[9 - Sonnenschein und Mondlicht]

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Während Tobirama und Kira das Eis holen gehen, steht Izuna mit Narumi ein Stück abseits und sie schweigen sich gegenseitig an.

,,Hey, Izuna.", spricht sie ihn leise an, so dass er es beinahe gar nicht gehört hätte.
,,Was gibts?", fragt er zurück und überlegt für einen Moment, ob er ihr mit seiner Miene Angst macht. Schließlich sind sonst alle Anderen so unglaublich entspannt, daran hat er sich immer noch nicht gewöhnt.

,,Ich wollte nur fragen... hast du eigentlich eine Freundin?"
,,Nein."
,,Und wie steht es mit Kira? Also ich weiß, sie ist Tobiramas Freundin... aber läuft da etwas zwischen euch?"
,,Nein, man müsste lebensmüde sein, sich mit dem Senju wegen so etwas anzulegen.", in Gedanken fügt er ein und ich bin lebensmüde an, doch behält er das lieber einmal für sich.
,,Oh okay..", flüstert sie und dreht sich wieder weg.

,,Da sind wir wieder.", ertönt die rettende Stimme von Kira, die auf die Beiden zugelaufen kommt, weswegen das Gespräch sofort wieder vergessen ist.

,,Und das ist also Eis...", murmelt der Schwarzhaarige und schaut misstrauisch auf die bunten Kugeln in den sogenannten Waffeln, die jeder in der Hand hält.
,,Genau so wie jeden Sommer, richtig.", merkt Tobirama an und treibt ihn wieder einmal zur Weißglut, was Izuna allerdings dieses Mal mit einem bösartigen Lächeln überspielt in Gedanken bei möglichen Racheplänen dem Senju im Schlaf die Knochen zu brechen.

Narumi holt ihr Handy raus und hält es knapp vor ihr Eis, was Izuna nur irritiert beobachtet. ,,Was machst du da?"
,,Naja, ein Foto...", meint sie zögerlich und zeigt dem Uchiha ihren Handy-Bildschirm.
,,Wozu?"
,,Zur Erinnerung denke ich...", antwortet sie nervös, als Izuna endlich nickt und sich seinem eigenen Eis widmet.

Er beobachtet einen Moment nachdenklich, wie die anderen es essen und berührt dann vorsichtig mit der Zungenspitze die dunkle Eiskugel, welche nach Tobirama wohl Schokolade heißt. Es ist kalt, aber nicht zu kalt, dass man es nicht essen könnte.
Doch bevor er sich jetzt den Kopf mit einer Analyse zerbricht, entscheidet er es einfach zu essen und probiert vorsichtig davon.

Es schmeckt neuartig, das Gefühl, wie das Eis einem auf der Zunge zergeht erinnert ihn an Zeiten in denen er als Kind Schnee gegessen hat, welcher sich genau so aufgelöst hat. Und dass er nach diesem Tag eine Woche krank im Bett lag, das Training danach war die Hölle. Er musste doch tatsächlich 48 Stunden am Stück ohne Pause gegen Madara kämpfen. 

Nur hat Eis auch einen besseren Geschmack als der Schnee von damals, wie wenn man ihm irgendwas wichtiges hinzugefügt hätte, was von Anfang an gefehlt hat. Und als er bei der Vanille Kugel angelangt, merkt er, wie sich wieder eine neue Welt der Geschmäcker auf seiner Zunge und in seinem Mundraum ausbreitet. Er inhaliert das Eis beinahe schon.

Irgendwie erfüllt es ihn überraschenderweise mit einem guten Gefühl, als hätte er schon immer darauf gewartet eines Tages so etwas probieren zu können. Beinahe wie ein Traum, einer von denen, die man zu Kindheitstagen immer hatte, wo man sich in die verrücktesten Welten geträumt hat und endlos essen konnte.

,,Eis ist lecker.", stellt er letztendlich fest und der Rest nickt zustimmend. ,,Liegt am Zucker.", mischt Tobirama sich ein und kriegt dafür einen Stoß in die Seite von niemand anderem als seiner festen Freundin.
,,Lass Izuna seine Minute der Erkenntnis."

Und da Tobirama tatsächlich daraufhin leise ist, wird Kira dem Uchiha nun noch ein Stückchen sympathischer. Schließlich äre es in seinem alten Leben ein wahres Weltwunder gewesen, wenn irgendwer dem Senju den Mund hätte verbieten könnte.
Sogar Hashirama gelingte dies kaum, wie er immer wieder feststellen musste, als er sich in ihre Streitereien auf dem Schlachtfeld eingemischt hatte, die sich nicht oft, aber manchmal urplötzlich ergaben.

,,Und jetzt?", fragt Kira, nachdem sie alle fertig sind. ,,Ich will noch nicht zurück und bis zum Abendessen haben wir auch noch Zeit." Sie lehnt ihren Kopf an Tobiramas Schulter und sieht fragend in die Runde.
,,Also ich bräuchte vielleicht ein paar Pullover, es wird ja langsam schon kälter...", beginnt die Sarutobi schüchtern und Kira richtet sich sofort wieder motiviert auf. ,,Shoppen, das klingt großartig. Auf geht es!"

Tobirama seufzt, während Izuna nichtsahnend den Mädchen folgt. Allerdings löst das Wort in ihm doch ein klein wenig Unbehagen aus, wenn er an den Trip letztens mit seinem Vater denkt, da ist das Wort auch ein paar Mal gefallen.
Doch sind sein Vater und zwei hübsche Mädchen noch mal etwas anderes oder nicht? Jedenfalls, wenn man Tobirama übersehen würde, der zieht das Ganze nämlich nicht gerade weiter ins Positive.

Später an diesem Tag sind alle unversehrt und pünktlich zum Abendessen wieder im Internat und gegen 23Uhr gesellt sich Izuna auf den Sportplatz, da er eine SMS von Kira bekommen hatte. Es ist schon dunkel, doch kann er durch die halbwegs akzeptable Wegbeleuchtung trotzdem ausmachen, dass sie sich auf den Tribünen an einem der größeren Sportplätze befindet.

Er setzt sich neben sie und sieht in ihr recht niedergeschlagenes und teils müdes Gesicht. Zwischen den dünnen Finger der einen Hand hält sie eine Zigarette, ihren anderen Arm hat sie auf dem Oberschenken abgelegt. Ihr Kopf liegt im Nacken und so ist auch ihr Blick in die Wolken gerichtet. Sie sieht nur kurz einmal auf als sie Izuna bemerkt, ehe sie sich wieder dem finsteren Himmel zuwendet.

Sie schweigen und beobachten die Nacht.

"Du bist anders in der letzten Zeit.", bemerkt sie und nimmt einen Zug ihrer Zigarette, welche sie danach dem Uchiha hinhält, der sie so übernimmt, wie sie sie auch hält.
Zwar hat er noch nie geraucht, wie auch, solange ist er noch nicht da und doch zieht er den Rauch ein als wäre es etwas alltägliches und stößt ihn wieder aus. Lernen tut er schnell, auch wenn ihm der Sinn der Sache nicht klar ist.

"Es ist einiges passiert.", stimmt Izuna zu.
"Was schlimmes?", fragt sie, doch weder klingt es sonderlich interessiert, noch höflich, geschweige denn besorgt. Es scheint ihr einfach komplett nebensächlich zu sein und dieser Ton lässt in Izuna einige Fragen aufkommen. Es ist der typische Tonfall, der fragen lässt, was für ein Mensch sie sein muss und was ihr passiert sein muss, dass sie so abgestumpft reden kann ohne dabei abweisend zu klingen.

"Gewissermaßen schon.", stimmt er zu und es fährt ihm ein kalter Schauer über den Rücken bei dem Gedanken an seinen Tod, wie hätte er auch ahnen können, was das zur Folge hat.

"Willst du darüber reden?"
"Ich bin gestorben."

Es war ein reines Gedankenexperiment, wie sie diese Aussage wohl aufnehmen würde, doch keine Verwunderung, keine Verwirrung und sie lacht auch nicht. Kira nickt einfach nur und bläst den Qualm der Zigarre in die Dunkelheit. Sein Blick folgt der kleinen Rauchwolke, bis diese fürs menschliche Auge unsichtbar wird.

"Und wie war es?", fragt sie offensichtlich nachdenklich.
"Erniedrigend.", ist das erste, was ihm dazu einfällt und wieder nur ein stumpfes Nicken.
"Eine schöne Vorstellung."

Damit hatte er nun nicht gerechnet. Von den vielen Optionen einer Antwort, hatte er diese nicht erwartet.

"Willst du sterben?", fragt er.

Nun sieht sie ihn leicht überrascht an und lächelt dann sanft.
"Wieso auch nicht."

"Auch wenn der Tod schmerzhaft ist?"
"Ist es das Leben nicht auch?"

Wenn er an all seine unzähligen Kämpfe denkt in denen er schwer verwundet dem Tod nur knapp entronnen ist, kommt in ihm ein seltsames Gefühl auf. Früher war es für ihn immer etwas gutes, schließlich ist er nicht gestorben und hatte überlebt. Doch nun ist er gestorben und an so einem Ort gelandet. Im Nachhinein ging der Tod doch leichter von Statten als manch eine Erholung von seinen tiefsten Wunden. Wenn er wieder sterben würde, wäre dann da überhaupt irgendein Unterschied? Er weiß ja jetzt, dass nach dem Tod noch etwas kommen kann und wenn nicht, dann ist es bestimmt auch gut so wie es ist.

"Stimmt wohl."

Sie zündet die nächste Zigarette an und Izuna hinterfragt es nicht. Ab und zu muss er bei den darauffolgenden Versuchen tiefer einzuatmen husten, doch schnell hat er den Dreh von selbst raus.

Dieses tiefgründige Gespräch bringt etwas gutes mit sich, wie er findet. Ein Gefühl von Heimat, dass er früher so nicht spürte.
Er könnte sich jetzt einfach alles von der Seele reden und er ist sich sicher Kira würde nichts davon hinterfragen, sondern einfach zustimmend nicken und ihm zuhören.

Second chance - IzunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt