L U N A
Es war schon eine merkwürdige Prozession, an der ich teilnahm.
Krummbein trippelte voraus die Treppe hinunter.
Dann kamen Remus, Pettigrew und Ron, die aussahen, als wollten sie bei einem Dreibeinwettlauf antreten.
Ihnen folgte Professor Snape, der, senkrecht schwebend und mit den Füßen gegen die Stufen schlagend, einen unheimlichen Anblick bot.
In der Schwebe hielt ihn sein eigener Zauberstab, den Dad auf Snape's Rücken gerichtet hielt.
Harry, Mine und ich bildeten den Schluss.
Aus dem Tunnel auszusteigen war schwierig.
Remus, Pettigrew und Ron mussten sich zur Seite drehen, um es zu schaffen; Remus hielt Pettigrew weiterhin mit dem Zauberstab in Schach.
Ich beobachtete, wie sie, aneinander gekettet, den Tunnel entlang stolperten.
Krummbein ging munter voran.
Dad, mit mir im Gefolge, ließ Snape vor sich herschweben, dessen leblos baumelnder Kopf immer wieder gegen die Tunnelwand schlug.
Ich hatte den Eindruck, dass sich Dad nicht darum scherte.
Aber was geht mich das an?
Mühsam quälten wir uns voran.
„Du weißt, was das bedeutet?", sagte Dad zu Harry gewandt, „Pettigrew auszuhändigen?"
„Dann sind Sie frei.", sagte Harry.
„Ja...", sagte Dad. „Aber ich bin auch - ich weiß nicht, ob man es dir je gesagt hat - ich bin dein Pate."
„Oh, keine Sorge, das hat er gehört.", murmelte ich leise.
Mine sah mich von der Seite belustigt an und ich zuckte nur schmunzelnd mit den Schultern.
„Ja, ich weiß.", sagte Harry.
„Nun... deine Eltern wollen, dass ich dein Vormund werde", sagte Dad steif, „falls ihnen irgendwas geschehen sollte..."
Harry schien zu warten.
„Ich verstehe natürlich, wenn du bei deiner Tante und deinem Onkel bleiben willst.", sagte Dad. „Aber... nun... denk darüber nach. Sobald mein guter Name wiederhergestellt ist... wenn du ein... ein neues Zuhause willst..."
„Dad, du bist manchmal echt selbstverliebt, weißt du das? Meinen guten Namen!", sprach ich und lachte.
Dad grinste, zog mich an sich und verwuschelte mir meine guten Haare.
Ok, ich bin auch selbstverliebt, aber nur ein minimales bisschen.
„Wie - bei Ihnen wohnen?", fragte Harry und stieß mit dem Kopf versehentlich gegen ein Stück Fels, das aus der Tunneldecke ragte.
„Die Dursley's verlassen?"
„Natürlich, es war mir schon klar, dass du nicht willst.", sagte Dad rasch. „Ich verstehe, ich dachte nur, ich -"
„Du bist wohl verrückt.", sagte Harry und seine Stimme krächzte längst genauso wie die von Dad. „Natürlich will ich von den Dursley's weg! Hast du ein Haus? Wann kann ich einziehen?"
Dad wandte sich um und sah ihn an; Snape's Kopf scheuerte über die Decke, doch Dad schien es nicht zu kümmern.
„Du willst?", fragte er. „Im Ernst?"
„Ja, im Ernst!", sagte Harry.
Ich kicherte und legte Harry einen Arm um die Schulter.
„Dann wirst du ein kleines Problem an der Backe haben, Harry.", lachte ich.
„Wieso?", fragte er grinsend.
„Ich werde auch einziehen. Schließlich ist er mein Dad. Aber der Vorteil ist, du bist nicht allein.", trällerte ich lachend.
„Oh, das dürfte kein Problem sein. Schließlich muss ich mich seit drei Jahren schon mit dir rumschlagen.", sprach er.
Ich sah ihn empört an, bis wir beide los prusteten.
Dad's ausgemergeltes Gesicht verzog sich zum ersten wirkliche Lächeln, das ich bei ihm gesehen hatte.
Wir sprachen kein Wort mehr, bis wir das Ende des Tunnels erreicht hatten.
Krummbein schoss pfeilschnell voran nach oben; offenbar hatte er bereits die Pfoten auf den Knoten am Baumstamm gesetzt, denn Remus, Pettigrew und Ron kletterten nach oben, ohne dass von den tödlichen Peitschenhieben der Weide etwas zu hören war.
Dad führte Snape am Zauberstab hoch und durch das Erdloch, dann trat er zur Seite und ließ Harry, Mine und mich vorbei.
Endlich waren wir alle draußen.
Über die Ländereien war die Nacht hereingebrochen, das einzige Licht kam von den fernen Fenstern des Schlosses.
Schweigend machten wir uns auf den Weg.
Pettigrew atmete immer noch pfeifend und ließ gelegentlich ein Wimmern hören.
Es ist schön, dass ich endlich meinen Dad habe.
Darauf habe ich lange gewartet und ich bin sehr glücklich ihn wieder zu haben.
„Keine falsche Bewegung, Peter.", sagte Remus vor uns in drohendem Ton.
Den Zauberstab hielt er immer noch auf Pettigrew's Brust gerichtet.
Schweigend zogen wir weiter und allmählich wurden die Lichter des Schlosses größer.
Snape schwebte immer noch als unheimliche Gestalt vor Dad her, sein Kinn schlug auf die Brust.
Und dann -
Am Himmel tat sich ein Loch in den Wolken auf.
Plötzlich warfen wir dunkle Schatten aufs Gras.
Der Mond tauchte uns in ein Licht.
Ich wurde sofort blass und sah panisch zu Remus.
Snape prallte mit Remus, Pettigrew und Ron zusammen, die wie angewurzelt stehen geblieben waren.
Dad erstarrte.
Er streckte den Arm aus, um Harry, Mine und mich zurückzuhalten, doch ich trat schnell neben ihn.
„Luna, was tust du da? Er wird dich umbringen!", meinte Dad.
„Oh, keine Sorge, wenn er mich umbringen würde, wäre ich jetzt nicht hier. Wie meinst du, hat er die letzten Vollmonde überstanden? Der Animagus ist bei mir irgendwie angeboren!", sprach ich.
„Du bist auch ein Animagi?", hörte ich Mine fragen, doch es war keine Zeit für Fragen.
Ich konnte Remus' Umrisse sehen.
Er war steif geworden.
Dann begangen seine Arme und Beine heftig zu zittern.
„Oh nein -", japste Mine. „Er hat heute Abend seinen Trank nicht genommen! Er ist gefährlich!"
Oh, verdammte Scheiße! Warum heute?
„Rennt los!", flüsterte Dad. „Rennt und zwar schnell."
Doch Harry rannte nicht los.
Er sprang vor und wollte anscheinend zu Ron, doch ich packte ihn am Arm und zog ihn zurück.
„Überlass das uns - lauf!"
Ein schauriges Knurren.
Remus' Kopf zog sich in die Länge, dann der Körper.
Die Schultern schrumpften.
Ganz deutlich sah man Haare aus Gesicht und Händen sprießen und die Hände ballten sich zu klauenartigen Pfoten -
Krummbein standen die Haare zu Berge, er wich zurück -
Während Remus sich aufbäumte und sein langes Maul aufriss, verschwanden Dad und ich von Harry's Seite.
Auch wir hatten uns verwandelt - der gewaltige, bärengleiche Hund und ich als weißer Wolf und wir beide sprangen mit einem mächtigen Satz vor - als Remus sich von seiner Fessel befreit hatte, packte Dad ihn am Nacken und ich ihn am Arm und zerrten ihn fort, weg von Ron und Pettigrew.
Ineinander verbissen lagen wir da und zerfetzten uns mit unseren Krallen das Fell -
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Luna Black 3 - Harry Potter
FanfictionLuna Black kehrt für ihr drittes Schuljahr nach Hogwarts zurück und freut sich auf neue Abenteuer. Doch diesmal steht die Zauberwelt vor einer Herausforderung - ihr Vater, aus Askaban entkommen, kehrt zurück. Während viele besorgt sind, glaubt Luna...