Kapitel 3: Krieg und Liebe

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Vor einem der Fenster im gewohnten Gang blieb ich stehen und atmete tief durch. Nach ein paar tiefen Luftzügen merke ich wie die Anspannung meinen Körper verließ. Meine Mutter besaß eine Menge Temperament. Das schien ich von ihr geerbt zu haben. Ich reagierte bisweilen sehr impulsiv. Das verflog auch schnell wieder.

Als ich Schritte im Gang hörte, war mein erster Gedanke, dass Mathilda, meine Zofe, zu mir kam. Der feste Gang passte jedoch nicht zu ihren sonst so zaghaften Schritten.

Mein Vater stellte sich neben mich ans Fenster. „Es wird wohl nicht mehr schneien.", bemerkte er. Erst war ich verwirrt und schaute ihn fragend an, bevor mein Blick aus dem Fenster glitt. Der Himmel war nicht mehr bedeckt. Die Sonne hatte die Gelegenheit sich und einen blauen Himmel zu präsentieren.

Dass mein Vater einen solch neutralen Gesprächseinstieg suchte, sagte mir, dass das Thema Krieg für diesen Tag beendet war.

„Arelia, es gibt noch etwas, dass ich mit dir besprechen möchte." Mit den Worten drehte er sich um und ging den Gang entlang. Ich beobachtete, wie er ein paar Türen weiter in einer verschwand. Er drehte sich nicht zu mir um. Für ihn stand fest, dass ich ihm folgte.

Einen Moment lang versuchte ich mich davon zu überzeugen, es nicht zu tun. Zu frisch war die Wut auf ihn. Doch es machte mich auch unendlich neugierig, was er mit mir zu besprechen hatte. Also folgte ich ihm schließlich doch.

Er war in seinen privaten Gemächern verschwunden. Zögerlich trat ich ein. In meinem bisherigen Leben war ich nur selten in diesen Räumlichkeiten gewesen. Es gab andere Räume, in denen die Kaiserfamilie zusammensitzen konnte.

Direkt bei der Tür wurde man von einer kleinen Sitzecke begrüßt. Hinter diesem kleinen Wohnzimmer lagen der Schlaf- und der Waschraum. Die Räumlichkeiten aller Mitglieder der Kaiserfamilie waren so aufgebaut.

Mein Vater saß auf einem der Stühle in der Sitzecke. Er hatte ich Hände in seinem Schoss gefaltet und wartete. Sein Blick haftete auf dem Stuhl neben sich. Das sah ich als Aufforderung mich dort hinzusetzen.

„Die Spione im Süden haben berichtet, dass der Prinz verheiratet werden soll.", begann er zu sprechen.

Ich erstarrte bei seinen Worten. Mit einem solchen Thema für dieses Gespräch hatte ich im Leben nicht gerechnet. „Du..." Meine Stimme brach. Ich räusperte mich. „Du willst mich mit dem Prinzen des Südens verheiraten?", schaffte ich es meine Frage zu stellen. Nein, nein, nein. Unter keinen Umständen., schrien meine Gedanken ihn unterdessen an.

Er schaute mich mit großen Augen mindestens genauso entsetzt an, wie ich ihn ansah. „Wie kommst du denn darauf? Das würde ich niemals tun."

Erleichtert über sein Entsetzen sackte ich in meinem Stuhl etwas zusammen. Ich atmete einmal tief durch. „Nun, du willst mit mir eine anscheinend wichtige Angelegenheit besprechen und das erste, was du erwähnst, ist die Hochzeit des Prinzen. Was genau soll ich deiner Meinung nach anders denken?", stellte ich die Gegenfrage. Mein offener Blick lag auf ihm. Ich war neugierig auf das, was er mit diesem Gespräch tatsächlich beabsichtigte.

„Es war nicht meine Absicht, dich mit einem solchen Gedanken zu ängstigen.", versuchte er sich an einer Entschuldigung. Ich nickte verständnisvoll und lächelte ihn an. Nach unserem Streit im Thronsaal half ein solches Missverständnis dabei, die Wogen ein wenig zu glätten. „Obwohl natürlich die Problematik mit dem Krieg beendet wäre, wenn du ihn heiraten würdest.", überlegte er breit grinsend weiter.

„Das erklärst du aber seiner Mutter." Kurz war es still im Raum. Dann konnten wir beide nicht mehr an uns halten und brachen in schallendes Gelächter aus. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns wieder beruhigt hatten. „Und was wolltest du mir wirklich sagen?"

Kurz berührte sein Blick mich, dann schaute er starr auf die Tür. „Zwar möchte ich dich nicht mit dem Prinzen verheirateten, aber eine Hochzeit habe ich schon im Sinn.", begann er zu erläutern. Ich ahnte schlimmes. Hochzeit war ein Thema, über das ich nun wirklich nicht reden wollte. Ich hatte den Eindruck, dass ich meiner Neugier nicht immer blind vertrauen sollte. Auch wenn mir bewusst war, dass dieses Gespräch früher oder später auf mich zu gekommen wäre. „Ich denke, es wird Zeit, dass du heiratest. Als deine Mutter in deinem Alter war, waren wir bereits verheiratet."

„Als Mutter und du geheiratet habt, waren es andere Zeiten. Der Krieg existierte noch nicht. Denkst du nicht, du solltest das in deine Überlegungen einbeziehen?" Als ich noch klein war, stand für mich immer außer Frage, dass ich erst nach dem Krieg heiraten würde. Zu dem Zeitpunkt konnte ich nicht ahnen, dass dieser so lange anhielt, und trotzdem hatte sich meine Einstellung zu dem Thema nicht geändert. Ich wollte ohne einen Krieg im Nacken heiraten. „Außerdem kenne ich niemanden. Ich habe diesen Palast schließlich noch nie verlassen. Wen sollte ich heiraten?"

Er nickte nachfühlend, wie er es tat, wenn er glaubte eine Situation besser zu verstehen als ich. Zumindest hatte ich die Erfahrung bereits häufig gemacht. In genau dieser Situation machte diese Geste mir Angst. Er plante etwas, von dem ich nichts wusste. Das bedeutete, dass mein Handlungsspielraum deutlich schrumpfte. „Darum musst du dir keine Sorgen machen. Ich habe bereits alles organisiert."

„WAS?" Ich sprang laut schreiend auf, sodass der schwere Stuhl mit lautem Donnern nach hinten fiel. Vor der Tür waren das Aufeinandertreffen von Rüstungsteilen und das Nähren von schweren Schritten zu hören und nur einen Augenblick später standen zwei Wachen mit gezückten Waffen im Raum. Mein Vater schien der Einzige zu sein, der normal atmete. Die Wachen waren bereit jeden Angreifer in die Flucht zu schlagen und mein Herz wollte nicht langsamer schlagen bei dem Gedanken an den ungeheuren Plan meines Vaters.

„Meine Herren, die Prinzessin hat sich lediglich erschreckt. Er tut mir leid, Euch in Aufruhr gebracht zu haben." Mit einem beruhigenden Lächeln manövrierte mein Vater die beiden Wachen vor die Tür. Bevor die beiden den Raum jedoch komplett verließen, schauten sie noch einmal fragend zu mir. Erst als ich nickte, verschwanden sie gänzlich aus dem Raum. Das Fehlen von Geräuschen auf dem Flur sagte mir, dass sie im Gang vor der Tür ihre Position eingenommen hatten.

Mein Vater wendete sich wieder mir zu. Sein Blick verriet, dass er nicht zufrieden mit mir war. Ich war zu laut und brachte Aufmerksamkeit, wo er keine haben wollte.

„Du planst also schon meine Hochzeit.", sagte ich spitz. Ich wollte wissen, was er vorhatte und keine Standpauke über mein Benehmen bekommen.

Er begann milde zu lächeln. Mein Plan ging also auf. „Planen ist wohl etwas zu viel gesagt. Noch steht nicht einmal fest, wer dein Mann sein wird." Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Ich blieb stehen. Hinter mir lag der Stuhl auf dem Boden. Ein Bediensteter würde in später aufstellen. „Die Prinzen der Nachbarländer sind diejenigen, die in der engeren Auswahl stehen. Auf diese Weise bekommst du einen Mann an deine Seite und wir haben eine unumstößliche Allianz mit dem betreffenden Land in dem Krieg gegen den Süden." Erschrocken sah ich ihn an. Dass er die Sache bereits so gut durchgeplant hatte, war jenseits meiner Vorstellungen. Er sah davon nichts, war sein Blick doch weiterhin auf die Tür gerichtet. „Die Anfragen für die Vermählung sind bereits verschickt." Das reichte. Ich lief ohne ein weiteres Wort zur Tür und durch den Gang zu meinen eigenen Gemächern. Ich brauchte einen Plan, um eine Hochzeit zu verhindern. Und zwar schnell.

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