10. Kapitel

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„Wach auf Regenpfote!", miaute Sturmpfote eindringlich und versuchte seinen Bruder wach zu schütteln. „Was ist los? Lass mich in Ruhe, ich bin noch müde!", murmelte Regenpfote verschlafen. „Wir begleiten heute die Morgenpatrouille! Hast du das etwa schon vergessen?", fragte Sturmpfote und fügte noch hinzu: „Komm schon! Sonst gehen sie ohne uns!"

Regenpfote war sofort hellwach. „Ich komme schon!" Gefolgt von seinem Bruder, der noch einmal kräftig gähnte, schoss Sturmpfote auf die Lichtung hinaus, wo sich die Morgenpatrouille versammelte.

Hasenpelz und Mondstrahl, ihre Mentoren, warteten schon am Eingang zum Dornentunnel, der in den Wald führte. Eichenfell und Tigerschweif, die ebenfalls mitkamen, trotteten vom Kriegerbau heran.

„Na, auch schon wach?", fragte Hasenpelz die beiden Brüder. „Ja, sind wir! Gehen wir jetzt endlich los?", fragte Sturmpfote aufgeregt, denn das war ihre erste Morgenpatrouille.

„Wir warten noch auf Eichenfell und Tigerschweif. Ah, da seid ihr! Dann können wir los!", antwortete er und führte die Patrouille durch den Dornentunnel.

„Ich rieche keine Spur von dem Fuchs!", rief Eichenfell, der am Rand des Donnerweges stand. „Aber dafür stinkt es auch zu stark!", erwiderte Tigerschweif, der noch jung und manchmal ein wenig frech zu den älteren Kriegern war. „Hier kann man gar nichts riechen, außer diesen stinkenden Monstern!"

In diesem Augenblick zischte ein grellrotes Monster auf der anderen Seite des Donnerweges vorbei und hinterließ eine Staubwolke.

„Du hast Recht. Hier kann man nichts anderes riechen!", musste Eichenfell ihm hustend beipflichten. „Aber wir haben fast seit einem Viertelmond nichts mehr von ihm gesehen, gehört oder gerochen. Ich glaube, dass er weitergezogen ist und keine Gefahr mehr für uns darstellt."

„Lasst uns nicht weiter über den Fuchs sprechen, sonst taucht er doch noch auf! Gehen wir lieber weiter. Wir müssen noch an der ErdClan-Grenze patrouillieren", erinnerte sie Hasenpelz und gemeinsam liefen sie weiter an der Grenze ihres Territoriums entlang. Ab und zu blieben sie stehen, um die Duftmarken an manchen Stellen zu erneuern.

Als sie an der ErdClan-Grenze eine Duftmarke erneuerten, hörten sie ein Rascheln im Gebüsch auf der anderen Seite der Grenze.

Ein schwarz-weißer Kopf kam zum Vorschein und hinter ihm tauchten drei weitere Köpfe auf. Vier Katzen traten aus dem Ginsterstrauch und stellten sich an der Grenze auf.

Der Kater, der als Erster auf die Lichtung getreten war, hatte ein schwarzes Fell mit einem weißen Bauch und einer weißen Schnauze. Er hatte unheimlich lange Krallen, die er in den Boden grub. Die Kätzin neben ihm war nur halb so groß wie er und schien sich hinter ihm verstecken zu wollen. Wahrscheinlich war sie seine Schülerin. Sie war hauptsächlich schwarz, doch ihr Brustfell und eine Pfote waren weiß, außerdem hatte sie am Kopf braune Flecken. Neben ihr stand noch eine Schülerin, die ein helles cremefarbenes Fell und himmelblaue Augen hatte. Diese Schülerin war eindeutig mutiger und stand aufrecht neben dem zweiten Kater, einem roten Krieger mit einem sehr buschigen Schweif.

„Seid gegrüßt!", miaute Hasenpelz freundlich zu den anderen Katzen. „Ihr ebenfalls!", erwiderte der schwarze Kater den Gruß.

Seine Stimme war tief und fest, die Stimme eines Kriegers.

Das muss Steinkralle sein, der zweite Anführer des ErdClans, dachte Sturmpfote aufgeregt. Er hatte schon viele Geschichten über ihn gehört.

„Wie läuft die Beute in eurem Territorium?", fragte der rote Krieger höflich. „Unser Frischbeutehaufen ist immer gut gefüllt!", antwortete Mondstrahl, was der Wahrheit entsprach. „Und wie ist es bei euch?", fragte Tigerschweif. „Die Jagd auf unserem Territorium läuft ebenfalls gut!", erwiderte der Krieger.

„Wie ich sehe habt ihr neue Schüler!", bemerkte Mondstrahl mit einem höflichen Nicken auf die beiden Kätzinnen. „Darf ich euch meine neue Schülerin Buntpfote vorstellen!", stellte Steinkralle die Kätzin neben ihm vor. „Sie ist zwar noch ein wenig schüchtern, aber sie hat eine natürliche Jagdbegabung. An ihrem zweiten Tag als Schülerin hat sie ein Eichhörnchen gefangen, das auf einer Baumwurzel saß!", erzählte ihr Mentor und ließ ein lautes Schnurren hören. Buntpfote schaute verlegen herum und scharrte mit einer Pfote am Boden.

„Wow! Schon am zweiten Tag!", bemerkte Regenpfote bewundernd. Bei diesen Worten wurde sie noch verlegener.

„Und ich bin Lilienpfote! Das ist mein Mentor Farnpelz! Unser Bruder Wolkenpfote durfte leider nicht mitkommen!", stellte sich die cremefarbene Kätzin vor. Sie war eindeutig nicht schüchtern, genau das Gegenteil von ihrer Schwester.

„Lilienpfote! Du sollst das Reden doch den Kriegern überlassen!", ermahnte sie Farnpelz und schnippte ihr mit der Schwanzspitze über die Schnauze, damit sie nicht widersprach.

Hasenpelz ließ ein belustigtes Schnurren hören, als Lilienpfote laut nieste, da die langen Haare ihres Mentors sie an der Nase gekitzelt hatten.

„Wir müssen uns jetzt wieder verabschieden. Die Patrouille ist noch nicht zu Ende. Möge der SternenClan euch begleiten!", verabschiedete sich Steinkralle höflich.

„Bis zur nächsten Großen Versammlung!", erwiderte Eichenfell, bevor die ErdClan-Patrouille weiterlief.

Auf dem Rückweg ins Lager, musste Sturmpfote immer wieder an die ErdClan-Patrouille denken. Die Katzen wirkten überhaupt nicht bösartig und gemein. Aber vielleicht galt das ja auch nur für den Kampf? Es konnte doch sein, dass sie bloß so freundlich taten, damit keiner sie angriff und sie den Gegner besser überraschen konnten.

Schließlich blieben seine Gedanken an Buntpfote hängen. Er beneidete sie ein wenig, da sie an ihrem zweiten Tag ein Eichhörnchen gefangen hatte. Er selbst hatte erst an seinem dritten Tag als Schüler etwas gefangen. Sturmpfote hatte sich sehr gefreut, obwohl es nur eine Wühlmaus gewesen war. Sein Bruder hatte nach einiger Zeit eine Spitzmaus erlegt.

Buntpfote hatte ziemlich verlegen bei dem Lob ihres Mentors gewirkt. Wahrscheinlich war sie es nicht gewöhnt im Mittelpunkt zu stehen, oder vor fremden Katzen gelobt zu werden. Ihre Schwester Lilienpfote war das genaue Gegenteil von ihr. Die cremefarbene Kätzin konnte überhaupt nicht still stehen und hatte sofort los geplappert. Wenn Farnpelz ihr nicht mit dem Schwanz über die Schnauze gefahren wäre und sie zum Niesen gebracht hatte, hätte sie sicherlich nicht aufgehört zu reden.

Sturmpfote freute sich schon auf die Große Versammlung, denn er wollte unbedingt noch mehr Katzen aus anderen Clans begegnen und sich mit ihnen unterhalten. Er wusste, dass er keine festen Freundschaften eingehen durfte, da er jeder Katze das nächste Mal im Kampf gegenüber stehen könnte.

Hoffentlich darf ich mit auf die Große Versammlung. In drei Sonnenuntergängen ist wieder Vollmond! , dachte Sturmpfote sehnsüchtig.

Warrior Cats - Regen und SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt