Kapitel 22: Das Ende eines Krieges

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„STOPP!", kam eine Stimme aus der Menge. Ich merkte, wie sich die meisten nach der Quelle der Stimme umsahen. Ich aber behielt meinen Vater im Auge. Auch er hatte innegehalten und schaute auf.

Erst als die Wachen enger an mich herantraten und die Hände an den Schwertern hatten, schaute auch ich mich um. Auf die Bühne kletterte in dem Moment niemand geringeres als Arthus. Hinter ihm sah ich Lisenne, Jaris' Großmutter, die mir freudig zuwinkte. Die Wachen entspannten sich augenblicklich als der Königssohn sich zwischen mich und den Henker stellte.

Mein Blick ging zu seiner Mutter. Ihr Gesichtsausdruck sprang zwischen Überraschung und Empörung hin und her. Sie sagte jedoch nichts.

„Ein erzwungener Frieden?", erhob Arthus stattdessen das Wort. „Kein Mensch wäre damit glücklich. Es gebe immer einen Teil der Bevölkerung, der in Angst leben müsste. Ist es das, was ihr wollt? Eine Schreckensherrschaft?" Er hatte sich zum Volk umgedreht. Dieses wurde langsam lauter. Mit einer solchen Unterbrechung hatte niemand gerechnet.

„Es wird nicht unser Volk sein, das leidet.", warf die Königin ein. Es war ein klarer Versuch, das anwesende Volk zu beruhigen.

„Wenn es erst ein Land ist, gibt es keinen Unterschied mehr. Dann ist alles unser Volk, Mutter."

„Dir ist es also lieber, wenn der Krieg weitergeht?", fragte die Königin spitz. Es war ihr sichtlich unangenehm, dass sie diese Diskussion in aller Öffentlichkeit führen musste. Das sah man ihrem verkniffenen Gesicht deutlich an.

Arthus schien von den Worten seiner Mutter getroffen zu sein. Er erwiderte nichts darauf. Ich betrachtete ihn von der Seite. Er dachte nach, was an seinem leichten Mienenspiel zu erkennen war.

Mir kam die lange Zeit im Kerker in den Sinn. Ich hatte so lange dort unten darauf gewartet, dass Arthus kam und mich befreite. Erst in diesem Augenblick merkte ich, dass wir uns gegenseitig befreien mussten. „Hochzeit.", hustete ich und hoffte, dass er mich verstanden hatte.

Sein Blick huschte zu mir. Er schaute mich fragend an und ich nickte aufmunternd.

„Dirin, Kaiser des Schwarzen Nordens.", wendete er sich direkt an meinen Vater. Ab diesem Zeitpunkt gab es kein Zurück mehr. Ich erinnerte mich an den Tag im Palast, an dem mein Vater und ich uns über eine mögliche Hochzeit zwischen den Prinzen des Weißen Südens und mir lustig gemacht hatten. Keiner hätte ahnen können, dass es letzten endlich das war, was ich wollte. „Hiermit halte ich um die Hand Eurer Tochter an. Auf diese Weise will ich den Krieg beenden, das Kaiserreich des Nordens und das Königreich des Südens vereinen und dem Land den Frieden schenken."

Der Blick meines Vaters landete auf mir. Dann legte er die Schreibfeder auf das Pult. Der Vertrag darauf, war bereits vergessen. „Ich stimme Eurer Bitte unter einer Bedingung zu, Prinz Arthus.", antwortete mein Vater ihm. Sein Blick hatte in der gesamten Zeit mich nicht verlassen. Was hatte er vor? Welche Bedingung könnte er haben? „Meine Tochter muss ebenfalls ihr Einverständnis geben." Ich lächelte ihn erleichtert an. Das war eine Bedingung, die mit Leichtigkeit erfüllt werden konnte.

„Ich stimme dem nicht zu. Der Vertrag muss unterschrieben werden oder die Prinzessin verliert ihr Leben.", schrie die Königin. Ihr Gesicht war von Wut verzerrt, als sich ihr Blick auf ihren Sohn richtete. „Und nehmt meinen Sohn fest. Er soll einige Zeit im Kerker verbringen, um wieder vernünftig zu werden."

Die Wachen bewegten sich nicht. Sie sahen den König fragend an, der neben seiner Frau stand und den Kopf schüttelte.

Der Blick der Anwesenden legte sich auf mich. Ich konnte darin Neugier und denselben Gedanken an Freiheit, den ich von mir selbst nur zu gut kannte. Auch der müde Blick meines Vaters lag auf mir. Wer hatte damit rechnen können, dass aus einem Missverständnis eine Realität wurde, die wir uns beide wünschten.

Schließlich wandte ich mich Artus zu. Sein nervöser Blick glitt zwischen seinen streitenden Eltern und mir hin und her. Ich lächelte ihm zu, was seinen Blick bei mir gefangen hielt. „Es wäre schön, dich zu heiraten.", sagte ich.

Um uns herum brach Jubel aus, noch bevor Artus meine Worte komplett wahrgenommen hatte. Dann aber strahlte er übers ganze Gesicht. Wer hätte gedacht, dass es so einfach war, einen Krieg zu beenden?

Um meinen Hals spürte ich das Amulett meiner Mutter. Matilda hatte recht behalten: am Ende musste ich meinen eigenen Weg finden. Artus und ich mussten das beide. Dass dieser Weg zu den Feinden geführt hatte, machte unsere Liebesgeschichte umso spannender.

„Das sind fabelhafte Neuigkeiten, mein Sohn.", erhob der König des Südens das Wort, als sich die Menge auf dem Platz langsam wieder beruhigte. „Mit der Hochzeit wird deine Krönung stattfinden."

„Was? Das war so nicht abgesprochen.", mischte sich die Königin wieder ein. Ihr Gesicht hatte die ganze Zeit über nichts von dem Zorn verlassen, den sie seit der Ankunft ihres Sohnes zur Schau stellte.

„Eine wahrlich großartige Idee, Cain.", mischte sich mein Vater ein und ignorierte dabei die schäumende Königin. „Auch du, Aleria, wirst die Krone mit der Hochzeit erhalten." Das bedeutete, dass nach Jahrhunderten das Land von nur einer Herrscherfamilie regiert werden würde.

„Von wo aus soll dann regiert werden, Kindchen?" Eine bekannte Stimme aus der Menge ließ mich herumfahren. Lisenne.

„Von der Silbernen Burg aus, sobald diese wieder aufgebaut wurde. So haben alle Bewohner des Landes den gleichen Weg zum Regierungssitz.", antwortete ich bestimmt. Es war der alte Sitz der Herrscher. Solange es nur einen König gab, war das der einzige Sitz der Regierung gewesen. Ich war dafür, dass diese Tradition wieder aufgenommen werden würde. Mitten im Wald war nicht umsonst als die perfekte Lage auserkoren worden.

Lisenne nickte mir zu. In ihrem Blick erkannte ich eine Aufforderung, die ich sofort verstand. „König Cain." Ich wendete mich wieder um. „Im Kerker befinden sich einige Bewohner aus einem Dorf mitten im Wald. Sie haben nichts Illegales gemacht. Ich bitte also darum, dass sie so schnell wie möglich freigelassen werden."

Der König nickte mir zu. Ein kurzer Freudenschrei war hinter mir zu hören, was mich zum Lachen brachte. Neben mir hörte ich, wie auch Artus nicht anders konnte, als in Lachen auszubrechen. Nach und nach schlossen sich immer mehr Menschen auf dem Platz an.

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