3 - Zhaun

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Sie halten die Leute in Zhaun für Versager, aber natürlich würden sie das nie zugeben. Sie lächeln verlogen, klopfen ihnen auf den Rücken und erzählen ihnen, dass Piltover ohne Zhaun niemals so weit gekommen wäre. Ohne die harten Arbeiter, oder den blühenden Handel. Zhaun sei ein wichtiger Bestandteil der Kultur von Piltover, sagen sie.

Alles Lügen, es ist offensichtlich.

Zhaun ist für sie ein Auffangbecken für Idioten. Für die, die zu dumm sind, um es zwischen den goldenen Türmen von Piltover zu etwas zu bringen.

Für Leute wie mich.

Ich ging jede Woche mindestens einmal zum Friedhof, um in Gedanken bei meiner Mutter zu sein. Ihr Sarg wurde in einer Grabstätte zu den anderen verstorbenen Sheriffs untergebracht. Ich traute mich nie hinein, darum stand ich immer vor der Gruft und starrte auf das Piltoverwappen, das am Dach angebracht war. Ich setzte mich jedes Mal auf dieselbe Bank und erzählte meiner Mutter wie es mich gerade erging, was sich bisher getan hatte und was meine Ziele waren. Seit ihrem Tod kam ich ins Waisenhaus, wo ich als das Kind des toten Sheriffs abgestempelt und gemobbt wurde. Ich zog in den Gassen Piltovers umher, um mich abzulenken und fand Gefallen am Schrottsammeln, weshalb ich heimlich an meine Konstruktionen herumbastelte.

Caitlyn ist wie eine Schwester für mich geworden, da sie mir in der schweren Zeit immer zur Seite stand, auch wenn es ihre Mutter meistens nicht guthieß. Ihr war es nicht erlaubt mit jemanden befreundet zu sein, der nicht das Potenzial dazu hatte in die Akademie aufgenommen zu werden. Ja ganz recht, ich bin jemand der die Schule abgebrochen hatte....

Eines Tages stellte Caitlyn mich ihrem Kollegen Jayce vor, der dasselbe Hobby hatte wie ich. Ich durfte sein Zimmer mit all seinen Erfindungen durchforsten und konnte so selbst etwas dazulernen. Ich fand eine Truhe, in der sich seltsame blauleuchtende Kristalle lagen. So neugierig ich nun einmal war, musste ich einen mitnehmen. Ohne Erlaubnis, versteht sich.

Hätte ich zu dieser Zeit gewusst, dass solche Erfindungen der Grund für meine Verbannung sein werden, hätte ich die Finger davongelassen.

Nun stand ich hier, zwischen zwei Vollstreckern, die nur darauf warteten, dass ich in die Unterstadt verschwinde und nie wieder einen Fuß in Piltover setzen werde.

Meine Sicht reichte hier über die blühende, fortschrittliche Stadt zu den tiefen Schluchten und Tälern, die sich durch Piltover zogen, bis zur Unterstadt Zhaun. Die Stadt, aus Eisen und Glas, mein neues Zuhause.

Marcus stand rechts von mir und legte seine Hand auf meine Schulter. Ich sah seinen enttäuschten Blick. Marcus wurde mein Ersatzvater als meine Mutter von uns gegangen war. Er behandelte mich wie seine eigene Tochter und wollte nur das Beste für mich. Er wollte, dass ich zur Akademie ginge, um mein Hobby mehr auszuschöpfen, doch nach all den Fehlschlägen änderte ich meine Pläne. Ich wollte mich niemanden verpflichteten, wollte nach meiner eigenen Nase tanzen.

»Deine Mutter wäre stolz auf dich, wenn du eine Vollstreckerin werden würdest. Genau wie sie.«, sagte Marcus immer und immer wieder.

Das hing mir schon zum Hals heraus. Meine Mutter ist und wird niemals stolz auf mich sein. Ich bin der Grund, weshalb sie starb. Hätte ich damals nur meinen Mund gehalten, wäre sie noch bei uns. So etwas kann man nicht wieder gut machen, nur versuchen zu vergessen.

»Es ist soweit.«, kündigte Marcus an. Die antike Gondel, die nach Zhaun führte, hielt direkt vor uns an. Wir stiegen ein und der alte Kasten bewegte sich langsam nach unten. Ich sah, wie die Gebäude von Piltover aus meinem Blickfeld wichen und dem folgte ein Wirrwarr aus verrosteten Rohren, aus denen dunkler Dampf drang. Je tiefer wir fuhren desto dunkler wurde es. Das wenige Licht, das es bis nach unten schaffte, reflektierte am verschmutzten Glas der industriellen Architektur.

Arcane - We know what's out there (OC x Vi , OC x Caitlyn , Vi x Caitlyn)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt