Der Stahl fühlte sich kühl unter meinen Fingern an, hatte eine beruhigende Wirkung auf mich und zügelte meine Wut, die ich ungebremst nicht nur an der Einrichtung des Thronsaals ausgelebt hatte, sondern auch an meinem Sohn. Asran hatte meine Pläne gewaltig nach hinten geworfen in dem er die Verlobung auf eigene Faust gelöst hatte, da dieser Idiot daran glaubte nur aus Liebe zu heiraten und ich wusste genau an welches Mädchen er dabei dachte. Wäre ich doch nur nie meiner Neugier erlegen die mich dazu gebracht hatte die kleine Nachtigall Jamie Quinn an den Hof zu holen. Gerüchten aus zweiter Hand zu Folge war ihre Stimme so einzigartig manche Sprachen sogar von Magie, mit deren Hilfe sie ihre Zuhörer um den Finger wickelte und so ein Juwel wollte ich unbedingt in meiner Sammlung. Als ich sie dann das erste Mal singen gehört hatte, hatte mich ihre Stimme bis aufs Blut gereizt und ich konnte nur tatenlos dasitzen und zuschauen wie ich ihrem Bann verfiel. Das Mädchen jedoch, egal wie fürstlich ich sie belohnte, schien meinem nutzlosen Sohn verfallen zu sein und allein diese Eifersucht brachte meine Wut wieder zum Köcheln.
Meine Finger glitten weiter über die scharfe Klinge ungeachtet der Gefahr sich daran zu schneiden. Diese monotone Bewegung machte es mir möglich mich in meinen Gedanken zu verlieren und die Wut für kurze Zeit zu vergessen, allerdings brachte es nicht die Stimmen zum Schweigen. Ganz gleich wo ich mich versteckte, wie weit ich rannte oder welche Drogen mein Hirn vernebelten, die Stimmen in meinem Kopf schrien und forderten mich auf ihren Durst nach Rache zu stillen. Sie raubten mir seit vielen Jahren schon den Schlaf und ich wurde müde, also hatte ich nachgegeben und es verschaffte mir ungeahnte Erlösung. Meinem Plan zu zusehen wie er Wirklichkeit wurde, als der närrische König Daedrus meine Heucheleien geschluckt hatte und seine bezaubernde Tochter mein Schloss betreten hatte, war unglaublich befriedigend. Doch ich würde erst wieder ruhig schlafen können, wenn sich meine Hände um ihren dunklen Hals schlossen und das Leben aus ihr herausquetschte. Oder schlitzte ich sie doch lieber auf und schaute genussvoll dabei zu wie ihr Blut den Boden färbte? Bei diesen Gedanken brach ich in schallendes Gelächter aus und krümmte mich auf meinem Thron. Es war ein grässlicher hysterischer Klang der den Thronsaal erfüllte und schreckte die Diener auf, die das Mienenfeld aus Trümmern und Scherben beseitigten. Ein weitere Lachanfall brachte meine Brust zum beben, ich glaubte nichts könnte mich aus diesem Hochgefühl reisen. Die Aussichte darauf meinen Plan bald vollenden zu können, denn Verlobung hin oder her sie befand sich unter meiner Gewalt und ich würde sie niemals gehen lassen, waren traumhaft, doch ich hatte mich getäuscht. Als ein schmächtiger Botenjunge mit großen zittrigen Augen den Raum betrat und vor mir kniete, wusste ich etwas stimmte nicht. Der Duft seiner Angst legte sich über den Raum wie schweres süßes Parfüm und seine Haut nahm die Farbe des weißen Marmors unter ihm an. „Eure Majestät, ich habe dringende Neuigkeiten zu übermitteln", sagte er, seine Stimme so dünn das sie auf dem Weg zu mir fast von der Weite des Saal verschluckt wurde.
„Fahrt fort!", befahl ich und trommelte genervt mit den Fingern auf dem Schwertgriff, der die Form eines aufgerissenen Basiliskenmauls hatte. Der Laufbursche zögerte, was mich beunruhigte und zu gleich meine Geduld unnötig in die Länge zog.
„Sprecht! Ich befehle kein zweites Mal".
„Die Prinzessin Eure Majestät, sie ist nirgends zu finden. Ebenso ihre zwei Leibgardisten".
„Was?!", schrie ich und riss den Thron um, als ich Wut entbrannt aufsprang. Der Junge zuckte zusammen und fiel erneut auf die Knie, die anderen Diener retteten sich klugerweise hinaus. Das kann nicht sein. Sie darf nicht verschwinden. Mein Plan zerbrach in tausend Teile, wie die Vase die ich nach Asran geworfen hatte.
„Das darf nicht wahr sein, ich war so nah dran", knurrte ich vor mich hin und mein Finger wanden sich noch stärker um den Schwertgriff.
„Nein!" Ich hob meinen Arm und warf das Schwert wie einen Speer nach dem Botenjungen, der wimmernd auf seinen Knien saß und seinem Schicksal mit Tränen nassen Augen entgegenblickte. Die Klinge verfehlte ihn nur um eine Handbreite.
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Nightingales Cage
Fantasy„Man munkelt, dass sogar die vergessenen Götter zurück kommen würden um deinem Gesang zu lauschen, kleine Nachtigall." - Sie erhält die Chance ihres Lebens. Auf Grund ihres außergewöhnlichen Talents wird die 17-jährige Jamie Quinn, an den königliche...