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Ich wiegte mich gerade hin und her, mitten in der Menge der Tanzenden eingeengt, als mir plötzlich seltsam wurde. Es war irgendwo zwischen Übelkeit und Schwindel und ich stützte mich unsicher an der Person neben mir ab, um schnell von der Tanzfläche zu kommen.

Nach dem Vorfall an der Bar hatte nichts mehr außer Wasser getrunken. Vielleicht hatte ich auch voller Schadenfreude extra viele Eiswürfel verlangt und der ein oder andere war in meinem Nacken gelandet, nur damit ich bei dem Gedanken, an Hawks Schreck lachen konnte.

Das hier war also absolut nicht möglich. Ich war wirklich nicht betrunken! Aber mein Körper sah das wohl anders. Taumelnd stürzte ich aufs Klo und übergab mich ungeachtet, ob mich jemand hörte oder nicht.

Etwas stimmte nicht mit mir. Ich wusch mir den Mund mit klarem Wasser aus und trocknete gründlich mein Gesicht ab. Meine Pupillen waren so groß wie Untertassen. Shit. Wann hatte ich mir die Blöße gegeben? Ich hatte mein Wasser immer gleich auf einen Zug ausgetrunken, um genau sowas zu vermeiden und zuvor an der Bar hatte ich meinen Drink auch nie unbeaufsichtigt gelassen.

Genau vor sowas hatte meine Mutter mich gewarnt. Helden hassten Leute wie uns. Ich schlang meine Arme um das dünne Kleid, als ich hinaus in die nächtliche Kälte aus einem Seitenausgang des Hotel trat. Hier waren keine Kameras und keine Fans, die hofften, von ihren Helden bemerkt zu werden. Hier war nur kalter Wind, das Rascheln der Büsche vor mir und - und Zigarettenrauch?!
Ich drehte mich herum, um zu sehen, wen ich das gestört hatte, aber es war nur der Barmann in seiner Raucherpause.

„Oh", sagte ich voller Erleichterung. „Ich wollte nur etwas Luft", aber seine Miene ließ mich mitten im Satz abbrechen. Nichts von dem freundlichen Lächeln oder dem aufmunternden Nicken war noch übrig. Stattdessen zog er ein letztes Mal an seiner Zigarette, ehe er auf mich zu kam.

„Das hat aber ganz schön lange gedauert. Du bist hartnäckiger, als wir erwartet haben."

„Wir?"

Hinter mir raschelte es und der Mann, der im Club-Bereich die Getränke ausgeschenkt hatte, trat mit einem hässlichen Grinsen an uns heran. „Wie arrogant sie ist. Denkt sie wirklich, sie könnte hier einen auf Helden machen?", lachte der Mann glucksend und sah zu seinem Kollegen herüber.

„Und das, obwohl sie sich nicht mal selber verarzten kann." Er deutete auf meinen mittlerweile schmutzigen Verband. „Du hättest sehen müssen, wie die Helden sich hinter ihrem Rücken über sie lustig gemacht haben."

Ohne zu Zögern schlug ich dem Mann hinter mir mit der Faust ins Gesicht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ich noch so viel Kontrolle über mich hatte und so konnte ich einen Volltreffer landen. Blut schoss aus seiner Nase, noch ehe er seine Hand zum Gesicht gehoben hatte.

„Dämliche Fotze!" Der Barmann reagierte wesentlich schneller als der andere und packte mich sofort, riss mich von den Füßen und versuchte mich auf den Boden zu pinnen.
Doch wenn ich so schnell aufgeben würde, hätte ich meinen zehnten Geburtstag nicht erlebt. Ich wand mich und trat nach ihm, während ich gleichzeitig den blutenden Mann im Auge behalten musste.

„Lass dich bloß nicht von ihrer nackten Haut berühren. So verflucht sie ihre Opfer!"

Instinktiv hatte ich ihm widersprechen wollen. Ich verfluchte überhaupt niemanden. Doch was immer sie mir gegeben hatten, entfaltete seine volle Wirkung. Ich konnte nicht mal mehr den Pakt mit Hawks vollständig lösen, so heftig wütete die Droge in meinem Hirn. Alles drehte sich unaufhörlich. Aber ich musste den Pakt lockern, damit er nicht mitbekam, was hier vor sich ging.

„Ganz schön bissig, die Alte", knurrte der Mann, dem immer noch Blut über die Lippe tropfte. „Mal sehen, ob sie immer noch so widerspenstig ist, wenn wir ihr noch eine Dosis verpassen." Wie ein Magier ließ er eine Glasphiole mit einer klaren Flüssigkeit in seiner Hand erscheinen. War das sein Quirk oder nur ein Taschenspielertrick? So oder so verstand ich nun, wie ich nichts hatte merken können.

HeldenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt