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Während ich die nassen und dreckigen Klamotten zusammen sammelte, bemerkte ich, das Hawks nicht versuchte zu schlafen. Stattdessen folgte er mir mit seinem wachsamen Blick.
„Was?", fragte ich unsicher. Ich traute mich nicht mehr, wütend über sein Verhalten zu sein, nach dem was ich erfahren hatte.

„Du hast Best Jeanist belogen."
Mir glitt beinahe der Waschlappen aus der Hand.
„Du hast gesagt, dass du nur übertragen kannst, was dir passiert."

Ich schloss den Mund wieder, als mir klar wurde, dass er offen stand wie ein Scheunentor. Ich versuchte einen guten Grund für mein Verhalten zu finden. Irgendeine Ausrede, die dem kritischen Verstand des Helden stand halten würde.

Aber Hawks schloss nur seine Augen, als mir nichts einfiel. „Du solltest in Zukunft darüber nachdenken, ob du wirklich in seiner Agentur arbeiten solltest, wenn du ihm nicht vertraust." Und damit war das Gespräch für ihn beendet.

Mein Gesicht war immer noch hochrot, als ich in das kleine Badezimmer trat und die Sachen zu dem nassen Handtuch in die Badewanne warf. Ich hatte nirgendwo einen Wäschekorb gefunden und hatte nicht die Ruhe, mich nach einem umzusehen.

Zitternd umklammerte ich das elegante Waschbecken und starrte in meine geröteten Augen. Dunkles Lila, wie Amethysten bei Nacht starrte aus dem Spiegel zurück. Die Augen meiner Mutter.
Wo meine Eltern jetzt wohl waren? Ob es ihnen gut ging?

Die Last auf meiner Brust erschwerte mir das Atmen und ich schlich hektisch zurück zur Schlafzimmertür, um sicher zu gehen, dass es nicht Hawks Körper war, der da ums überleben kämpfte.
Dem gleichmäßigen Heben und Senken der Decke entnahm ich, dass er endlich Ruhe gegeben hatte.

Müde tapste ich noch immer barfuß zurück in das große Wohnzimmer. Ich musste mich beschäftigen, um die trüben Gedanken zu vertreiben. Also begann ich, die Sofaecke aufzuräumen. Ich brachte die Tasse in die Küche und warf beiläufig einen Blick in den Kühlschrank. Viel war nicht drin, aber es würde für eine Suppe reichen.

Also setzte ich Wasser auf, wusch und schnippelte Gemüse und warf alles in den Topf. Während ich darauf wartete, dass alles kochte, begann ich die roten Federn aufzusammeln, die überall in der Wohnung verstreut lagen.
Sie fühlten sich schon sehr wie Federn an. Aber manche waren so hart, dass ich mir gut vorstellen konnte, wie schmerzhaft ein Angriff damit sein konnte.

So leise wie ich konnte trat ich wieder ins Schlafzimmer und ließ den Arm voller Federn auf die freie Seite des Betts fallen. Ich hatte keine Flügel. Wie würde es sich wohl für mich anfühlen, wenn Hawks Flügel verletzt wurden? Spürte er überhaupt Schmerzen in den Federn?

Bevor ich auf dumme Gedanken kommen konnte, erinnerte ich mich an die Suppe und ließ die Federn in Ruhe. Stattdessen nahm ich den Topf vom Herd und suchte nach einer Suppenschüssel oder einem tiefen Teller. Zu meinem Erstaunen hatte Hawks sogar Schüsseln mit passendem Deckel.

„Aber Hosen hast du nicht", bemerkte ich schnippisch, während ich die Suppe umfüllte. Ich suchte auch noch ein Glas, um ihm frisches Wasser dazu zu stellen, falls sein Magen noch nicht bereit für Suppe war. Auch wenn ich selber noch nie vergiftet worden war, konnte es nicht angenehm sein.

Hawks seufzte im Schlaf, als ich das Zimmer betrat. Schon wieder klebte sein Haar schweißnass auf seiner Stirn. Ich stellte die Suppe auf den Nachtisch und setzte mich vorsichtig auf die Bettkante, um ihn nicht zu wecken.

Helden wie er waren immer mein Feind gewesen. Ich hatte zwar nie verstanden, was genau mich und meine Familie böse machte, aber es war die erste Reaktion aller, wenn sie von meinem Quirk erfuhren. Genau deshalb hielt ich das Ausmaß meiner Fähigkeiten immer geheim. Nur weil es einen winzigen Teil gab, mit dem ich gutes tun konnte, negierte das nicht den Teil, mit dem ich den Mann getötet hatte.
Vorsichtig strich ich Hawks die Strähnen aus dem Gesicht.

HeldenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt