Kapitel 2

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Nach einer Woche, in welcher Katharina bei mehr Meetings, Besprechungen und Gesprächen anwesend gewesen war als in ihrem ganzen Leben zusammen, hatte sie sich gut in ihre Assistentenrolle eingelebt. Das Mitschreiben der wichtigsten Punkte fiel ihr immer leichter und sie ertappte sich sogar dabei, wie sie immer öfter ihre eigenen Ideen in einer extra Datei mitschrieb.

Am Freitag Nachmittag saßen Frau Baerbock und sie zusammen in ihrem Büro und arbeiteten gegenüber voneinander leise vor sich hin.

"Könnten sie nochmal nach den letzten Umfragewerten schauen, bitte?", meldete sich Frau Baerbock nach einiger Zeit zu Wort. Katharina machte sich natürlich sofort an die Arbeit und suchte die passende Umfrage heraus. Und sie war überrascht; noch vor 84 Stunden hatte die andere Frau bei den Sympathie-Umfragen für die Kanzlerkandidatur hinter ihrem Kollegen Robert Habeck gelegen, doch jetzt... Schnell ging sie mitsamt ihrem Laptop um den Tisch um ihn vor Frau Baerbock abzustellen und ihr die aktualisierten Werte zu zeigen.


"Sie liegen vorne!"; grinste Katharina überschwänglich. Frau Baerbock musste schmunzeln und sah mit gehobener Augenbraue zu ihr auf. "Eigentlich ist es ja ganz egal wer Kanzlerkandidat oder Kanzlerkandidatin wird, ob Robert oder ich, es geht ja um das, wofür wir stehen, als Partei."

"Natürlich tut es das, aber...stellen sie sich das mal vor, sie als Frau, junge Mutter; Kanzlerin!", schwärmte Katharina. "Außerdem sind sie perfekt dafür geeignet, kompetent, sympathisch, leidenschaftlich bei dem was sie erreichen wollen."

"Danke, Frau Widmann, ich weiß ihre Worte sehr zu schätzend.", meinte sie ehrlich. "Aber Robert und ich werden uns in den nächsten Tagen einig werden müssen.", Katharina nickte verstehend.

Frau Baerbock schielte auf ihre Armbanduhr.

"Ich denke sie können für heute Schluss machen, ich sehe sie dann am Montag in alter Frische.", Katharina nickte erneut und fing an ihre Sachen zusammenzupacken.

"Falls übers Wochenende irgendetwas dringend erledigt werden muss oder sie mich...ich gebraucht werde, stehe ich gerne zur Verfügung, sie haben ja meine Nummer.", bot Katharina an, während sie sich ihre Tasche umhing. Nachdem Frau Baerbock ihr versichert hatte, dass sie sie kontaktieren würde falls nötig, verließ sie das Büro und machte sich auf den Weg nach Hause.

***

Sonntag Abend, Frau Baerbock hatte sich nicht gemeldet. Katharina wusste nicht ob sie das als positiv oder negativ abstempeln sollte. Entweder sie war noch nicht lange genug dabei, dass Frau Baerbock ihr bei Notfällen oder Neuigkeiten an einem Wochenende schrieb, oder sie hielt sie für zu unerfahren. Oder es war ganz einfach nichts los gewesen. Aber so kurz vor der Stellung eines Kanzlerkandidaten oder einer Kanzlerkandidatin musste es doch gefühlt stündlich Updates geben, oder waren sie und Herr Habeck so in ihre Entscheidungsfindungen vertieft, dass der Rest der Partei erst morgen früh, kurz vor der Presse, bescheid bekommen würde?!

Sie rührte, komplett in Gedanken vertieft in der Tomatensoße auf der Herdplatte herum, so dass ihr Handy fast schon schallend laut auf dem Tisch vibrierte. Sie erschrak sich so sehr, dass ihr der Kochlöffel aus der Hand rutschte und zurück in den Topf fiel, wobei die Soße überall in ihrer Küche verteilt wurde, inklusive ihres Handrückens.

"Fuck!", schnell hielt sie die verbrannte Stelle unter den kühlen Wasserstrahl und fischte mit der anderen Hand nach ihrem Handy.


Neue Nachricht - +49 157 59878 461

Guten Abend Frau Widmann,

Es tut mir leid, wenn ich sie an ihrem freien Tag störe, aber ich dachte sie würden vielleicht gerne wissen, dass Robert und ich zu einer Übereinkunft bezüglich des Kanzlerkandidaten gekommen sind. Ich hätte fast Robert den Vortritt gelassen, da ich mir sicher war, dass er besser bei den potentiellen Wählern ankommt, aber ihre Worte von neulich haben mich zum Überdenken meiner Meinung gebracht und ich muss ihnen Recht geben. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass ich mich selbst als kompetenter sehe als Robert, aber ich finde es wichtig der Bevölkerung zu zeigen, dass auch eine Frau, und vor allem eine Mutter, Kanzlerin werden kann. Robert und ich sind deshalb gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass ich als Kanzlerkandidatin kandidieren werde.

Choosing You - An Annalena Baerbock FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt