[19 - Hintergründe]

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"Auch gut. Dann eben noch mal kurz: Ich bleibe bei dir, komme, was wolle."

Kira schaut Izuna ein wenig verdutzt an. "Hast du dir das auch gut überlegt?"

"Nein, absolut nicht, aber bekanntlich sind wir Uchiha ziemlich stur, wenn wir uns einmal etwas in den Kopf gesetzt haben. Du wirst mich also nun nicht mehr los."

"Wenn du dir so sicher mit deinem Entschluss bist, dann... danke."

"Kein Ding", meint Izuna, obwohl er doch etwas überrascht ist, dass sie sich bedankt.

Es herrscht eine angenehme Stille. Der Wind weht ruhig um sie, und nirgendwo ist eine Menschenseele außer ihnen zu sehen. Dennoch scheint noch etwas unausgesprochen in der Luft zu liegen, und das bereitet Izuna Unbehagen.

"Wieso geht es dir in erster Linie so mies?" Izuna hat versucht, die Frage so zu formulieren, dass er nicht in irgendwelche Fettnäpfchen tritt. Er kann sich ja selbst seinen Teil denken: Wieso sie mit Tobirama Schluss gemacht hat, warum sie nicht nach Hause will, wieso sie nicht im Internat bleiben will, warum sie Drogen konsumiert. Und doch hat er das Gefühl, dass es noch irgendeine Information gibt, die sie auch dem anderen Izuna nicht verraten hat. Etwas, das tiefer steckt.

"In erster Linie, sagst du... in erster Linie war ich damals absolut frustriert, hier wiedergeboren zu werden. Wofür hatte ich mich denn extra umgebracht? Ich hatte niemanden, der mir das erklärte. Meine Eltern und mein Bruder dachten, ich wäre verrückt geworden, und haben mich von Psychiater zu Psychiater geschleppt. Ich hab mich aggressiv verhalten, bin in Prügeleien geraten und im Krankenhaus gelandet. Immer wieder. Und irgendwann war es dann allen zu viel. Ich saß monatelang in der Psychiatrie und irgendwann habe ich dann realisiert, dass ich ihnen vorspielen muss, mich gebessert zu haben, um da jemals wieder einen Fuß rauszusetzen. Und seitdem habe ich mich verstellt. Gelächelt und gesagt, es ist alles okay. Das hat mich so fertig gemacht, dass ich mit den Drogen angefangen habe. Und schon bald wusste ich nicht mehr, wo unten und oben ist. Es hat eben eins zum anderen geführt."

"Verstehe", murmelt Izuna nachdenklich. Die Story ist wohl doch ein wenig länger als erwartet. Und das klang nach einer Kurzfassung. Vermutlich war es ein schleichender Prozess, aus dem sie nun nicht mehr entfliehen kann.

"Jaja, das Leben ist hart und gemein. Lass uns hier noch eine Weile sitzen bleiben, ja?" Izuna nickt zustimmend. "Meinetwegen."

Die beiden genießen ihre gemeinsame Stille. Die Zeit vergeht, und langsam aber sicher geht die Sonne unter.

"Sollen wir nicht langsam losgehen?", fragt Izuna nach. Kira schaut auf. "Wohin?" Izuna will erst antworten "Ins Wohnheim", bevor er sich erinnert, dass das ja keine Option ist. Also, wo könnten sie übernachten? Er würde ja sagen zu ihm, aber er weiß nicht, wie witzig sein Vater das findet, wenn sie da aufschlagen und sich eine Story aus den Fingern saugen.

"Ich weiß nicht, wo kann man denn bleiben?" Izuna wäre auch okay damit, im Freien zu übernachten, aber er will Kira sowas nicht antun müssen. "Gut, dass ich sowieso noch darauf vorbereitet war, woanders zu schlafen", lacht sie. "Dann nehme ich dich eben mit ins Motel. Wird eh nicht überprüft, wer mit wem wo schläft."

Die Formulierung lässt Izuna die Stirn runzeln, er hat aber nichts dagegen, ein Dach über dem Kopf zu haben.

"Na dann... danke?"

Kira lacht auf. "Du siehst sowieso so aus, als wärst du überstürzt los, ohne irgendetwas mitzunehmen." "Bin ich auch", murrt Izuna verstimmt. Er erinnert sich noch daran, wie er Madaras Anruf aufgelegt hat und wie nervös er den ganzen Weg lang war, dafür, dass sie beide das vollkommen ruhig klären konnten.

