Der Wecker riss Katharina am nächsten Morgen viel zu früh aus einem sowieso unruhigen Schlaf. Sie war gegen halb fünf endlich eingeschlafen, nachdem sie sich stundenlang in einer Mischung aus Selbstmitleid, Wut und Enttäuschung gewälzt hatte.
Sie bemerkte wie Annalena neben ihr aufstand. Für kurze Zeit war es still, bis sie zu ihrem Kleiderschrank hinüber ging, einige Kleider heraussuchte und dann das Zimmer verließ. Katharina hörte, wie sich die Badtür öffnete und wieder schloss und sie atmete automatisch erleichtert aus. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte, aber die Realisation ließen ihr die Tränen erneut in die Augen steigen. Sie wünschte, sie könnte die Zeit noch einmal zurück drehen, noch einmal die letzten 24 Stunden rückgängig machen. Doch das würde nichts ändern, zwar wäre der Streit des gestrigen Abends nie passiert, jedoch würde Katharina weiterhin an die stechenden Worte der anderen Frau denken müssen.
Die Tränen liefen ihr die Wangen hinunter und sie wollte einfach nur noch verschwinden. Die Tür zum Badezimmer öffnete sich erneut und schnell wischte sich Katharina über ihr Gesicht um die verräterischen Spuren der Tränen zu beseitigen. Als sie sich sicher war, dass Annalena in der Küche war, verschwand sie selbst im Badezimmer und fing an sich fertig zu machen.
Ihrem Spiegelbild sah man deutlich den Schlafmangel der vergangenen Nacht an und auch drei Schichten Concealer halfen nicht allzu viel, um die dunklen Augenringe zu kaschieren.
Nach 20 Minuten traute sie sich dann endlich das Bad zu verlassen und Annalena in der Küche gegenüber zu treten.
"Guten Morgen, Liebling.", lächelte die Ältere und hielt ihr eine noch dampfende Tasse entgegen. "Hier, ich hab dir Tee gemacht."
Katharina war mehr als verwirrt. Sie hätte erwartet, dass Annalena immer noch sauer sein würde, oder sich zumindest etwas kühler ihr gegenüber verhalten würde. Aber sie benahm sich wie sonst auch, als wäre nichts vorgefallen.
Sie nahm die Tasse dankend entgegen und nippte an ihrem Getränk um wenigstens irgendetwas zu tun und nicht einfach nur dumm herum zu stehen. Sie wusste nicht, ob Annalena dachte, dass ihre...Diskussion von gestern so leicht vergessen wäre oder ob sie nun einfach krampfhaft versuchte die Situation zu überspielen, aber Katharina gefiel das Ganze irgendwie ganz und gar nicht.
"Ich hab heute sehr viele Termine außerhalb des Büros, du musst also nicht unbedingt mitkommen. Mach dir einen schönen Tag zu Hause."
Katharina schluckte schwer. Sie wollte sie also nicht dabei haben, sie hatte schon verstanden. Es tat weh, aber vielleicht würde ihnen Beiden das jetzt gut tun. Sie brauchte etwas Abstand um ihre komplett zerstreuten Gedanken etwas zu ordnen. Sie nickte und versuchte es mit einem Lächeln, was ihr allerdings eher schlecht als recht gelang.
Kurz zögernd lehnte Annalena sich nach vorne und presste ihr einen Kuss auf die Lippen. "Bis heute Abend, es wird nicht allzu spät.", meinte sie noch, bevor sie die Wohnungstür hinter sich zu zog. Und dann war Katharina alleine.
Eigentlich hätte sie sich gleich denken können, dass sie mit dem ganzen ihre Gedanken ordnen nicht weit kommen würde. Den kompletten Tag verbrachte sie damit aufzuräumen, zu putzen, einzukaufen, sich abzulenken nur um nicht an die immer noch schmerzenden Worte ihrer Freundin denken zu müssen. Sie wollte sie ja verstehen, wirklich, aber sie konnte doch nicht mit jemandem zusammen sein, der sich nicht einmal traute in der Öffentlichkeit mit ihr gesehen zu werden, oder? Sie hatte doch nicht ihre komplette Kindheit und Jugend diesen Teil von sich verborgen , nur um sich dann, kurz nachdem sie sich von all den Menschen distanziert hatte, die sie nicht akzeptiert hatten, wieder verstecken zu müssen.
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Choosing You - An Annalena Baerbock FF
RomantikKatharina war jung, entschlossen und...nervös. Sie hatte es geschafft einen Praktikumsplatz bei der Parteivorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock zu ergattern, welches sie nun als letzten Schritt von ihrem Bachelor Abschluss trennte. Fest entschl...