Gute zehn Minuten später kamen beide angelaufen und präsentierten stolz ihren Haufen Äste. Der Vorfall von vorher schien schon wieder wie vergessen zu sein. Sie verwandelten sich wieder und betrachteten kritisch beide Haufen nebeneinander. Glücklicherweise hatte tatsächlich Alec gewonnen. Durch Lucas kleiner Jagd hatte er wohl etwas mehr aufgeholt.
„Siehst du? Ich habe eindeutig gewonnen!“, freute er sich. Lucas sah etwas beleidigt aus, während Alec nur schadenfroh wirkte. Das ist mal wieder typisch. „Ausnahmsweise mal. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe...“
„Also, dann fordere ich gleich mal meinen Preis ein“, sagte er und kam auf mich zu. Ich wurde sofort nervös und mir wurde wärmer. Die Flashbacks an unseren ersten Kuss kamen zurück und mir stieg die Hitze in den Kopf. Lucas seufzte nur deprimiert. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und beugte mich vor, dann schloss ich die Augen und ließ es zu. Meine Lippen trafen einige Sekunden lang seine und mein Griff um seinen Nacken verstärkte sich kurz. Zu meiner Überraschung legte er seine Hände augenblicklich um meine Hüfte und zog mich näher an sich.
Der kurze Kuss wurde länger und intensiver als gedacht. Unsere Lippen bewegten sich im Einklang miteinander und die Schmetterlinge in meinem Bauch explodierten. Ich fühlte mich auf einmal zu ihm hingezogen und geborgen. Wiedermal löste er ein unbeschreibliches Gefühl aus. Und dann wurde es mir klar. Ich hatte mich in Alec verliebt. Das erklärte so einiges. Immer wenn er mir nahe kam oder mir half fühlte ich mich sicher an seiner Seite und vertraute ihm. In seiner Gegenwart wurde ich immer nervös, wenn wir mal alleine waren. Es war ein tolles Gefühl dies endlich zu wissen.
Doch Lucas riss mich aus meiner Träumerei, als er sich räusperte. „Also echt, sucht euch doch ein Zimmer!“, beschwerte er sich. Sofort ließen wir voneinander ab und die komisch, peinliche Situation des schweigens begann. „Tut mir leid, wir sind wohl etwas abgeschweift“, lachte Alec. „Ja, ähm. Wir sollten auch wieder zurück gehen. Es ist schon fast dunkel und die Klasse wartet sicher schon“, sagte ich und ging schon mal los.
Kurz darauf hatten wir das Feuerholz abgeladen und der Lehrer entfachte das Feuer. Allmählich wurde es auch in der kühlen Nacht wärmer und wir begannen alles mögliche über dem Feuer zu grillen. Zwischen mir, Alec und Lucas herrschte eine unangenehme Stille seit vorhin. Myra gesellte sich neben mich. Wir hatten beschlossen gemeinsam in einem Zelt zu schlafen. Ich brauchte dringend etwas Mädelsberatung. Und so wie ich sie kenne, kann man ihr alles sagen.
„Ich muss später mit dir reden über etwas, okay?“, sagte ich ihr. Sofort sah sie mich ernst an. „Geht es um Jungs?“, fragte sie und zog die Frage unnötig in die Länge, während sie mit den Augenbrauen wackelte. „Später, Myra, später“, sagte ich ihr nochmal und sie kicherte los.
Die meisten blieben noch bis spät in die Nacht draußen am Lagerfeuer doch ich wurde irgendwann müde und verzog mich mit Myra im Zelt. Eine kleine Taschenlampe erfüllte das enge Zelt mit etwas Licht. Ich und Myra hatten uns in unsere warmen Schlafsäcke gemurmelt und sahen uns müde an. „Was wolltet du mir eigentlich erzählen“, fragte sie. „Tatsächlich habe ich ein kleines Jungsproblem und bräuchte deinen Rat bei etwas“, gab ich zu. Sofort fingen ihre Augen an zu leuchten. „Leg los!“, forderte sie mich auf.
„Okay, also. Heute ist etwas unerwartetes passiert und du hast bestimmt auch schon bemerkt, dass Lucas, der Austauschschüler für den ich verantwortlich bin, sehr an mir zu hängen scheint. Und da ich ja momentan in einer fake Beziehung stecke, hang Alec auch die ganze Zeit bei mir. Mir kam es so rüber, als ob er eifersüchtig wäre. Und dann kam diese Wette...“, sagte ich. „Wette? Wette um was?“, fragte sie und war auf einmal hellwach. „Sei leiser! Sonst hört uns noch jemand!“, sagte ich schnell und hob meine Hand vor ihren Mund.
„Ok, sorry. Erzähl weiter!“, forderte sie mich flüsternd auf. „Also. Beim Holzsammeln haben Lucas und Alec gewettet wer am meisten Holz in einer halben Stunde sammelt. Der Gewinner bekam einen Kuss von mir.“
„Uuuuh!“, sagte Myra aufgeregt.
„Alec hatte gewonnen und wie soll ich es sagen... Der Kuss ist etwas ausgeartet. Bis Lucas uns unterbrach“, erzählte ich ihr. „Oh mein Gott, Nisha! Ich wusste es! Ich wusste du magst ihn“, drehte sie durch. „Pscht! Beruhig dich doch mal!“„Ja ja. Aber jetzt erzähl mal! Wie wars?“, fragte sie aufgeregt, aber redete wieder leiser. „Er kann wirklich gut küssen. Und er wollte es auch, aber jetzt bin ich mir nicht sicher, ob er es nur so vertieft hat, wegen Lucas. Um ihn eifersüchtig zu machen. Verstehst du?“, sagte ich. „Das was ich hier verstehe, ist das du dir unsicher bist ob er dich auch mag. Und meiner Meinung nach tut er das auf jeden Fall! Ich denke nicht das er dich einfach so lange küsst, nur um einen anderen eifersüchtig zu machen. Das würde keiner.“
„Denkst du wirklich? Aber wie soll ich es ihm sagen? Was, wenn er mich abweißt?“
„Das wird er schon nicht machen. Und selbst wenn bin ich für dich da und du stirbst davon schon nicht. Warte einfach einen passenden Moment ab und hau es raus!“, sagte sie und kicherte. „Okay, danke. Du solltest echt Beziehungsberaterin werden.“
„Ich weiß“, meinte sie und grinste.~
Am Morgen kamen wir verschlafen aus den Zelten gekrabbelt. Lucas und Alec entfachten gerade das Feuer, da es doch noch ziemlich frisch und neblig hier oben war. Myra und ich setzten uns zu ihnen und gähnen erstmal. „Na? Gut geschlafen?“, fragte Alec uns. „Ging so. In meinem Bett schlafe ich eindeutig besser“, sagte ich. Er setzte sich neben mich und ich sah Myra kurz nervös an. Sie schenkte mir ein kurzes grinsen. „Ich muss mal kurz“, meinte sie und ging einfach. Sie ließ mich mal wieder alleine mit den beiden Streithähnen.
Lucas setzte sich auch neben mich und reichte mir eine Wasserflasche. „Danke“, sagte ich leise und nahm einen Schluck. Allmählich kamen immer mehr aus den Zelten und der Platz füllte sich.
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Vixen
МистикаVixen = Füchsin Nisha wird von ihrem Vater nach einem Vorfall an ihrer alten Schule auf ein Internat für Gestaltwandler geschickt. Dort soll sie lernen ihre Verwandlungen zu kontrollieren und mit ihrer Art zurecht zu kommen. Doch als sie bemerkt das...