Kapitel 1 ✔️

1.1K 34 7
                                    

L U N A

Wir hatten den letzten Ferientag.
Ich saß zusammen mit Mine und Ron bei Fortescues Eissalon.
Ich hatte die beiden hier getroffen und jetzt sitze ich neben Mine und löffle mein Schokoladeneis.
Ich liebe Schokolade!
Meine ganzen Schulsachen habe ich schon gekauft und Remus packt wahrscheinlich gerade zu Hause seinen Koffer.
Plötzlich entdeckte ich Harry in der Menge aus Leuten und stupste Mine an.
„Harry! Harry!", riefen wir drei.
Im übrigen, Ron sah unglaublich sommersprossig aus und Mine war ganz braun gebrannt.
Harry setzte sich zu uns.
„Endlich!", sagte Ron und grinste Harry an. „Wir waren im Tropfenden Kessel, aber sie meinten, du seist ausgegangen und dann sind wir zu Flourish & Blotts und zu Madame Malkins und -"
„Ich hab alle meine Schulsachen schon letzte Woche besorgt.", erklärte Harry. „Und woher wisst ihr eigentlich, dass ich im Tropfenden Kessel wohne?"
„Dad.", sagte Ron nur.
Arthur, der beim Zaubereiministerium arbeitete, hatte natürlich die ganze Geschichte mit Tante Magda gehört.
„Hast du wirklich deine Tante aufgeblasen?", fragte ich mit belustigter Stimme und Mine sah Harry ernst an.
„Wollte ich gar nicht.", sagte Harry, während sich Ron vor Lachen schüttelte. „Ich hab einfach die Nerven verloren."
„Das ist nicht lustig, Ron.", sagte Mine scharf. „Ehrlich gesagt, ich bin erstaunt, dass sie Harry nicht von der Schule verwiesen haben."
Irgendwie kann ich mir denken, warum nicht...
„Das bin ich auch.", gab Harry zu. „Aber was heißt von der Schule fliegen, ich dachte schon, sie würden mich verhaften."
Er sah Ron an.
„Dein Dad weiß nicht, warum Fudge mich laufen ließ, oder?"
„Wahrscheinlich, weil du es bist.", sagte Ron schulterzuckend und immer noch kichernd. „Der berühmte Harry Potter, du weißt schon. Ich möchte nicht wissen, was das Ministerium mit mir angestellt hätte, wenn ich meine Tante aufgeblasen hätte. Na ja, sie würden mich erst ausgraben müssen, denn meine Mum hätte mich gleich umgebracht. Übrigens kannst du Dad heute Abend selbst fragen. Wir übernachten auch im Tropfenden Kessel! Und wir können morgen zusammen nach King's Cross fahren. Hermine ist auch dabei! Wie lange darfst du eigentlich bleiben, Luna?"
Mine nickte strahlend.
„Mum und Dad haben mich heute Morgen mit all meinen Hogwarts-Sachen hergebracht."
„Ich darf bis heute Abend um 21:00 Uhr bleiben, dann holt mich Remus wieder ab.", erklärte ich Ron und dieser nickte.
„Toll!", sagte Harry glücklich. „Wie sieht's aus, habt ihr alle eure Bücher und Sachen?"
„Sieh dir das mal an.", sagte Ron und zog eine lange schmale Schachtel aus seiner Tasche und öffnete sie. „Brandneuer Zauberstab. Vierzehn Zoll, Weide, mit Einhornschwanz-Haar. Und wir haben alle Bücher beisammen -", er deutete auf eine große Tüte unter seinen Stuhl. „Was ist eigentlich mit diesen Monsterbüchern los? Der Verkäufer ist fast in Tränen ausgebrochen, als wir zwei Stück verlangt haben."
Oh ja, bei diesem Buch ist einer meiner Gürtel draufgegangen. Dem Käufer hab ich einen Schockzauber empfohlen.
„Was ist das denn alles, Hermine?", fragte Harry und deutete nicht auf eine, sondern auf drei prall gefüllte Tüten auf dem Stuhl neben ihr.
„Tja, ich hab eben mehr Fächer gewählt als ihr.", sagte Mine. „Das sind meine Bücher für Arithmantik, Pflege magischer Geschöpfe, Weissagung, Alte Runen, Muggelkunde -"
„Warum gehst du eigentlich in Muggelkunde?", fragte Ron und sah, die Augen rollend, zu Harry hinüber. „Du stammst doch von Muggeln ab! Deine Eltern sind doch Muggel! Du weißt doch schon alles über Muggel!"
„Aber es ist spannend, sie aus der Sicht der Zauberei zu studieren.", sagte Mine mit ernster Stimme.
„Hast du vor, dieses Jahr überhaupt noch zu essen und zu schlafen, Hermine?", fragte Harry, während Ron gluckste.
Mine ließ sich nicht beirren.
„Ich hab noch zehn Galleonen.", sagte sie und sah in ihrer Geldbörse nach. „Ich hab im September Geburtstag und Mum und Dad haben mir ein wenig Geld gegeben, damit ich mir schon mal ein Geschenk kaufe."
Ich hab für Mine schon ihr Geschenk.
„Wie wär's mit einem guten Buch?", sagte Ron mit Unschuldsmiene.
„Nein, eher nicht.", gab Mine trocken zurück. „Ich will eigentlich eine Eule. Immerhin hat Harry seine Hedwig, Luna hat Shadow und du hast Errol."
Ich nickte und bezahlte dem Kellner mein Eis.
„Hab ich nicht.", sagte Ron. „Errol ist eine Familieneule. Alles, was ich hab, ist Krätze."
Er zog seine Ratte aus der Tasche und ich zuckte wieder zusammen.
Ich mag immer noch keine Ratten.
Ich weiß zwar nicht, wieso, aber es ist so.
„Und ich will ihn untersuchen lassen.", fügte er hinzu, während er Krätze auf den Tisch legte. „Ich hab den Eindruck, Ägypten ist ihm nicht bekommen."
Krätze war dünner als sonst und seine Schnurrhaare waren sichtlich erschlafft.
„Gleich da drüben ist ein Laden für magische Geschöpfe.", sagte ich und lächelte. „Du könntest fragen, ob sie irgendwas für Krätze haben und Mine kann ihre Eule kaufen."
Also bezahlten die anderen ihren Eisbecher und gingen zusammen über die Straße zur Magischen Menagerie.
Drinnen war es ziemlich eng.
Jeder Zentimeter Wand war mit Käfigen voll gestellt.
Die Luft war schlecht und die Bewohner der Käfige kreischten, quiekten, fiepten, plapperten oder zischten alle durcheinander und veranstalteten ein Höllenspektakel.
Die Hexe hinter der Ladentheke gab einem Zauberer gerade Ratschläge zur Pflege doppelschwänziger Wassermolche und Harry, Ron, Mine und ich erkundeten inzwischen die Käfige.
Ein Paar gewaltiger purpurroter Kröten machte sich schlabbernd und schluckend über tote Schmeißfliegen her.
Eine gigantische Schildkröte mit juwelenbesetztem Panzer glitzerte in der Nähe des Fensters.
Giftige orangerote Schnecken saugten sich gemächlich an den Wänden ihrer Glaskästen hoch und ein fettes weißes Kaninchen verwandelte sich unter lautem Knallen in einen seidenen Zylinder und wieder zurück.
Zudem gab es Katzen jeder Farbe, einen lärmigen Käfig voller Raben, einen Korb mit merkwürdigen senffarbenen Pelzbällchen, die laut summten und auf der Theke stand ein riesiger Käfig mit schlanken schwarzen Ratten, die mit ihren langen kahlen Schwänzen eine Art Hüpfspiel veranstalteten.
Der Zauberer mit den doppelschwänzigen Wassermolchen verließ den Laden und Ron trat an die Theke.
„Das ist meine Ratte", sagte er zu der Hexe, „sie hat ein wenig Farbe verloren, seit wir aus Ägypten zurück sind."
„Klatsch sie auf die Theke.", sagte die Hexe und zog eine klobige schwarze Brille aus ihrer Tasche.
Ron zog Krätze aus seiner Innentasche und legte ihn neben den Käfig seiner Artgenossen, die mit ihrem Hüpfspiel aufhörten und zum Gitterdraht huschten, um ja nichts zu verpassen.
Wie fast alles, was Ron besaß, war Krätze aus zweiter Hand (er hatte einst Ron's Bruder Percy gehört) und wirkte ein wenig mitgenommen.
Neben den Hochglanzratten im Käfig sah er besonders mitleiderregend aus.
„Hm.", sagte die Hexe und hob Krätze hoch. „Wie alt ist diese Ratte?"
Ich glaube, Ron weiß das selbst nicht.
Aber ich vermute 12 oder 13 Jahren?
„Keine Ahnung.", sagte Ron. „Ziemlich alt. Sie hat mal meinem Bruder gehört."
„Welche Kräfte hat sie?", fragte die Hexe und musterte Krätze eingehend.
„Ähm.", sagte Ron.
Die Wahrheit war, dass Krätze nie die Spur einer interessanten Kraft gezeigt hatte.
Der Blick der Hexe wanderte von Krätze's angeknabbertem linkem Ohr zu seiner Vorderpfote, an der ein Zeh fehlte und er tat sein Missfallen laut kund.
„Der wurde aber wirklich übel mitgespielt.", meinte sie.
„Sie war schon so, als ich sie von Percy bekommen hab.", erklärte Ron zu seiner Verteidigung.
„Eine gewöhnliche Haus- oder Gartenratte wie diese hier wird meist nicht älter als drei Jahre.", sagte die Hexe. „Nun, wenn du nach etwas Haltbarerem suchst, könntest du dich vielleicht mit einer von diesen anfreunden."
Sie zeigte auf die schwarzen Ratten, die prompt wieder anfingen zu hüpfen.
„Angeber.", murmelte Ron.
Ich kicherte leise.
„Schön, wenn du keine neue willst, kannst du diese Rattentinktur ausprobieren.", sagte die Hexe, griff unter die Theke und holte eine kleine rote Flasche hervor.
„Gut", sagte Ron, „wie viel - autsch!"
Ron duckte sich, denn etwas riesiges und orangerotes war von einem Käfigdach hoch oben, wie es scheint, auf den Regalen heruntergesprungen, auf seinem Kopf gelandet und hatte sich dann wild fauchend auf Krätze gestürzt.
„Nein, Krummbein, aus!", rief die Hexe, doch Krätze flutschte wie ein Stück nasser Seife zwischen ihren Händen hindurch, landete bäuchlings auf dem Boden und raste zur Tür.
„Krätze!", schrie Ron und jagte ihm nach aus dem Laden; Harry folgte ihm.
Zehn Minuten später verließen Mine und ich den Laden und standen vor Harry und Ron.
Mine hatte sich keine Eule gekauft.
„Du hast dieses Monster gekauft?", fragte Ron und starrte sie mit offenem Mund an.
„Ist er nicht unglaublich?", sagte Mine strahlend.
Na ja, jeder hat eine andere Meinung, aber ich bin zufrieden, dachte ich.
Das rötliche Fell des Katers war dick und flauschig, doch er sah unleugbar etwas krummbeinig aus und sein Gesicht wirkte missmutig und seltsam eingedellt, als ob er geradewegs gegen eine Backsteinmauer gerannt wäre.
„Hermine, das Ungeheuer hat mich fast skalpiert!", sagte Ron.
„War keine Absicht, oder, Krummbein?", sagte Mine.
„Und was ist mit Krätze?", sagte Ron und deutete auf das Knäuel in seiner Brusttasche. „Meine Ratte braucht Ruhe und Entspannung! Wie soll das gehen, wenn dieses Ding in der Nähe ist?", fragte Ron.
Ich klopfte ihm auf die Schulter.
„Da fällt mir ein, du hast dein Rattentonikum vergessen.", sagte Mine und drückte Ron die kleine rote Flasche in die Hand. „Und mach dir keine Sorgen, Krummbein schläft bei mir und Luna im Schlafsaal und Krätze bei dir, wo ist das Problem? Armer Krummbein, die Hexe sagte, er sei schon seit Ewigkeiten da und keiner wollte ihn haben."
„Das wundert mich auch.", sagte Ron mit säuerlicher Miene und wir machten uns auf den Weg zum Tropfenden Kessel.
In der Bar des Wirtshauses saß Arthur und las den Tagespropheten.
Er blickte auf. 
„Harry, Luna!", sagte er lächelnd. „Wie geht's euch?"
„Danke, gut.", sagten Harry und ich synchron und wir vier setzten uns zu ihm.
Arthur legte die Zeitung beiseite und mein Blick fiel auf ein vertrautes Foto.
Sirius Black starrte mir ins Gesicht.
Unwillkürlich musste ich Lächeln.
„Sie haben ihn also noch immer nicht?", fragte Harry.
„Nein.", sagte Arthur mit ernster Miene. „Das Ministerium hat uns alle von den täglichen Pflichten entbunden, um ihn mit vereinten Kräften zu suchen, doch bislang hatten wir wenig Glück."
„Wär eine Belohnung für uns drin, wenn wir ihn fangen würden?", fragte Ron. „Ein wenig Geld könnte ich gut gebrauchen."
„Sei nicht albern, Ron.", sagte Arthur, der bei näherem Hinsehen äußerst angespannt wirkte. „Black wird sich von einem dreizehnjährigen Zauberer nicht fangen lassen. Es sind die Wachen von Askaban, die ihn kriegen werden, darauf kannst du dich verlassen."
Ich wurde bleich und Arthur sah mich entschuldigend an.
In diesem Augenblick kam Molly in die Bar, beladen mit Einkäufen und gefolgt von den Zwillingen Fred und George, die nun ihr fünftes Jahr in Hogwarts begannen, vom neu gewählten Schulsprecher Percy und vom jüngsten Kind und einzigen Mädchen der Weasley's, Ginny.
Ginny war von Harry immer schon hingerissen gewesen und als sie ihn jetzt sah, stürzte sie offenbar in noch tiefere Verlegenheit als sonst, vielleicht, weil er ihr letztes Jahr in Hogwarts das Leben gerettet hatte.
Sie wurde puterrot und murmelte: „Hallo", ohne ihn anzusehen.
Percy jedoch streckte Harry feierlich die Hand entgegen, als ob er und Harry sich noch nie gesehen hätten: „Harry. Wie schön dich zu sehen."
„Hallo, Percy.", sagte Harry und ich bemühte mich, nicht zu lachen.
„Ich hoffe, dir geht's gut?", sagte Percy pompös und schüttelte ihm die Hand.
„Sehr gut, danke."
„Harry!", sagte Fred, schon Percy mit den Ellbogen aus dem Weg und verbeugte sich tief. „Einfach toll dich zu sehen, alter Junge."
„Großartig.", sagte George, stieß Fred beiseite und ergriff seinerseits Harry's Hand. „Absolut umwerfend."
Percy runzelte die Stirn.
„Das reicht jetzt.", sagte Molly.
„Mum!", sagte Fred, als ob sie just in diesem Augenblick erkannt hätte, und packte ihre Hand.„Einfach unglaublich dich zu sehen."
„Genug jetzt, hab ich gesagt.", herrschte ihn Molly an und stellte ihre Einkäufe auf einem freien Stuhl ab.
„Hallo, Harry, mein Lieber. Ich nehme an, du hast du fabelhafte Neuigkeit schon erfahren?"
Sie deutete auf das brandneue silberne Abzeichen auf Percy's Brust.
„Der zweite Schulsprecher in der Familie!", sagte sie und schwoll vor Stolz an.
„Und der letzte.", murmelte Fred hintenherum.
„Das bezweifle ich nicht.", sagte Molly und runzelte plötzlich die Stirn. „Mir ist nicht entgangen, dass sie euch beide nicht zu Vertrauensschülern ernannt haben."
„Wozu sollen wir denn Vertrauensschüler sein?", fragte George und schien bereits von der bloßen Vorstellung angewidert. „Das würde uns doch jeden Spaß im Leben nehmen."
Ginny gluckste und ich kicherte.
„Du solltest deiner Schwester ein besseres Vorbild sein.", fauchte Molly.
„Ginny hat doch noch andere Brüder, die ihr ein Vorbild sein können, Mutter.", sagte Percy hochmütig. „Ich geh nach oben und zieh mich zum Abendessen um..."
Er verschwand und George seufzte schwer.
„Wir wollten ihn in eine Pyramide einmauern.", meinte er zu Harry und mir gewandt. „Aber Mum hat uns erwischt."
Jetzt lachte ich laut los.

Um 21:00 Uhr kam Remus.
„Kommst du, Lu?", fragte er grinsend.
„Klar, Remi. Bis morgen, Leute.", verabschiedete ich mich, nahm Remus' Arm und kurz danach waren wir zu Hause.
Ich ließ mich in einen Sessel sinken.
„Remus? Was ist, wenn sie Dad wieder einfangen? Werde ich Dad dann jemals kennenlernen?", seufzte ich traurig.
„Dein Vater lässt sich nicht so schnell fangen und ich spreche aus Erfahrung. Kommst du? Der Mond geht gleich auf.", erklärte Remi.
Ich nickte.
Heute war Vollmond.
Zusammen ging ich mit Remus in den Wald.
Ich verwandelte mich in meinen weißen Wolf und kurz darauf hörte ich Remus' Knochen knacken.
Als es aufhörte, jagte Remus ein Kaninchen und dann legten wir uns an einem See hin.
Später, als Remus sich zurück verwandelt hat, gingen wir beide, ich auch wieder in meiner Gestalt, zurück nach Hause.
Dort legte ich mich müde ins Bett.

Luna Black 3 - Harry PotterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt