🕯 Mexiko - Ihre erste Posada

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Ihre erste Posada

von Hasenkind687

💫Quadratlaschten💫

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Als der Videoanruf entgegengenommen wird, weiß Sofia sofort, was Papa meinte. Seit sie klein ist, sagt er mit einem liebevollen Kopfschütteln und nachdenklichem Blick: „Von mir steckt überhaupt nichts in dir, außer meine Quadratlatschen." Sofia hat das nie richtig verstanden. Sie hat die gleichen schwarzen Haare wie Papa, dunkelbraune Augen und die für deutsche Verhältnisse leicht dunkle Hautfarbe.

Eine junge Frau erscheint auf dem Bildschirm: Schwarzes Haar fließt in glänzenden Locken über ihre Schultern, große schwarze Augen blicken Sofia neugierig an. Das ist also Catalina, Papas Schwester. Sofort brabbelt sie los und Sofia hat zum Glück keine Probleme, sie zu verstehen. Papa redet seit jeher auch spanisch mit ihr. „Es ist auch schön, dich zu sehen.", erwidert Sofia strahlend. „Ist Abuela auch da?" Catalina ruft nach jemandem und eine ältere Dame erscheint: Ergrautes Haar, ein freundliches Mondgesicht und ein Ausdruck puren Glücks darin.

„Da ist sie ja, meine Kleine!", quietscht Oma, schlägt die Hände vor dem Mund zusammen. „Dass dieser Taugenichts so ein hübsches Mädchen in die Welt gesetzt hat. Sag deiner Abuela hallo, ich will deine Stimme hören!"

Sofia lacht über den strengen Ton, mit der ihre Großmutter ihren Papa einen Taugenichts nennt. Es ist sonderbar, ihre Familie zum ersten Mal zu sehen, aber sie stopft das schlechte Gewissen in eine gut verborgene Ecke in ihrem Bewusstsein.

~

Es ist kein Monat später, als Sofia und Catalina die Details ihrer Abmachung klären: Es wird eine Überraschung für Papa. Sie wird seinen Koffer packen und ihm erst Bescheid geben, wohin das Taxi sie bringt, wenn sie schon fast am Flughafen sind.

„Und du bist dir sicher, dass er dann nicht aus dem fahrenden Taxi springt? Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er zwanzig und ich gerade so alt wie du... Ich weiß noch, wie enttäuscht er von allem hier war..." Catalina wird mit einem Mal ruhiger, man sieht ihr nicht mehr an, wie überschwänglich sie gerade noch mit ihrer Nichte über ihrem Plan gebrütet hat. „Ich weiß nicht, was damals vorgefallen ist. Papa hat nie davon erzählt."

Catalina nickt und sieht betrübt aus. „Er hat den Kontakt komplett abgebrochen. Nicht mal, als dein Abuelo gestorben ist, hat er uns besucht. Ich weiß nur, dass es damals einen großen Streit gab. Papá hat ihn damals aus dem Haus gejagt und Mamá sagte, er würde schon zurückkommen und seinen Fehler einsehen. Keiner dachte damals, dass er auswandern würde." Dann stiehlt sich ein Lächeln auf Catalinas Gesicht. „Umso schöner, dass du Kontakt aufnimmst! Ich bin so gespannt, meinen großen Bruder wiederzusehen!"

Als Sofia weiterfragt nach diesem ominösen Streit, fällt nur ein Name: Alejandro.

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„Nein, das kannst du nicht machen! Ausgerechnet an Weihnachten!"

Meine Tochter lässt meinen Anschnallgurt aufschnappen und winkt mich aus der Tür des Taxis. „Ach, Papa.", sagt sie, als wir vor dem Flughafengebäude stehen. „Du magst Weihnachten doch nicht mal!"

Ich schüttele fassungslos den Kopf. Natürlich mag ich Weihnachten. Nur mag ich an Weihnachten, gemütlich mit meiner Tochter und Fritzi in ihrer geräumigen Wohnung vor dem Kamin zu sitzen und um dreiundzwanzig Uhr im Bett zu verschwinden. Sofia ist da anders: Sie kann von Weihnachtsfeiern nicht genug kriegen, dekoriert die ganze Wohnung um und lädt ihre Freundinnen zum Weihnachtswichteln zu uns ein. Wenn es nach ihr geht, ist Weihnachten laut und bunt und gesellig. Genauso wie es uns nun erwartet, auf der anderen Seite des Atlantik.

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