✔️6. Kapitel - Krankenschwester mal anders

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Meine Gedanken spielten gerade verrückt und ich wurde langsam panisch. Wir kamen dem Schulgebäude immer näher und auch die Schüler wurden um uns herum mehr.
Nein, nein, nein! So sollte das doch alles gar nicht laufen! Mein Plan war doch so unauffällig wie möglich zu bleiben! Aber Alec zerrupfte diesen Plan gerade in tausende Einzelteile!

Wenn der beliebteste und bekannteste Wandler auf diesem Internat mit einem Mädchen auf den Schultern über das Gelände lief, dauerte es nicht lange und schon waren alle Blicke auf einen gezogen. Jeder, wirklich absolut jeder starrte uns an. Es war so unglaublich peinlich, dass ich kein Wort mehr raus bekam. Ich ließ meinen Kopf baumeln und krallte mich an seinem Rücken fest. Mit meinem Gesicht in seiner Jacke versuchte ich zu verhindern, dass sich jemand mein Gesicht merkte. Aber das war bestimmt schon längst passiert...

„Na? Plötzlich so still da hinten“, sagte Alec plötzlich. „Ich hasse dich.“ Das war das einzige was ich leise zu ihm sagte. Mein ruhiges Leben hier war nun sowieso schon so gut wie vorbei, also störte es mich auch nicht mehr gerade den beliebtesten und gleichzeitig gefährlichsten der Schule beleidigt zu haben. Wahrscheinlich wird ihm sowieso viel zu selten die Meinung gesagt, nur weil er gut aussieht.

Irgendwann wurde ich dann auch mal abgesetzt. Naja, abgesetzt konnte man es nicht nennen. Vielmehr hingeworfen. Mein Kopf drehte sich kurzzeitig, da mir das ganze Blut in den Kopf gelaufen war. Ich schloss für einen Moment die Augen, bis die bunten Punkte aufhörten vor mir herumzuschwirren. „Sieht so aus wie als hätte die Krankenschwester gerade Pause. Dann muss ich eben ihren Job übernehmen“, meinte Alec, nachdem er sich umgesehen hatte.

Ich saß auf dem weißen Bett und roch überall Desinfektionsmittel. „Vergiss es. Entweder warte ich oder ich mache es selbst“, antwortete ich schnippisch. Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich ungläubig an. „Du weißt nicht mal wie das richtig geht.“
„Ach ja? Aber du, oder was?“, entgegnete ich und verschränkte meine Arme. „Ja, ich habe schon viele Verletzungen versorgt. Als Schützer habe ich schon mehr gesehen, als du in deinem ganzen Leben. Und soweit ich weiß, kennst du noch nicht sehr viel vom Leben als Wandler. Immerhin hast du die meiste Zeit unter Menschen verbracht. Also keine Sorge, ich weiß was ich da tue“, erklärte er.

Warum wusste er so viel über mich? Ich hatte noch nie wirklich mit ihm gesprochen bis jetzt. „Woher weißt du wo ich her komme?“, fragte ich ihn deshalb. „Schützer haben Zugriff zu allen Schülerakten. Und... wie soll ich es sagen... ich fande dich von Anfang an interessant“, gab er zu. Ich weiß wirklich nicht, was er für ein Problem hatte. Was war so interessant an mir? „Hör auf soviel nachzudenken und schaff deine Hose aus dem weg, bevor ich es mache“, unterbrach er mich. Wie bitte?

Ich sah ihn geschockt an, während er mich amüsiert musterte. Schnell krempelte ich mein Hosenbein hoch und machte ihm somit freie Hand an die Stichwunden. Sie waren wohl doch tiefer als ich dachte. „Das wäre auch so wieder verheilt...“, murmelte ich. „Nein, wenn die Wunde nicht richtig sauber ist, dann heilt es nur sehr langsam. Ich werde es desinfizieren und verbinden, dann müsste dein Bein morgen wieder wie neu sein.“

Er nahm ein Spray und sprühte es auf die einzelnen Stellen. Es brannte kurz und dann wischte er mit Tüchern den restlichen Dreck raus. Als letztes verband er mein Bein und dann war er fertig.
Ich spürte schon wie es kribbelte und anfing zu heilen. Er schien also wirklich alles richtig gemacht zu haben.

Ich stand auf und bemerkte schon das es weniger wehtat. „Danke, es ist jetzt besser“, sagte ich schüchtern. „Kein Problem. Und Lauf bloß nicht mehr in einen Kaktus rein, verstanden?“, lachte er. „Ich versuchs.“
Er begleitete mich noch bis in mein Zimmer und gab mir etwas Stützhilfe beim Laufen.

Nachdem er weg war, konnte ich endlich wieder aufatmen. Wirklich. So chaotisch hatte ich diesen Tag nicht geplant. Und ich konnte nicht einmal eine Pflanze kaufen...

Nachdem ich meinen Freunden per Handy erklärt hatte, was passiert war, kam Jim netterweise am Abend nochmal vorbei und brachte mir einige Zimmerpflanzen mit. „Danke, dass hättest du echt nicht machen müssen. Sonst wäre ich morgen nochmal hin“, bedankte ich mich bei ihm. „Kein Ding, Walter hat sie mir geschenkt. Du schuldest mir auch nichts. Ich denke der Alte wollte lediglich seine älteren Pflanzen mal loswerden. Immerhin kommt kaum noch jemand in den Wintergarten. Er hat auch immer viel zu tun, da er für die Blumen und Pflanzen rund ums Gebäude zuständig ist“, erzählte er. „Verstehe, dass ist bestimmt anstrengend. Woher kennst du ihn eigentlich so gut?“, fragte ich ihn. „Naja, er ist mein Onkel und ich helfe ihm ab und an“, meinte er.

„Wirklich? Ich hätte mir dich nicht als Freizeitgärtner vorgestellt“, lachte ich. Wir redeten noch eine Weile, bis es spät wurde und ich beinahe im Sitzen einschlief.

Am nächsten Morgen war ich wie Scheintod, da mich die ganze Nacht Alpträume von einem gewissen Wuschel-Löwen geplagt hatten. Erst spioniert er in meiner Schulakte herum, dann stalkt er mich in der Schule und nun verfolgt er mich auch noch bis in meine Träume!

In der Pause war es unglaublich heiß draußen geworden. Die pralle Mittagssonne verschonte hier draußen wirklich niemanden. Alle Plätze unter den Bäumen waren schon belegt und drinnen war es viel zu warm, da die Lüftung mal wieder nicht funktionierte. Meine Freunde dachten mittlerweile, dass ich mich in eine Wölfin verwandeln kann. Myra hatte mich im langweiligen Geschichtsunterricht danach gefragt. Zum Glück hatte sie es mir abgenommen. Und wenn sie es weiß, dann dauert es nicht sehr lange, bis Jim und Alice davon wussten. Sie war wirklich eine Plappertasche und hatte mir natürlich heute morgen sofort von den neuen Gerüchten von mir und Alec erzählt. Anscheinend denkt jeder hier, dass ich eine Affäre mit ihm habe. Vollkommener Quatsch. Die Leute hier sehen uns nur einmal zusammen und schon weiß die ganze Schule davon.

Deshalb werde ich seit heute morgen nur noch eifersüchtig angestarrt oder sie lachen hinter meinem Rücken über irgendwas. Und wem hab ich das alles zu verdanken?
Genau. Alec.

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