VIII

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Das konnte doch nicht wahr sein...

Levis Sicht:

Ich hatte das Gefühl, dass mein Herz kurz stehen blieb.

"Mike..." flüsterte ich.

Vor mir war ein Mike, eine Blutlache umzingelte ihn und bewegen tat er sich nicht. Schon wieder, schon wieder verlor ich Personen, die ich ins Herz schließen konnte. Wer würde wohl der oder die nächste sein?
Ich will es garnicht wissen.

"Was machen wir denn jetzt?" fragte Erwin, der schon lange etwas für den nun toten hegte. Es hätte alles so toll laufen können, warum mussten wir sich hier hin fahren. Warum musste ich mein Handy abgeben? Hätte ich mich gewehrt, hätten wir wen anrufen können und uns eventuell diese Schicksalsschläge erspart. Schuldgefühle überkamen mich und ich sank enttäuscht von mir selber den Kopf.

"Es ist nicht deine Schuld." flüsterte Eren, der nun mich stützte.

"Wenn das so weiter geht, hat dir meine Nummer rein garnichts gebracht."

"Du bringst mir viel mehr als deine Nummer. Wir kommen hier schon raus, dass verspreche ich."

Wie konnte er nur so optimistisch bleiben? Er hatte seinen besten Freund verloren und nun stützte er mich.
Und das auch psychisch.
Es verleitete mir etwas Hoffnung.

"Lasst uns weiter gehen."

Wir gingen weiter, ließen jemand weiteres zurück und hofften, hier ohne weitere tote rauskommen zu können. Ziemlich nicht machbar, wenn man bedenkt, in was für eine Situation wir hier steckten.
Ich gebe Hanji mittlerweile auch nicht die Schuld, zumindest nicht die komplette. Wegen ihr waren wir zwar hier drinnen, doch ich glaube kaum, dass es ihre Absicht war, uns umzubringen. Man sah ihr an, dass es sie mitnahm. Ihre Augen und Wangen waren rot und nässlich, sie schien geweint zu haben. Kein Wunder, ich könnte auch jeden Moment drauf los flennen.

Wir liefen weiter.
Das taten wir schon die ganze Zeit.
Apropos

"Wie viel Zeit ist eigentlich vergangen?" fragte ich in die Gruppe.

"Keine Ahnung. Wir haben keine Handys." sagte Hanji und sank niedergeschlagen ihren Kopf.

"Idiot." murrte meine Cousine.

"Hätte ja sein können, dass jemand eine Uhr oder ein zweites Handy hatte. Was ist heute bloß los mit dir, Mikasa?" giftet Eren sie an.

"E-Eren." sagte Mikasa überrascht.
"Was zum Teufel siehst du bloß in ihm, was du nicht in mir sehen kannst. Warum verteidigst du ihn eigentlich die ganze Zeit? Du kennst ihn kaum!"

"Nenn mir ein Grund es nicht zu tuhen." ignorierte angesprochener den ersten Teil.

"Du kennst mich viel länger und besser als ihn!"

"Und trotz dieser kurzen Zeit, in der ich ihn kennen gelernt habe, mag ich ihn weitaus mehr als dich."

"Eren!" schrie sie überrascht auf.

"Leute hört auf! Wir sind alle etwas durcheinander und verwirrt.
Doch wir müssen uns jetzt alle zusammen reißen, um nicht drauf zu gehen! Für Armin und Mike." versuchte Erwin die beiden zu stoppen.

"Bei ihm wäre es mir nur recht." flüsterte Mikasa noch angepisst.

Plötzlich schallte ein Klatschen durch den Raum und kaum eine Sekunde später war es so still wie bei einer wichtigen Prüfung. Zugegeben, es war auch eigentlich eine Prüfung.
Vielleicht auch eine, wie man seine Agressionen zügeln konnte.
Da wäre kommende aber definitiv durchgefallen.

Meine beste Freundin Hanji hatte soeben tatsächlich meine Cousine geschlagen. Wäre die Situation nicht so ernst, hätte ich wahrscheinlich drauf los gelacht, doch hatten wir gerade schlichtweg wichtigere Sachen zu erledigen, dafür hätte ich später noch Zeit.

Vorausgesetzt es gibt ein später.
Der nächste Raum ließ mich nämlich wieder daran zweifeln. Der recht kleine Raum war voll mit Zeitungen und Papieren. Auf der Wand uns gegenüber hingen vier Gemälde.

Ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn.

Was konnte man damit bloß anfangen, eine weitere Tür war ebenfalls nicht in Sicht. Das würde wohl echt schwer werden. Ich ging zur Zeitung und sah sie mir an. Nach kurzer Zeit taten es mir die anderen übriggebliebenen gleich.

"Fällt euch was auf?" fragte ich als ich die Zeitungen durch neue austauschte.

"Nein, dass sind alles unterschiedliche Artikel."

"Aber alle von dem gleichen Zeitschriftenverlag."

"Bremener Zeitung."

"Irgendwas muss es hier doch geben. Schaut nach dem heutigen Datum vor ein paar Jahren. Ist heute ein besonderer Tag?"

"Unsere Verlobungsfeier?" prasselte Hanji.

"Nein, etwas anderes. Vielleicht eine Wiedervereinigung oder so." wiedersprach ihr ihr Verlobter.

"Ich bin da raus. Ich hab in Geschichte nie aufgepasst." seufzte Erwin.

"Kein Wunder. Unsere Lehrerin hat mehr geschrien als unterrichtet." erwiederte ich.

"Ja, aber hätte ich gewusst, dass ich das mal brauchen würde, dann hätte ich ihr vielleicht doch zugehört."

"Hättest du nicht."

"Stimmt."

"Märchenstraße 45-47." laß Eren vor.

"Huh?"

"Märchenstraße 45-47. Das ist die Adresse des Verlags. Aber natürlich." sagte er und ging schnellen Schrittes auf die Gemälder zu.

"Hey warte mal! Glaubst du, dass ist sicher?" frage Moblit, als Eren die Bilder tauschte.

"Kennt ihr die Bremer Stradtmusikanten?" fragte dieser jedoch.

Jetzt verstand ich.

"Eren, du bist ein Genie!" lobte ihn Hanji.

Ich lächelte ihm bloß stolz entgegen.

𝗘𝘀𝗰𝗮𝗽𝗲 𝘄𝗶𝘁𝗵 𝗺𝗲 | ᴇʀᴇʀɪ/ʀɪʀᴇɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt