. Sie blickte zu mir und lächelte mich leicht an. Auch auf die Gefahr hin, das wir gesehen wurden, ließ ich ihre Hand nicht los. Und es war hier gerade nicht so viel los. Drinnen würde es dann wahrscheilich anders aussehen. Als wir gerade die Tür erreicht hatten, hörte ich jemanden nach ihr rufen: “Jenny.” Sie drehte sich um und löste dabei ihre Hand aus meiner. Da kam ihr Bruder auf uns zu mit ihrem Koffer und Tasche. “Hey, danke dir nochmal.”, sagte sie lächelnd an ihren Bruder. “Gerne. Ich muss leider gleich schon wieder zurück. Hannah hat sich gemeldet. Ihr geht es nicht gut. Ich wünsch dir eine schöne Zeit und pass gut auf dich auf.”, sprach er und umarmte sie noch ein letztes Mal. “Mach ich, versprochen. Und ich melde mich so oft es geht.”, antwortete sie ihm, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten. Er übergab ihr den Koffer und ihre Tasche und lief sofort wieder Richtung Parkplatz, nachdem er uns noch kurz zugewunken hat. “Gut, dann lass uns rein gehen”, lächelte sie mich an und lief mit ihr in den Flughafen. Plötzlich blieb sie stehen und rannte dann auf einmal los. Was war denn jetzt?

Was machst du nur mit mir? - WW FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt