Kapitel 8 ✔️

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L U N A

Remus war nicht da, als wir zu seiner ersten Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste kamen.
Wir setzten uns, packten unsere Bücher, Federkiele und Pergamentblätter aus und unterhielten uns angeregt, bis er schließlich hereinkam.
Remus lächelte verschwommen und legte seine Aktentasche auf das Lehrerpult.
„Schönen Tag.", sagte er. „Würdet ihr bitte all eure Bücher wieder einpacken. Heute haben wir eine praktische Lektion. Ihr braucht nur eure Zauberstäbe."
Ein paar neugierige Blicke wurden ausgetauscht, während wir die Bücher wegpackten.
Wir hatten noch nie praktischen Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste gehabt, abgesehen von der unvergesslichen Stunde im letzten Jahr, als unser damaliger Lehrer einen Käfig voller Wichtel mitgebracht und sie losgelassen hatte.
„Alles klar.", sagte Remus, als wir alle bereit waren. „Dann folgt mir bitte."
Ratlos, aber gespannt standen wir auf und folgten Remus aus dem Klassenzimmer.
Er führte uns durch den ausgestorbenen Korridor und als wir um die Ecke bogen, sahen wir als Erstes Peeves, den Poltergeist.
Rücklings in der Luft schwebend stopfte er das nächstbeste Schlüsselloch mit Kaugummi voll.
Peeves sah nicht auf, bis Remus nur noch einen Meter entfernt war, dann wackelte er mit den Füßen, an denen er gekringelte Zehen hatte und begann zu Singen.
„Lusche, Lusche, Lupin.", sang er, „Lusche, Lusche Lupin, Lusche, Lusche, Lupin -"
Grob und unbeherrschbar war Peeves zwar fast immer, doch immerhin zeigte er den Lehrern gegenüber meist ein wenig Respekt.
Wir blickten rasch auf zu Remus, neugierig, wie er damit umgehen würde; zu unserer Überraschung war ihm das Lächeln nicht vergangen.
„Wenn ich Sie wäre, Peeves, würde ich diesen Kaugummi aus dem Schlüsselloch holen.", sagte er vergnügt. „Mr. Filch wird sonst nicht in der Lage sein, zu seinen Besen zu gelangen."
Filch war der Hausmeister von Hogwarts, ein übel gelaunter, gescheiterter Zauberer, der einen ewigen Krieg gegen uns Schüler und auch gegen Peeves führte.
Doch Peeves achtete nicht auf Remus' Worte, außer dass er laut und Speichel sprühend schnaubte.
Remus seufzte leise und zückte seinen Zauberstab.
„Das ist ein nützliches kleiner Zauber.", sagte er zu uns allen gewandt. „Bitte, seht genau hin."
Er hob den Zauberstab auf Schulterhöhe, sagte »Waddiwasi!« und richtete ihn auf Peeves.
Mit der Kraft einer Gewehrkugel schoss der Kaugummi aus dem Schlüsselloch und geradewegs hinein in Peeves' linkes Nasenloch; er wirbelte herum und schwebte prustend und fluchend davon.
„Toll, Sir!", sagte Dean verblüfft.
„Danke, Dean.", sagte Remus und steckte seinen Zauberstab weg. „Gehen wir weiter?"
Wir machten uns wieder auf den Weg.
Die Klasse warf Remus zunehmend respektvolle Blicke zu und ich lächelte nur.
Er führte uns einen weiteren Gang entlang und hielt vor dem Lehrerzimmer an.
„Hinein, bitte.", sagte Remus, öffnete die Tür und trat beiseite.
Das Lehrerzimmer, ein langer, holzgetäfelter Raum voll alter, nicht zusammenpassender Stühle, war leer, jedenfalls fast.
Professor Snape saß in einem niedrigen Sessel; er blickte auf, als wir alle nach einander reinkamen.
Seine Augen glitzerten und um seinen Mund spielte ein gehässiges Grinsen.
Als Remus eintrat und die Tür hinter sich schließen wollte, sagte Snape: „Lassen Sie auf, Lupin. Das möchte ich lieber nicht mit ansehen."
Er erhob sich und schritt mit wehendem schwarzem Umhang an uns allen vorbei.
An der Tür drehte er sich auf den Fersen um und sagte: „Vermutlich hat keiner Sie gewarnt, Lupin, aber in dieser Klasse ist Neville Longbottom. Ich kann Ihnen nur raten, ihm nichts schwieriges aufzugeben. Außer wenn Miss Granger ihm Anweisungen ins Ohr zischt."
