14. Kapitel - Geplagt von Alpträumen

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Sobald wir aus dem Raum draußen waren, stürmten auch schon Myra, Jim und Alice auf mich zu. „Endlich! Als wir gehört haben was passiert ist sind wir sofort gekommen. Alles okay, Nisha? Geht's dir gut?“, fragte Myra sofort und umarmte mich hastig. Ich nickte nur und schenkte ihnen ein kurzes Lächeln.

„Keine Sorge, mir geht's gut. Es war anfangs nur der... Schock.“
„Also stimmt es wirklich, dass du sie noch sterben sehen hast?“, fragte Jim. „Ja, das Mädchen, Silva, ist sozusagen in meinen Händen gestorben. Ihren Blick bekomme ich nie wieder aus dem Kopf...“, erzählte ich.

„Sowas will auch keiner erleben. Du hast aber dein bestes gegeben.“
„Was haben diese Ermittler dich eigentlich gefragt?“, fragte Alice neugierig. Doch gerade als ich antworten wollte mischte Alec sich ein. „Es ist schon dunkel geworden und ich denke Nisha muss das erstmal alles verdauen. Warum reden wir nicht morgen weiter?“, schlug er vor. Tatsächlich war ich ihm gerade ziemlich dankbar dafür. Ich könnte jetzt wirklich etwas Ruhe gebrauchen.

„Du hast recht. Wir lassen dich erstmal in Ruhe. Falls etwas ist, ruf mich an!“, meinte Myra und ging dann, während sie die anderen beiden hinter sich herzog. Ich seufzte müde und entspannte meine Schultern. „Ich bring dich noch zu deinem Zimmer. Schlaf erstmal etwas und denk nicht zu viel darüber nach“, riet er mir.

Nachdem er mich noch bis zu meinem Zimmer begleitet hatte, blieb ich stehen. „Alec?“, fragte ich, bevor er gehen wollte. „Ja?“
„Hast du schonmal jemanden sterben sehen?“, fragte ich zögerlich. „Ja, schon mehrmals. Und ich bin nicht stolz darauf. Wenn ich dir einen Tipp geben darf, dann rate ich dir, dir keine Vorwürfe zu machen. Du hättest nichts mehr ausrichten können“, sagte er mit ruhiger Stimme. In seinen Augen erkannte ich das Leid, dass er bestimmt schon erlebt hatte. Die Aufgabe als Schützer hat ihm bestimmt auch schon viel Kraft gekostet. Erst jetzt wo ich mich selbst in dieser Situation befunden habe, wird mir erst klar, wie schwer so etwas ist. Alec ist wirklich stark. Und nicht nur äußerlich. Die Aufgabe als Schützer scheint ihn auch von innen abgehärtet zu haben.

Ich muss auch stärker werden. So wie es scheint, ist diese Mordserie noch nicht vorbei. Tränen bringen mir nichts. Sie retten keine Leben. Irgendwie fühlte ich mich verantwortlich für den Tod dieses Mädchens. Tief in meinem Herzen wollte ich etwas gegen diese Geschehnisse unternehmen. Aber was soll eine kleine Füchsin schon ausrichten können?

„Danke, Alec. Wirklich. Du hast mir schon so oft geholfen. Öfter als du denkst“, sagte ich und sah ihm in die Augen. Er lächelte mich an und wuschelte mir dann einmal durch die Haare. „Ich hätte auch nie gedacht, dass du gar nicht so übel bist wie ich dachte“, sagte er und ging dann mit einem Lächeln im Gesicht. Ich schloss meine Zimmertür, als er außer Sichtweite war. Mein Herz klopfte auf einmal so schnell. Ich war verwirrt. Seit wann brachte mich Alec so durcheinander?

Schnell zog ich mir bequeme Kleidung an und schlüpfte ins Bett. Trotz das ich todmüde war bekam ich kein Auge zu. Der angsterfüllte Blick von Silva ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ihre unschuldigen, wässrigen Augen sahen ängstlich und verzweifelt aus. Ich konnte sofort erkennen, dass sie nicht sterben wollte. Sie hatte Angst zu sterben. Immerhin war sie ja auch noch jung und hätte eigentlich noch ihr ganzes Leben vor ihr gehabt. Und jetzt wird sie auf einmal umgebracht? Welches Ziel verfolgt der Täter nur? Silva war die Freundin des ersten Opfers und war vermutlich schon traumatisiert genug. Sie tat mir wirklich leid. Niemand hatte so etwas verdient.

~

Ich konnte nichts sehen. Es war stockdunkel und ich hatte keine Ahnung wo ich mich befand. Leise Schritte schienen immer näher zu kommen. Die Panik kroch meinen Rücken hoch, da ich nichts sehen konnte. Ich wusste nicht aus welcher Richtung die Schritte kamen. Sie schienen von allen Seiten gleichzeitig zu kommen. Die Schritte wurden immer lauter und lauter. Sie übertönten sich gegenseitig und ich begann zu rennen. Ich rannte in die unendliche Dunkelheit in der Hoffnung etwas Licht zu finden.

Tatsächlich. In der Dunkelheit erscheint ein kleines Licht, auf das ich sofort zurannte. Voller Hoffnung wollte ich mich an das kleine Licht klammern, doch je schneller ich darauf zu rannte, desto mehr entfernte ich mich davon. Meine Kehle brannte vom Rennen und mir ging die Luft aus. Plötzlich packten mich zwei eiskalte Hände von hinten und drückten mir die Kehle zu. Ich rang nach Luft und versuchte die Hände von mir zu reißen, doch der Griff wurde immer fester. Ich spürte wie ich langsam das Bewusstsein verlor.

Dann befand ich mich in der Bibliothek. Sofort fasste ich mir an den Hals, doch dort war nichts mehr. Erst als ich mich umschaute, bemerkte ich, dass ich mich an der gleichen Stelle von vorher befand. Langsam lief ich durch die Regale, bis ich zu dem Ort kam, wo die Leiche lag. Doch dort war niemand. Auf dem Boden war nur die feuchte Blutpfütze, doch die dazugehörige Leiche fehlte.

Als ich den Kopf hob stand sie plötzlich vor mir und ich erschrak. Ich stolperte bei dem Anblick von Silva mit bleichem Gesicht und aufgeschlitzter Kehle mehrere Schritte zurück. Ihre leeren Augen staarten mich einfach nur an.

„Silva?“, fragte ich vorsichtig, doch sie regte sich nicht.

Plötzlich hörte ich Eisen über den Boden ziehen. Das schrecklich kreischende Geräusch kam immer näher. Ich wollte wegrennen, aber meine Beine bewegten sich keinen Millimeter mehr. So sehr ich mich auch anstrengte, aber ich konnte mich nicht mehr bewegen. Silva war verschwunden und eine Person die das Gesicht hinter einer Kapuze versteckte kam langsam auf mich zu. Der Mörder von Silva zog ein blutiges Messer an dem Regal entlang und hinterließ eine Blutspur. Ich konnte den Täter grinsen sehen, als er mir näher kam. Ich versuchte verzweifelt mich zu bewegen oder nach Hilfe zu schreien, doch ich konnte nichts mehr machen. Ich hatte keine Kontrolle mehr über meine Taten.

Als er direkt vor mir stand, holte er grinsend mit dem Messer aus und ich presste meine Augen so fest wie ich konnte zusammen.

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