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Dr. Wensham war zum ersten Mal in dieser Woche nicht mehr mit den Besorgnissen ihrer Tochter beschäftigt, sondern opferte sich jetzt total für ihren Patient der ihr gegenübersaß. Er leidete unter dem Korsakow-Syndrom, welches ihm alle Erinnerungen an sein früheres Leben löschte, da er ein eher chronischer Alkoholiker war. Die Sitzung dauerte 45 Minuten, doch sie wurden durch durchgehendes, lautes Hämmern an der Tür unterbrochen.

Mike, der am Korsakow-Syndrom leidende Patient, lehnte sich zurück und sah nur wie seine Seelenklempnerin zur Tür stolzierte, sie öffnete und dann augenblicklich hinter der geschlossenen Türe verschwand. Das laute Zufallen der Tür spannte ihn an, die vorherige lockere Atmosphäre war verflogen.

»Was zur Hölle suchen sie hier? Wenn sie denken, sie könnten eines meiner Sitzungen unterbrechen, um mit mir ein Privatgespräch zu führen lieber Herr, dann haben sie falsche Vorstellungen von dem Leben. Sie brauchen einen Termin, anders geht es nicht« plädierte Dr. Wensham aufgebracht, weitete ihre Augen und musterte den Mann der vor ihr stand, seine Tracht zeigte ihr sofort, dass er etwas mit dem Kloster, welches sie vor ein paar Tagen mit ihrer Tochter besucht hatte, zu tun haben musste.

»Ich komme vom Augustinerkloster. Mein Name ist Iacob. Ich bin hier um zu berichten, dass Schwester Florence und Schwester Elisa umgekommen sind. Der Herr soll den beiden Schwestern ewige Ruhe geben. Allerdings bin ich hier Ms. Wensham, weil mein Kloster und alle katholischen Konvente in der Umgebung mich dazu gebeten haben, mit ihnen ein Gespräch zu suchen. Es ist wichtig. Notwendig.«

Dr. Wensham atmete tief ein und aus, öffnete die Tür und bekam einen Einblick in das Zimmer und suchte mit ihren Augen nach Mike, der still dasaß und vor sich hin starrte.

»Mike, wir sagen das heute ab. Es tut mir Leid. Morgen um die gleiche Uhrzeit ja?« kam hektisch über die Lippen von der Psychiaterin, die dann zur Seite tappte, damit Mike aus dem Zimmer kam, nach dem Verlassen seines Patienten bat er den Mönch Iacob in ihren Raum, welche eigentlich nur für Sitzungen diente.

Iacob behielt seine vornehme Art, setzte sich erst als Dr. Wensham ihn dazu aufforderte. Nun genehmigte sich die Psychiaterin ebenfalls einen Sitz und sah Iacob an und atmete tief durch.

»Schwester Florence kannte ich nicht, vielleicht bin ich ihr begegnet, aber der Tod von Schwester Elisa schockiert mich zutiefst. Vertrauen Sie mir vielleicht die Ursache ihres Todes Iacob?«

Iacob schürzte leicht betroffen die Lippen und sah schockierenderweise etwas angeschlagener aus als zuvor.

»Da ich die Vertrauensperson aller Mönche und Nonnen bin, wurde mir von dem Konvent erzählt, dass sie besucht hätten, um eines der Gefangenen dort zu therapieren. Ich hoffe richtig zu sprechen, korrigieren Sie mich falls nicht.«

Dr. Wensham atmete aus, nickte aber dann und bejahte die Aussage von Iacob. Aufeinmal wurde ihr klar, dass sie sich dreist gegenüber der Schwester verhalten hatte und somit fuhr sie sich kurz durch die Haare und wartete.

»Vor genau 26 Jahren, heute, wurde ein uneheliches Kind auf die Welt gebracht, vielleicht ist das für sie nichts von großer Bedeutung, aber vor ungefähr dreißig Jahren wurde man für soetwas bestraft. Dieses Kind war wie ein Wunder für die unehelichen Partner, da beide von ihnen nicht damit gerechnet hatten. Und dann war diese große Angst, einfach diese unerbitterliche Furcht dass Menschen bald sehen konnten. Man konnte schließlich keine Schwangerschaft verheimlichen, wenn man von Monat zu Monat wanderte. Aus diesem Grund erschufen sie einen Plan. Sie verließen das Dorf und suchten sich ein anderes.»

»Nicht das ich dreist klingen will Iacob, aber warum erzählen sie mir das?» wollte Dr. Wensham wissen und sah ihm verwirrt entgegen, ihre Fassade hatte sich zusammengezogen, ihre Lippen waren zu einem Strich geworden.

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