Neville wurde Scharlachrot.
Harry und ich starrten Snape zornig an; schlimm genug, dass er Neville in seinem eigenen Unterricht drangsaliert und jetzt tat er es auch noch vor einem anderen Lehrer.
Remus zog die Augenbrauen hoch.
„Ich hatte gehofft, Neville würde mir beim ersten Schritt des Unternehmens behilflich sein", sagte er, „und ich bin mir sicher, er wird es auf bewundernswerte Weise schaffen."
Neville's Gesicht lief, soweit dies möglich war, noch röter an.
Snape's Lippen kräuselten sich, doch er ging hinaus und schlug die Tür zu.
„Nun denn.", sagte Remus und winkte uns alle zum anderen Ende des Zimmers, wo nichts war außer einem alten Schrank, in dem die Lehrer ihre Ersatzumhänge aufbewahrten.
Als Remus vor den Schrank trat, fing der plötzlich an heftig zu ruckeln und krachte gegen die Wand.
„Kein Grund zur Beunruhigung.", sagte Remus gelassen, denn ein paar Schüler waren erschrocken zurückgewichen. „In diesem Schrank steckt ein Irrwicht."
Die meisten schienen nicht recht glauben zu wollen, dass dies wirklich kein Grund zur Beunruhigung sei.
Neville warf Remus einen grauenerfüllten Blick zu und Seamus starrte wie gebannt auf den ruckelnden Türknopf.
„Irrwichte mögen dunkle, enge Räume.", sagte Remus. „Schränke, die Lücke zwischen Betten, Spülkästen - ich hab sogar mal einen getroffen, der es sich in einer Standuhr gemütlich gemacht hatte. Dieser hier ist gestern Nachmittag eingezogen und ich habe den Schulleiter gefragt, ob die Kollegen ihn meiner dritten Klasse zum Üben überlassen könnten.
Nun, die erste Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Was ist ein Irrwicht?"
Ich hob die Hand.
„Es ist ein Gestaltwandler.", sagte ich. „Er kann die Gestalt dessen annehmen, wovor wir, wie er spürt, am meisten Angst haben."
„Das hätte ich selber nicht besser ausdrücken können.", sagte Remus und ich lächelte. „Der Irrwicht sitzt also in der Dunkelheit herum und hat noch keine Gestalt angenommen. Er weiß noch nicht, was der Person auf der anderen Seite der Tür Angst macht. Keiner weiß, wie ein Irrwicht aussieht, wenn er allein ist, doch wenn wir ihn herauslassen, wird er sich sofort in das verwandeln, was wir am meisten fürchten. Und das heißt", fuhr Remus fort, ohne Neville's leises entsetztes Keuchen zu beachten, „dass wir von Anfang an gewaltig im Vorteil sind. Kannst du dir denken, warum, Harry?"
Ich glaube, für Harry war es ein bisschen lästig, weil Mine neben ihm auf- und abhüpfte und die Hand in die Luft streckte, doch er hatte einen Einfall.
„Ähm - weil wir so viele sind und er nicht weiß, welche Gestalt er annehmen soll?"
„Genau.", sagte Remus und Mine ließ ein wenig enttäuscht die Hand sinken. „Man sollte nie allein sein, wenn man es mit einem Irrwicht aufnehmen will. Das bringt ihn durcheinander. Was soll er denn werden, eine kopflose Leiche oder eine Fleisch fressende Schnecke? Ich hab mal einen Irrwicht gesehen, der diesen Fehler gemacht hat - wollte zwei Leute auf einmal erschrecken und hat sich in eine halbe Schnecke verwandelt. Einfach lächerlich. Der Zauber der einen Irrwicht vertreibt, ist einfach, aber er verlangt geistige Anstrengung. Was einem Irrwicht wirklich den Garaus macht, ist nämlich Gelächter. Ihr müsste versuchen ihn zu zwingen, eine Gestalt anzunehmen, die ihr komisch findet.
Wir üben den Zauber erst mal ohne Zauberstab. Nach mir, bitte... Riddikulus!"
Riddikulus!", sagten wir alle wie aus einem Mund.
„Gut.", sagte Remus. „Sehr gut. Aber das war leider nur der leichte Teil. Denn das Wort allein genügt nicht. Und jetzt bist du dran, Neville."

Luna Black 3 - Harry PotterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt