[3 - Internat]

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Ein merkwürdiges Piepen lässt mich erst wieder aufschrecken. Beinahe automatisch stehe ich in Verteidigungsposition, überprüfe woher das nervtötende Geräusch kommt und sehe dann zu diesem Teil. Wie hieß es... Handy? Ich dachte es soll den Leuten helfen, aber es nervt einfach nur. Viel wichtiger, wie kriege ich es dazu aufzuhören? Und was ist der Sinn dahinter?

Vorsichtig nehme ich das Handy zwischen die Finger, betrachte es etwas irritiert und gebe mir dann größte mühe zu verstehen, was es von mir will. "Wecker", was soll mir das jetzt sagen? Aus der Verwirrung heraus drücke ich einfach mal auf den "Schlummern"-Knopf. Schlummern klingt nach schlafen, wäre es nicht praktisch, wenn das Handy schläft und mich damit in Ruhe lässt? Ich sollte mir darüber weniger Gedanken machen, mit Logik komme ich hier nicht weiter. Das Handy lege ich auf einen freien Platz der Kommode und wechsele schnell meine Klamotten, die ich mir abends noch rausgelegt hatte. Dann verlasse ich den Raum, sehe mich auf dem dunklen Gang um und taste dann vorsichtig meinen Weg zur Treppe. Wieso bin nur ich wach? Ich schlage den Weg zur Küche ein und durchforste die Schränke dort nach etwas zu trinken. 

Mit einem Glas Wasser lasse ich mich also am Tisch nieder, genieße die Stille und höre dabei ab und zu die ersten Vögel zwitschern. So gesehen ein schöner Morgen.

Update: Es war ein schöner morgen, bis mein Bruder sich hat blicken lassen.

Seine Schritte habe ich schon vor einer Weile gehört, trotzdem zucke ich inständig zusammen, als auf das leise Klick Geräusch das Licht angeht und der ganze Raum ausgeleuchtet wird. ,,Wieso sitzt du denn im Dunkeln in der Küche?", seufzt Madara und ich zucke nur unbestimmt mit dem Schultern. Ich tue es eben, dafür brauche ich doch keinen Grund. ,,Und seit wann bist du vor mir wach?", fragt er mehr sich selbst als mich, weshalb ich es auch einfach ignoriere. Ab da an schweigt er auch endlich, lässt sich neben mir auf einen Stuhl fallen und beginnt zu essen. Auf der Verpackung steht Kellog's, was das sein mag, ist mir fremd, möchte ich aber genau genommen gar nicht wissen. Oder wieso er diese Teile in eine Schüssel mit Milch gibt und es dann beginnt zu löffeln. Fragen über Fragen.

,,Frühstückst du heute gar nicht?", fragt Madara mich, als er gerade wieder dabei ist seine Sachen zurückzustellen. ,,Nein." ,,Wenn du meinst." ,,Ja, meine ich." ,,Na dann."

Der Rest des Morgens vergeht schleppend langsam. Und da ich einfach nur noch geistig abwesend meinen zwei liebevollen Familienmitgliedern gefolgt bin - wers glaubt - stehe ich jetzt zusammen mit Madara vor den Toren eines Grundstücks. ,,Und da ist das Internat?", hacke ich bei meinem Bruder nach, der nach irgendwas Ausschau zu halten scheint. ,,Genau so, wie die letzten drei Jahre, ja." Warte, wir gehen schon seit drei Jahren hier zur Schule? Kann es sein, dass unser Vater wirklich keine Lust auf uns hat? Der hätte sich das mit dem Kinder in die Welt setzen, doppelt überlegen sollen. Was sage ich, mindestens zwanzigfach.

,,Wollt ihr hier Wurzeln schlagen?", ertönt eine Stimme hinter uns und panisch drehe ich mich zu den beiden Senju um, innerlich mit mir ringend ihm nicht den letzten Funken Leben auszuhauchen. So ganz ohne Chakra ist es wirklich gruselig. Ich war kein Sensornin, aber zumindest hatten Leute wie Tobirama eine so starker Aura, den habe ich aus Metern Entfernung bemerkt. Und jetzt schleicht der sich einfach so an. ,,Wir haben auf euch gewartet, Vollidiot.", gibt Madara augenverdrehend zurück. ,,Kein Streit am Morgen.", wirft Hashirama ein, als Tobirama gerade den Mund für eine Antwort öffnet. Genau so schnell schließt sie die Klappe des Albinosenju wieder. Was ein Glück. Weiß der eigentlich, wie unglaublich nervig seine Stimme ist? Wenn nicht, sollte ich es ihm bei Gelegenheit dringend mal mitteilen.

Während meine drei Weggefährten sich in ihr Gespräch vertiefen, stehe ich irgendwie etwas einsam am Rand herum. Ich habe schließlich nicht vor mich an ihrem Gespräch zu beteiligen. 5 Minuten, 10, 11, 12... Ich seufze. Die Zeit fühlt sich an, als würde sie still stehen. Vielleicht sollte ich mir hier auf Dauer wirklich Freunde suchen. Welche, die keine Senju sind. Hoffentlich bleibt es bei den beiden, noch mehr von der Sorte würde ich wirklich nicht ertragen. Und wie das Schicksal es so liebt, wird mir in genau diesem Augenblick ein Strich durch die Rechnung gemacht. Wie sollte es auch anders sein. Zwei weitere Jungs schließen sich unserer Gruppe an. Der eine hat hellbraune Haare und der andere eine Seite weiß und die andere braun. Dass sie ebenfalls Senju sind ist jetzt einfach mal so dahingestellt. Sie weisen verdächtige Ähnlichkeiten zu den anderen beiden von der Sorte auf. Erfahre ich bestimmt noch.

,,Morgen Izuna.", strahlt mich der Kleinere der Beiden an. Also der Knirps mit zwei Haarfarben. Spitzenmäßig. Der kennt mich also, ich aber ihn nicht. Das wird bestimmt noch öfter passieren. ,,Hn."

Es dauert eine weitere Weile bis endlich wer auf die brillante Idee kommt, dass wir auch das Schulgelände betreten können. Ich habe jetzt schon das Gefühl nur von Genies umgeben zu sein. Wir laufen die unzähligen Treppen hinauf, dann über den riesigen Hof und steuern auf ein Nebengebäude zu. Da ich einen Blick auf ein Schild erhaschen kann, welches in die Richtung zeigt, habe ich auch eine Ahnung wohin wir gehen. Wohnblock der Jungs. Dann wäre das jetzt auch geklärt. Mehr oder weniger eben, soweit, wie ich es mir selbst zusammenreimen kann.

Wie sich herausstellt sind auf einer Etage jeweils zwei Stufen untergebracht. Es gibt im Erdgeschoss und auf der unteren Etage ein paar Gemeinschaftsräume, dann sind im ersten Stock die 7. und 8. Klässler untergebracht, auf der zweiten Etage 9. und 10. Klasse und ganz oben dann die 11. und 12. Klässler. Itama und Kawarama, so heißen die anderen beiden Senju, gehen in die achte und neunte, Tobirama und ich anscheinend in die zehnte und mein Bruder, wie auch Hashirama in die Elfte. Daher trennen sich unsere Wege, als erst Itama verschwindet und schließlich Tobirama, Kawarama und ich zusammen unsere Zimmer suchen.

Und jetzt fragen wir uns doch mal bitte, was habe ich in meinem bisherigen Leben alles falsch gemacht, dass ich so viel Pech habe? Will sich das Schicksal für irgendetwas revanchieren oder wieso genau soll ich mir ein Zimmer mit Tobirama teilen? Ach so warte, er hatte versucht es mir zu erklären. Das hätten wir so angegeben, als wir in die Stufe gewechselt sind. Mein altes Ich konnte ja nicht sonderlich gesellig sein, sonst hätte es bestimmt unzählige andere Leute gegeben. Oder ich war bisher einfach ziemlich dumm. Oder die Leute hier sind noch schlimmer als Tobirama, aber das kann ich mir nur sehr schwer vorstellen.

,,Welches Bett willst du?", fragt mein neuer Zimmergenosse und mal ernsthaft... hat der keine wichtigeren Probleme? ,,Ist mir gleichgültig." Er nimmt die Antwort glücklicherweise einfach so hin und lässt sich auf das Bett an der rechten Seite fallen, weshalb ich mich auf das andere niederlasse. Ein merkwürdiger Moment der Stille herrscht zwischen uns, bevor der Senju das Wort erhebt. ,,Es ist offensichtlich, dass es dir nicht gut geht. Habe ich dir irgendetwas getan?" Meine Mundwinkel zucken kurz nach oben, aber es ist mir wirklich nicht zu lachen zu Mute. ,,Bis ich fertig wäre mit der Liste, kriegen wir graue Haare." So genervt wie der dreischaut, scheint er mit der Antwort nicht zufrieden. Soll mir auch recht sein. ,,Wenn du nicht darüber reden willst, dann nicht. Aber falls du deine Meinung ändern solltest, erzähl es mir. Ich kann dir nicht helfen, wenn ich nicht weiß, was los ist. Das ist einfach nicht deine Art." ,,Bist du endlich fertig mit deiner Belehrung?", murmele ich. ,,Ja, bin ich.", kommt es ebenso genervt zurück. ,,Freut mich, bei deiner Stimme kriege ich nämlich wahnsinnige Kopfschmerzen. Also tue uns beiden einen Gefallen und halt endlich deine nervige Klappe, Senju. Auf deine Hilfe kann ich nämlich sehr gut verzichten."

Und gegen meine Erwartungen ist es ab da an tatsächlich still. Man hört ab und an einige Stimmen auf den Fluren, aber das wars. Der Senju räumt seinen Koffer aus und liest was. Streber. Ich dahingegen starre doof die Decke an und so vergeht ungefähr eine Stunde. Maximal zwei. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, so viel Langeweile hatte ich lange nicht mehr. Ich frage mich, ob der andere Tobirama - also der, der mich so rücksichtslos erstochen hat, nicht dass er hätte Rücksicht nehmen sollen, dann hätte ich ihn nämlich erstochen - auch so einfach die Klappe gehalten hätte. Bestimmt nicht. Andererseits... wäre ich ohne diesen Vollidioten nicht hier. Sondern noch bei meinem Bruder, der Clanoberhaupt ist und keinem, der sich mit den Senju angefreundet hat und sich dafür interessiert, wie es mir geht. Und was für Probleme ich habe. Ich kriege eine Gänsehaut beim Gedanken daran.

Second chance - IzunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt