L U N A
„Er - er hat uns das geschickt.", sagte ich und hielt einen Brief in die Höhe.
Harry nahm das feuchte Pergament.
Riesige Tränen von uns hatten die Tinte an manchen Stellen so sehr verschwimmen lassen, dass der Brief schwer zu lesen war.
Die Worte hatten sich in mein Gehirn eingebrannt:Liebe Hermine, liebe Luna,
wir haben verloren. Ich darf ihn nach Hogwarts zurückbringen. Der Tag der Hinrichtung steht noch nicht fest. London hat Schnäbelchen gefallen.
All eure Hilfe für uns werde ich euch nie vergessen.
Hagrid.„Das können sie nicht machen.", sagte Harry. „Das dürfen sie nicht. Seidenschnabel ist nicht gefährlich."
„Malfoy's Vater hat den Ausschuss eingeschüchtert.", sagte Mine, sah mich kurz an und wischte sich die Augen. „Ihr wisst doch, wie er ist. Das ist eine Bande tattriger alter Dummköpfe und sie hatten Angst. Allerdings gibt es wie immer eine Berufungsverhandlung. Aber ich mache mir keine Hoffnungen... ändern wird sich nichts."
„Oh doch.", sagte Ron grimmig. „Diesmal bist du nicht alleine, Hermine, ich werde dir helfen."
Awww, wie niedlich von Ron!
Ich hoffe, die beiden vertragen sich bald wieder.
„Oh Ron!"
Sie warf ihre Arme um seinen Hals und schluchzte verzweifelt.
Ron, vollkommen ratlos, tätschelte scheu ihren Kopf.
Schließlich ließ sie ihn los.
„Ron, es tut mir wirklich ganz fruchtbar Leid wegen Krätze...", schluchzte sie.
„Ach - ähm - es war schon eine alte Ratte.", sagte Ron, offenbar ausgesprochen erleichtert, dass sie wieder auf eigenen Beinen stand. „Und nicht besonders nützlich. Wer weiß, vielleicht kaufen mir Mum und Dad jetzt eine Eule."
Na, sieh einer an, wie schnell das gehen kann!
Seit dem mein Vater zum zweiten Mal eingebrochen war, waren scharfe Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden und wir vier konnten Hagrid abends nicht mehr besuchen.
Die einzige Gelegenheit, mit ihm zu reden, ergab sich in Pflege magischer Geschöpfe.
Der Schock des Urteils schien ihm immer noch in den Knochen zu stecken.
„'s ist alles meine Schuld. Hab einfach das Maul nicht aufgebracht. Die sitzen alle vor mir in ihren schwarzen Umhängen und ich lass ständig meine Zettel fallen und vergesse alles, was du für mich aufgeschrieben hast, Hermine. Auch ein paar kleine Teile von Luna natürlich. Und dann steht auch noch Lucius Malfoy auf und sagt seinen Teil und der Ausschuss hat genau das gemacht, was er wollte..."
„Das hast immer noch die Berufung!", sagte Ron grimmig. „Gib ja nicht auf, wir lassen uns was einfallen!"
Nach dem Unterricht gingen wir zusammen zurück zum Schloss.
In einiger Entfernung auf dem absteigenden Weg sahen wir Draco mit Crabbe und Goyle, der sich immer wieder unter hämischen Gelächter zu uns umdrehte.
„Nützt doch alles nichts, Ron.", sagte Hagrid traurig, als wir die Schlosstreppe erreicht hatten. „Lucius Malfoy hat diesen Ausschuss in der Tasche. Ich kann nur noch dafür sorgen, dass es Seidenschnäbelchen für den Rest seiner Tage richtig gut geht. Das schulde ich ihm..."
Hagrid drehte sich um, vergrub das Gesicht in sein Taschentuch und kehrte rasch zu seiner Hütte zurück.
„Guckt mal, wie der flennt!"
Draco, Crabbe und Goyle hatten hinter dem Schlossportal gestanden und gelauscht.
Also, ich sage dazu nichts mehr.
Das sind Draco's Angelegenheiten.
Ich mische mich da nicht mehr ein.
„Hast du jemals so was Erbärmliches erlebt?", fragte Draco. „Und der soll unser Lehrer sein!"
Harry und Ron gingen zornig ein paar Schritte auf Draco zu, ich hielt sie an ihren Umhängen fest, doch Mine war schneller - klatsch!
Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, gab sie Draco ein paar gepfefferte Ohrfeigen.
Draco zitterten die Beine.
Harry, Ron, Crabbe, Goyle und ich standen mit aufgerissenen Mündern da und wieder hob Mine die Hand.
„Wag es nicht noch einmal, Hagrid erbärmlich zu nennen, du Mistkerl - du Schuft -"
„Hermine!", sagte Ron zaghaft und versuchte ihre Hand, die noch einmal ausholte, festzuhalten.
„Lass mich los, Ron!"
Mine zückte ihren Zauberstab.
Draco wich zurück.
Crabbe und Goyle suchten in heilloser Verwirrung seinen Blick.
„Kommt.", murmelte Draco und im Nu waren alle drei im Eingang zu den Kerkern verschwunden.
„Hermine!", sagte Ron noch einmal, verdutzt und beeindruckt zugleich.
„Harry, sieh bloß zu, dass du ihn im Quidditch-Finale schlägst.", sagte Mine schrill. „Du musst einfach, ich kann es einfach nicht ertragen, wenn Slytherin gewinnt!"
„Zauberkunst hat schon angefangen!", sagte Ron, der Mine immer noch glubschäugig anstarrte. „Wir müssen uns beeilen."
Wir rannten die Marmortreppe zu Professor Flitwick's Klassenzimmer hoch und traten ein.
„Ihr kommt zu spät, Jungs und Ms. Black!", tadelte uns Professor Flitwick. „Schnell die Zauberstäbe raus, wir üben heute Aufmunterungszaubern, tut euch bitte paarweise zusammen -"
Ich runzelte die Stirn und lief zusammen mit Harry und Ron zu einem Tisch ganz hinten und öffnete meine Mappe.
Ron blickte über die Schulter.
„Wo ist Hermine abgeblieben?"
Ach, ich Schussel.
Der Zeitumkehrer, klar doch!
Auch Harry sah sich um.
„Ist ja seltsam.", sagte Harry und starrte Ron und mich an. „Vielleicht - vielleicht ist sie aufs Klo gegangen?"
Doch Mine tauchte, selbstverständlich, in dieser Stunde nicht mehr auf.
„Einen Aufmunterungszauber hätte sie auch gut brauchen können.", sagte Ron, während wir über das ganze Gesicht grinsend zum Mittagessen gingen - der Zauber hatte uns ein Gefühl tiefer Zufriedenheit verschafft.
Auch beim Essen fehlte Mine.
Jetzt fing ich an, mir sorgen zu machen.
Als wir unsere Apfelkuchen verspeist hatten, ließ die Wirkung des Aufmunterungszauber's langsam nach und Harry und Ron beschlich langsam auch Unruhe.
„Glaubt ihr, Malfoy hat ihr was getan?", fragte Ron besorgt, während wir zum Gryffindor-Turm hinaufrannten.
Also, ich glaube nicht, dass Draco sowas machen würde.
Vor allem nicht Mine.
Schließlich ist sie meine Freundin und ich glaube nicht, dass er noch eine Chance bei mir verlieren will.
Wir kamen an den Sicherheitstrollen vorbei, sagten der fetten Dame das Passwort (»Amontillado«) und kletterten durch das Porträtloch in den Gemeinschaftsraum.
Mine saß an einem Tisch, den Kopf auf ein aufgeschlagenes Arithmantikbuch gelegt und schlief wie ein Murmeltier.
Wir setzten uns neben sie.
Ich stupste sie an.
Mine schreckte hoch und sah sich um.
„W... was ist?", fragte sie verwirrt. „Müssen wir gehen? W... was haben wir jetzt?"
Oh, nein, die Arme.
Sie muss von dem ganzen Stoff ziemlich fertig und kaputt sein.
„Wahrsagen, aber erst in zwanzig Minuten.", sagte ich. „Mine, warum warst du nicht in Zauberkunst?"
Vor Harry und Ron muss ich mich dumm stellen, damit sie nicht denken, ich weiß, wie Mine das macht, also in jedem Unterricht und Fach dabei zu sein.
„Was? Oh nein!", kreischte Mine, „ich hab Zauberkunst ganz vergessen!"
„Und wir konnte dir das passieren?", fragte Harry. „Du warst doch noch bei uns, als wir vor dem Klassenzimmer standen!"
„Ich kann's nicht fassen!", klagte Mine. „War Professor Flitwick sauer? Ach, es war Malfoy, an den hab ich gedacht und völlig den Faden verloren!", fügte sie hinzu.
„Weißt du was, Hermine?", fragte Ron und sah auf den riesigen Arithmantikband, den sie als Kissen benutzt hatte. „Ich glaube, du drehst langsam durch. Du hast dir einfach zu viel vorgenommen."
„Nein, tu ich nicht!", sagte Mine, strich sich die Haare aus den Augen und suchte mit verzweifelten Blick nach ihrer Mappe. „Ich hab nur einen Fehler gemacht, das ist alles! Ich sollte am besten zu Professor Flitwick gehen und mich entschuldigen... Bis später in Wahrsagen!"
Wir trafen Mine zwanzig Minuten später am Fuß der Leiter zu Professor Trelawney's Turmzimmer wieder.
Sie sah äußerst mitgenommen aus.
„Ich kann einfach nicht fassen, dass ich die Aufmunterungszauber verpasst habe! Und ich wette, die kommen in der Prüfung dran, Professor Flitwick hat sowas angedeutet!"
Nacheinander kletterten wir die Leiter zum dämmrigen, stickigen Turmzimmer hoch.
Auf jedem der kleinen Tische stand eine Kristallkugel voll perlweißem Nebel.
Harry, Ron, Mine und ich setzten uns zusammen an einen wackligen Tisch.
„Ich dachte, Kristallkugeln kommen erst im nächsten Vierteljahr dran.", murmelte Ron und vergewisserte sich mit misstrauischem Blick, dass Professor Trelawney nicht in der Nähe stand.
„Beklag dich lieber nicht, das heißt immerhin, dass wir mit Handlesen fertig sind.", zischelte ihm Harry zu. „Das hat mich ganz krank gemacht, wenn die bei jedem Blick auf meine Hände fast in Ohnmacht gefallen ist.", erklärte er.
Ich nickte zustimmend.
Das ist die erste Lehrerin die ich nicht leiden kann.
„Einen schönen Tag wünsche ich euch!", sagte die vertraute rauchige Stimme und mit gewohnt dramatischer Geste trat Professor Trelawney aus den Schatten heraus.
Parvati und Lavender, die Gesichter vom milchigen Glimmen ihrer Kristallkugel erleuchtet, zitterten vor Begeisterung.
„Ich habe beschlossen, ein wenig früher als geplant mit der Kristallkugel zu beginnen.", sagte Professor Trelawney, setzte sich mit dem Rücken zum Feuer und blickte in die Runde. „Die Schicksalsgöttin teilt mir mit, dass die Prüfung im Juni sich ganz um die Kugel drehen wird und ich will mich bemühen, euch genug Erfahrung zu vermitteln."
Mine und ich schnaubten.
„Hört euch das an, »die Schicksalsgöttin teilt mir mit«! Wer bestimmt denn die Prüfungsaufgaben? Sie selbst! Eine wahrhaft erstaunliche Weissagung!", sprach ich.
Mine und ich mühten uns nicht einmal, die Stimmen zu dämpfen.
Harry und Ron antworteten mit glucksendem Lachen.
Wir konnten nicht erkennen, ob Professor Trelawney uns gehört hatte, denn ihr Gesicht war im Dunkeln verborgen.
Jedenfalls fuhr sie fort, als wäre nichts gewesen.
„Das Lesen in Kristallkugeln ist eine besonders raffinierte Kunst.", sagte sie träumerisch. „Ich erwarte nicht, dass ihr schon beim ersten Mal Sehen könnt, wenn ihr in die unendlichen Tiefen der Kugel schaut. Wir üben zunächst einmal, wie wir unser bewusstes Denken und die äußeren Augen entspannen."
Ron begann jetzt haltlos zu kichern und musste sich die Faust in den Mund stecken, um seinen Lachanfall zu Ersticken.
„Damit reinigen wir das Innere Auge und das Überbewusstsein. Wenn wir Glück haben, werden ein paar von euch vielleicht am Ende der Stunde Sehen können."
Und so ging es los.
Ich zumindest kam mir ziemlich dämlich vor, während ich in die Kugel starrte und angestrengt versuchte nichts zu denken, wo mir doch ständig »so ein Schwachsinn« durch den Kopf ging.
Dass Ron immer wieder in ersticktes Glucksen ausbrach und Mine genervt aufseufzte, war auch nicht hilfreich.
„Schon was gesehen?", fragte Harry nach einer halben Stunde stummen Kristallkugelnstarrens uns drei andern.
„Ja, da auf dem Tisch ist ein Brandfleck.", sagte Ron und deutete darauf. „Jemand hat seine Kerze umgestoßen."
„Das ist doch komplette Zeitverschwendung.", fauchte Mine und ich nickte zustimmend. „Ich könnte inzwischen was nützliches üben. Zum Beispiel Aufmunterungszaubern nachholen -"
Professor Trelawney raschelte vorbei.
„Möchte jemand, dass ich ihm helfe, die Schattengestalten in seiner Kugel zu deuten?", murmelte sie munter unter dem Klimpern ihrer Armreife.
„Ich brauch keine Hilfe.", flüsterte Ron. „Ist doch klar, was das bedeutet. Heute Nacht wird's ziemlich neblig."
Harry, Mine und ich lachten los.
„Ich möchte doch bitten!", sagte Professor Trelawney und alle Köpfe wandten sich zu uns um.
Parvati und Lavender waren schockiert.
„Ihr stört die Reinheit der Schwingungen!"
Sie trat an unseren Tisch und spähte in die Kristallkugel.
Mir sank das Herz in die Hose.
Ich war mir sicher, was kommen würde -
„Hier ist etwas!", flüsterte Professor Trelawney und berührte mit der Nasenspitze fast die Kugel, so dass sich ihr Gesicht in beiden riesigen Brillengläsern spiegelte. „Etwas bewegt sich... aber was ist es?"
Oh, man. Was kommt jetzt?
Wetten irgendwas mit Harry und mir?
Und tatsächlich -
„Meine Lieben...", raunte Professor Trelawney und blickte zu Harry und mir auf. „Es ist hier, deutlicher als je zuvor... meine Güte, es schleicht auf euch zu und kommt immer näher... der Gr..."
„Ach zum Teufel damit!", sagte Mine laut. „Nicht schon wieder dieser lächerliche Grimm!"
Professor Trelawney's riesige Augen richteten sich auf Mine's Gesicht.
Parvati flüsterte Lavender etwas ins Ohr und sie starrten Mine empört an.
Professor Trelawney richtete sich auf und musterte Mine mit unverhohlenem Zorn.
„Ich muss leider sagen, meine Liebe, bei Ihnen war mir auf den ersten Blick klar, dass Sie nicht die Begabung besitzen, welche die noble Kunst des Wahrsagen's verlangt. Tatsächlich kann ich mich an keine einzige Schülerin erinnern, deren Geist so hoffnungslos irdischen Dingen zugewandt war. Und bei Ihnen das selbe, Ms. Black."
Für einen Moment trat Schweigen ein.
Dann -
„Schön!", sagten Mine und ich, standen auf und stopften Entnebelung der Zukunft in unsere Schultaschen.
„Schön!", sagten wir noch einmal und warfen uns die Taschen über die Schulter, wobei wir fast Harry und Ron vom Stuhl fegten.
„Wir geben's auf! Wir gehen!"
Und anscheinend zur Verblüffung der ganzen Klasse stapften Mine und ich hinüber zur Falltür, öffneten sie mit einem Fußtritt, kletterten die Leiter hinunter und verschwanden.
„Das ist so eine Miese Kuh! Wir sehen uns nachher, Mine!", verabschiedete ich mich wütend und machte mich auf den Weg zum Astronomieturm.
Ich setzte mich hin und sah über die Ländereien.
Als ob der Grimm uns, Harry und mich, holen würde!
Es gibt keinen Grimm!
Das ist doch alles nur Schwachsinn!
Diese Frau macht mich fertig!
Was ich jetzt gar nicht gebrauchen konnte, waren dämliche Gedanken, jetzt, wo das Quidditch-Finale immer näher rückte.
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Luna Black 3 - Harry Potter
FanfictionLuna Black kehrt für ihr drittes Schuljahr nach Hogwarts zurück und freut sich auf neue Abenteuer. Doch diesmal steht die Zauberwelt vor einer Herausforderung - ihr Vater, aus Askaban entkommen, kehrt zurück. Während viele besorgt sind, glaubt Luna...