"Und dein Handy? Hast du es ausgestellt? Ich hab nämlich versucht, dich zu erreichen", stellt Izuna fest. Kira nickt schwach. "Benachrichtigungen aus und im Motel gelassen. Gar keine Lust auf das Ding gehabt. Du bist nicht der Einzige gewesen."

Das macht für Izuna zwar Sinn, aber... "Hättest du nicht alle außer meine Benachrichtigungen deaktivieren können? Ich hab mich total umsonst gestresst!"

Kira lacht auf. "Sorry, war nicht meine Absicht. Hab ja nicht geahnt, dass dich das so mitnimmt." Sie springt auf. "Na komm, lass uns gehen. Wir pflanzen uns in irgendein Fast-Food-Restaurant, ich denke die Stoßzeit ist inzwischen um."

"Darauf haben wir gewartet?", fragt Izuna verwirrt nach. "Ich hab halt keine Lust auf viele Leute." Izuna seufzt, steht ebenfalls auf und folgt Kira. "Bezahlst du? Ich hab kein Geld dabei."

"Du bist ja wirklich unvorbereitet." "Ich bin sogar schwarz gefahren!" "Aww, extra für mich?" "Das ist nicht lustig!" "Ach, ihr Uchiha seid nicht arm, das geht also klar, auch wenn du erwischt worden wärst. Aber ich lade dich trotzdem ein, weil ich so ein herzensguter Mensch bin."

Izuna grummelt irgendetwas Unverständliches vor sich hin. "Was?" "Schon gut, lass uns gehen", seufzt Izuna.

Die beiden machen sich auf den Weg und betreten schließlich ein kleines Fast-Food-Restaurant. Die Stoßzeit ist tatsächlich vorbei, und nur wenige Gäste sitzen im Laden verteilt. Sie bestellen, zahlen und setzen sich mit ihrem Essen in eine ruhige Ecke.

"Guten Appetit", lächelt Kira, bevor sie zu essen beginnt. "Dir auch."

Die beiden genießen ihr Essen in Stille. Während die Leute um sie herum nach und nach gehen, lassen sie sich Zeit. Sie haben es immerhin auch nicht eilig.

"Ich möchte dich noch was fragen", startet Izuna erneut. "Dann frag halt."

"Du meintest, dass du wusstest, was mein Ich aus dieser Welt für dich empfunden hat... und ich kann tief in mir in jedem Moment, den ich mit dir verbringe, noch seine tiefliegende Verzweiflung spüren. Du hast gesagt, ihr hättet euch gegenseitig nicht gut getan. Aber du wolltest es eigentlich, oder?"

Kiras Augen weiten sich leicht schockiert. "Woher... weißt du das?" Auf Izunas Lippen legt sich ein Lächeln. "Du bist viel durchschaubarer, als du vielleicht denkst." "Ach ja? Nun gut, du warst auch um einiges länger Shinobi als ich. Du bist wahrscheinlich bei allem so aufmerksam."

"Wohl wahr. Wofür ich nicht so aufmerksam sein musste, ist die Tatsache, dass du Tobirama verletzt hast. Du solltest dich bei Gelegenheit mal bei ihm entschuldigen."

Kira runzelt die Stirn. "Tobirama und verletzt?" Izuna nickt. "Ein Grund mehr, wieso ich so schnell wie möglich aus dem Internat musste." "Und ich habe die ganze Zeit gedacht, er würde nur darauf warten, dass ich Schluss mache, weil er mich nicht verletzen will... du machst es für mich jetzt irgendwie nicht einfacher." Izuna erwidert dies nur mit einem Schulterzucken. "Ich sag nur, was Sache ist."

"Ja, aber das muss doch nicht gleich so hart formuliert sein", schmollt Kira, offensichtlich ist das allerdings nicht ernst gemeint. "Das heißt, dass du, wären die anderen Umstände nicht gewesen, Interesse an dem anderen Ich gehabt hättest?"

Kira zuckt mit den Schultern. "Ja, na klar." "Du weißt, dass deine Gestik und Mimik absolut nicht zueinander passen, oder?" "Gemischte Signale zu senden ist eben einfacher, wenn man Aussagen trifft, aus denen man sich später vielleicht nochmal rausreden muss..." "Das mit dem Nicht-Freunde-Manipulieren üben wir nochmal", murrt Izuna.

"Jaja", murrt Kira. "Scheint so, als wären wir beide fertig. Lass uns noch etwas zum Trinken kaufen und dann ins Motel gehen."

Second chance - IzunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt