Als ich aufwachte war es noch stockdunkel. Ich legte mir meine Decke um die Schultern und begann, das Haus zu erkunden. Na gut, Haus war untertrieben, es war eher eine Art Villa oder Schloss, jedenfalls von der Größe her. Ich fand eine Bibliothek, viele Schlafzimmer in denen ich die Tür jedes Mal schnell wieder zumachte, um die schlafenden Personen nicht zu wecken, einen großen leeren Saal, Abstellkammern und so weiter. Ich fand auch den Raum, in dem ich und Shadow laut der Traumkugel im Wasserbecken gesessen hatten. Es war ein kleines aber schönes Bad, meine Erinnerungen wollten aber nicht zurückkommen. In der Küche stand ein Tisch, um den acht Gestalten saßen, die auf den ersten Blick sehr verstörend aussahen und Karten spielten. Als ich die Tür öffnete, drehten sich alle Köpfe in meine Richtung und ich erstarrte im Türrahmen.
"Na wen haben wir denn da?", sagte einer von ihnen.
"Des Meisters kranke Freundin", erwiderte ein anderer.
"Solltest du nicht im Bett sein?", fragte mich der, der mir am nächsten saß.
"Ich bin aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen und dann dachte ich mir, könnte ich auch genauso gut erkunden, wo ich bin."
"Weiß der Meister davon?"
"Nein ... Und es wäre auch glaube ich besser, wenn er es nicht erfährt, er ist irgendwie komisch grade."
"Na dann ist es verständlich, wenn man nicht in seiner Nähe bleiben will. Kannst du spielen?", fragte mich einer mit grauen Haaren und wachen Augen. Ich ging ein paar Schritte auf den Tisch zu.
"Ein wenig, ja"
"Dann setz dich doch zu uns. Wir freuen uns über jeden neuen Spieler."
"Ach, du willst sie doch nur ausquetschen, laber keinen Mist"
"Heey, das muss doch niemand wissen. Außerdem willst du das doch auch."
Ich kicherte und setzte mich an den Tisch. "Wenn ich euch im Gegenzug ausquetschen darf, ist das schon in Ordnung."
Der mit den grauen Haaren schmiss jedem von uns Karten auf den Tisch und wir fingen an zu spielen. Die Regeln hatte ich schnell verstanden und es machte wirklich Spaß mit den Acht zu spielen. Es stellte sich heraus, dass sie hier die Köche waren und schon ihr Leben lang für Shadow arbeiteten. Sie waren sehr liebenswerte Wesen, trotz ihres Aussehens und ich hatte sie schnell in mein Herz geschlossen. Als ich mich aufmachte, um weiter durch das Haus zu streifen, versprach ich ihnen, sie wieder zu besuchen.
Nun stand ich vor der letzten Tür, die ich noch nicht geöffnet hatte. Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und spähte in ein Schlafzimmer. Die Decken waren aufgewühlt, als hätte jemand einen Alptraum gehabt, doch das Bett war verlassen. Leise schlich ich ins Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Vom Raum gingen zwei weitere Türen ab, ein Bad, welches leer war, und eine zum Balkon. Erst, als ich sie aufschob, sah ich die Person am Geländer stehen.
"Shadow?", flüsterte ich. Ich hatte ihn nirgendwo anders gefunden, also vermutete ich, dass dies sein zweites Schlafzimmer war, neben dem, in dem ich schlief. Er drehte den Kopf, seuftzte und starrte dann wieder in die Nacht.
"Und ich dachte, ich hätte die Tür abgeschlossen." Ich stellte mich neben ihn.
"Warum bist du hier? Du solltest im Bett sein und dich ausruhen."
"Ich bin aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen."
Daraufhin schwiegen wir beide eine ganze Weile.
"Darf ich dich was fragen ...?", wisperte ich irgendwann. Er brummte.
"In der Kugel da war ein Bild, an das ich mich nicht erinnere ... wir lagen in einem Wasserbecken und es sah aus, als würde wir schlafen, ich saß auf deinem Schoß, wann war das?"
"Als du krank warst. Du hattest die ganze Nacht geschwitzt und gefroren und um dich geschlagen, du wurdest erst ruhiger, als wir im Wasser lagen, in dem deine Medizin war."
"Oh ... oke"
Er erwiderte nichts darauf. Er starrte einfach nur weiter in die Nacht. Es schien, als bemerkte er nicht mal, dass ich mich umdrehte und dabei war, aus seinem Zimmer zu gehen.
"Sky ...?", murmelte er, als ich schon halb auf dem Flur war. Ich ging wieder ins Zimmer und lehnte mich an die Tür. Er hatte den Kopf gedreht und sah in meine Richtung, stand aber immer noch dort, wo er war.
"Es tut mir Leid ...", wisperte er.
"Was?", fragte ich, doch er schüttelte nur den Kopf. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, so gut es mit der Decke eben möglich war. "Warum entschuldigst du dich dann, wenn du mir nicht sagen willst, wofür?"
"Es ist keine Geschichte, die für die Ohren eines so zarten Menschen wie dir bestimmt ist. Aber sollte es dir jemand anderes erzählen, dann sollst du wissen, dass es mir Leid tut und dass ich es für den Rest meines Lebens bereuen werde."
"Ah", machte ich nur und wandte mich wieder zum Gehen. Keine Ahnung, wie er es so schnell geschafft hatte, aber er hielt mich am Arm fest und drehte mich zu ihm. Ich sah ihn erwartungsvoll an, aber er ließ nur meinen Arm los und sah verlegen auf den Boden.
"Was ist?", fragte ich ihn.
"Ich ... ich finde keine Ruhe ... und ... meine Gedanken rasen die ganze Zeit, wie auf einer Achterbahn ... ich meine ... würde es dir was ausmachen ... also natürlich nur wenn du willst ... ähm ... hier zu bleiben ... und ... vielleicht bei mir zu schlafen ...?", stotterte er.
"Schon oke", antwortete ich. Erleichtert schloss er die Tür zum Balkon und legte sich dann neben mich ins Bett. Ich war kurz davor einzudösen, als er mich plötzlich an sich zog und sich an mich klammerte, als würde er gleich ertrinken. Erst jetzt bemerkte ich, dass er weinte.
"Ich hab ihn umgebracht, Sky. Ich hab ihn umgebracht", schluchzte er immer wieder leise. Ich antwortete ihm nicht. Ich umarmte ihn einfach nur und wartete, bis er ruhiger wurde und schließlich auf meinem Brustkorb einschlief. Und ja, es ist unbequem, wenn man einen halben Gargoyle aus massivem Stein auf sich liegen hat und sich nicht bewegen kann. Ich konnte immer noch nicht schlafen, also sah ich gedankenverloren aus dem Balkon und beobachtete die Sterne.

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Shadow
FantasyHi, ich bin Sky, eigentlich heiße ich Skylar, aber nennt mich einfach Sky. Ich bin nicht wirklich hübsch, auch nicht hochbegabt oder so was, aber ich liebe es zu zeichnen. Am liebsten zeichne ich Anderwesen, wie Gargoyles oder Vampire. Alle halten m...